pte20091006004 Umwelt/Energie, Forschung/Entwicklung

Online-Atlas zeigt Bevölkerungsverteilung

Mensch statt Landmasse als Ausgangspunkt der Kartenzeichner


Sheffield (pte004/06.10.2009/06:10) Eine völlig neue Generation von Welt- und Länderkarten zeigt der Online-Atlas worldmapper http://www.worldmapper.org , den ein an der britischen Universität Sheffield http://www.sheffield.ac.uk stationiertes Geografenteam erstellt hat. Nachdem bereits vor zwei Jahren Weltkarten präsentiert wurden, die auf 700 verschiedenen Indikatoren von Reichtum bis Gesundheit oder Ernährung beruhen, wird nun auch die reale Bevölkerungsverteilung der Länder veröffentlicht. "Dicht besiedelte Gebiete wie Städte oder urbane Zentren erscheinen somit größer als wenig besiedelte. Damit ist erstmals nicht die Landmasse, sondern der Mensch die Grundlage der geografischen Darstellung. Auch administrative, umstrittene Nationalgrenzen spielen bei dieser Darstellung keine Rolle mehr", berichtet Benjamin Hennig, der die Karten im Rahmen seiner Doktorarbeit erstellt hat, im pressetext-Interview.

Die neuen Karten erlauben es, auf einen Blick die inneren Strukturen der einzelnen Länder zu erkennen. So sieht man etwa bei Deutschland, dass das Städtesystem relativ ausgeglichen ist. "Es gibt keine große, alles dominierende Stadt, wie sie etwa London für Großbritannien ist. Gleichzeitig kann man erkennen, dass die neuen Bundesländer im Osten mit der Ausnahme Berlins dünner besiedelt sind als der Westen." Im Städtesystem im europäischen Vergleich relativ ausgeglichen seien auch Österreich und die Schweiz, wobei die höher gelegenen Regionen in Österreichs Westen und im schweizerischen Süden ebenfalls weitaus dünner besiedelt und entsprechend kleiner dargestellt sind.

Weltkarten sind immer eine Verzerrung der Welt, die auf jeweilige Bedürfnisse abgestimmt ist, betont Hennig. "Die nun fast 500 Jahre lang üblichen Seekarten der Welt basieren auf der Mercator-Projektion und sind winkelgetreu, lassen die polnäheren Regionen im Norden und Süden jedoch viel größer erscheinen als Regionen nahe des Äquators. Andere Projektionen zeigen die Landmassen im richtigen Verhältnis zu ihrer Größe, was sie jedoch unbrauchbar für die Navigation macht. In der jetzigen Darstellung geschieht die Transformation im Bezug auf die Verteilung der Weltbevölkerung." Dies sei eine alternative, ebenso legitime Darstellung der Erde, die erstmals den Mensch in den Vordergrund stelle. "Diese Darstellungsweise kann somit Grundlage für alle Themen werden, die auf den Menschen bezogen sind." Vor Augen hat Hennig etwa eine realistischere Darstellung von Wahlergebnissen oder von Indikatoren wie Arbeitslosigkeit.

Möglich wurde die Projektion durch die heute bessere Verfügbarkeit weltweiter sozio-ökonomischer Daten. Bereits seit einigen Jahren gibt es immer bessere UN-Statistiken, von denen der erste Teil des Worldmapper-Projektes bereits profitierte. Diese weisen jedoch oftmals national unterschiedliche Genauigkeiten auf. Für die neuen Bevölkerungskarten hingegen wurde auf eine Datenbank der Columbia University zurückgegriffen, die eine Verteilung der Weltbevölkerung in einer Genauigkeit von 2,5 Bogenminuten zusammengestellt hat. Die dort erfassten Werte basieren auf nationalen Volkszählungen und wurden entsprechend global aufeinander abgestimmt. "Diese Ergebnisse haben wir eins zu eins in die Karten übernommen, die in der aktuellen Fassung die Daten aus dem Jahr 2005 darstellen", berichtet Hennig. In Zukunft sollen die Darstellungsformen noch weiter verfeinert werden. "Es darum, den starken Einfluss des Menschen auf die Erde sowie die globalen Ströme geografisch darzustellen. Dazu kann man die Karten noch um die thematische Perspektive erweitern, was für Wissenschaft und Öffentlichkeit einen Mehrwert darstellt."

Wichtig ist dem Sheffielder Geografen jedoch, die Anwendung und Umsetzung der neuen Sichtweise auf die Erde nicht nur Experten vorzubehalten. Die Karten nach dem worldmapper-Prinzip sollten eines Tages nicht mehr als "außergewöhnliche Darstellung" abgetan werden. "Noch immer lösen sie beim Betrachter Fragezeichen aus. Wir hoffen jedoch, dass sie sich mittelfristig in der Wissenschaft als auch in den Medien etablieren und nicht mehr als besonders gesehen werden." Berührungsängste sollten in Zukunft auch durch die aktive Gestaltung der Karten abgebaut werden. "Das Internet bietet bereits freie Computerprogramme, die es jedem mit entsprechendem Wissen über geografische Informationssysteme ermöglicht, solche Karten mit eigenen Daten ohne großen Aufwand zu erstellen", so Hennig.

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