pte20070920027 Umwelt/Energie, Forschung/Entwicklung

Bakterien "atmen" nur Erdgas statt Sauerstoff

Biochemischer Mechanismus der Mikroben entschlüsselt


Bremen/Potsdam (pte027/20.09.2007/13:55) Eine deutsch-amerikanische Forschergruppe hat in Meeressedimenten aus dem Golf von Mexiko und dem Golf von Kalifornien erstmals Bakterien entdeckt, die sich sauerstofffrei ernähren und lediglich Propan- und Butangas zum Leben brauchen. Die Bakterien nutzen zum Überleben einen bisher unbekannten Mechanismus, berichten die Wissenschaftler in der jüngsten Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Nature.

Neben der Hauptkomponente Methan sind die kurzkettigen Kohlenwasserstoffe Ethan, Propan und Butan wichtige Bestandteile von Erdgas. Die Forscher gehen davon aus, dass diese Substanzen thermochemischen Ursprungs sind, obwohl in vorhergehenden Untersuchungen biologische Formationen der Gase beobachtet wurden. Mikrobielle Nutzung von kurzkettigen Kohlenstoffen wurde in einigen aeroben Bakterienspezies beobachtet, allerdings nie zuvor in anaerob lebenden, berichten die Wissenschaftler um Friedrich Widdel vom Bremer Max Planck Institut für Marine Mikrobiologie http://www.mpi-bremen.de .

Aufgrund geochemischer Befunde gab es jedoch bereits seit längerem Hinweise, dass in Erdgaslagerstätten und anderen geologischen Lebensräumen biologische Prozesse zum Abbau dieser Gasbestandteile führen können. "Die jetzt erstmals aus marinen Sedimenten isolierten Bakterien verwenden Sulfat statt Sauerstoff zur Atmung und nutzen Propan und Butan als alleinige Kohlenstoff- und Energiequelle", erklärt der Biogeochemiker und Studien-Co-Autor Heinz Wilkes vom GeoForschungsZentrum Potsdam (GFZ) http://www.gfz-potsdam.de , gegenüber pressetext. "Es handelt sich um außergewöhnliche Spezialisten, die offensichtlich keine anderen Substrate als diese gasförmigen Kohlenwasserstoffe verwerten." Dieser Vorgang sei biochemisch sehr anspruchsvoll.

Die Untersuchungen haben gezeigt, dass sie hierfür einen neu entdeckten biochemischen Mechanismus verwenden, bei dem der außerordentlich reaktionsträge Kohlenwasserstoff in ein Stoffwechselprodukt umgewandelt wird, das dann vollständig zu Kohlendioxid abgebaut werden kann. "Wir konnten verschiedene Stoffwechselprodukte identifizieren", so der Forscher. Daraus könne man nun den Abbau der Gase hin zum CO2 erklären. "Besonders interessant war hier der Mechanismus beim Abbau von Propan", erläutert der Experte.

Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass sich aus dem hier entdeckten Reaktionsmechanismus der Mikroben in Zukunft neue synthetische Ansätze zur gezielten Entwicklung chemischer Produkte aus Kohlenwasserstoffen ergeben könnten. "Es gehört immer noch zu den großen Forschungsvorhaben der Chemie, aus Kohlenwasserstoffen etwas Sinnvolles zu machen", erklärt Wilkes. Zudem könne man, wenn man diese Mikroben untersucht, auch einen Blick in die Evolution des Lebens auf der frühen Erde werfen, so der Experte abschließend im pressetext-Interview.

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