pte20190415023 Forschung/Entwicklung, Umwelt/Energie

Wasserflöhe: Plastikmüll behindert Kommunikation

Bayreuther Wissenschaftler sehen natürlichen Schutz vor Fressfeinden nicht länger gegeben


Wasserflöhe: links ohne, rechts mit einer
Wasserflöhe: links ohne, rechts mit einer "Kopfhaube" (Foto: Christian Laforsch)

Bayreuth (pte023/15.04.2019/10:30) Plastikmüll beeinträchtigt die Kommunikation von im Wasser lebenden Organismen massiv. Denn hierzu eigentlich notwendigen Botenstoffe reichern sich an der Oberfläche von Plastikteilchen an und können dadurch ihre ökologischen Funktionen nicht mehr erfüllen. Dies zeigen Wissenschaftler der Universität Bayreuth http://uni-bayreuth.de am Beispiel von Wasserflöhen der Gattung Daphnia. Details wurden in "Scientific Reports" publiziert.

Keine "Kopfhaube" mehr

Den Wissenschaftlern zufolge bilden die winzigen Tiere Verteidigungsstrukturen aus, wenn Botenstoffe ihnen signalisieren, dass sie von Fressfeinden bedroht sind. Die Verteidigungen sind jedoch deutlich schwächer ausgebildet, sobald sich Plastikmüll im Wasser befindet. "Wir haben an einem Fallbeispiel nachgewiesen, welche potenziellen Risiken die bloße Anwesenheit von Plastikmüll in Ökosystemen hat", erklärt Forschungskoordinator Christian Laforsch.

Von den kleinen im Plankton lebenden Krebsen ist bekannt, dass sie sich vor Fressfeinden durch vergrößerte körpereigene Strukturen schützen: Beispielsweise entwickelt die Art Daphnia longicephala eine große "Kopfhaube" und einen langen Stachel. Dadurch sind sie vor Angriffen ihrer Fressfeinde, in diesem Fall Wasserwanzen, geschützt. Botenstoffe, sogenannte Kairomone, bewirken, dass sich diese Strukturen ausbilden. Sie werden von natürlichen Fressfeinden im Wasser abgegeben und signalisieren den Daphnien die Anwesenheit der Räuber.

Geringere Gefahr signalisiert

Die Bayreuther Biologen haben untersucht, wie es um dieses körpereigene Verteidigungssystem bestellt ist, falls sich in der Umwelt der Wasserflöhe auch Plastikpartikel befinden. Für diese Tests haben sie zwei Kunststoffsorten ausgewählt, die besonders häufig in Gewässern gefunden werden. In den Versuchsansätzen, in denen Plastikpartikel im Wasser waren, wurden die der Verteidigung dienenden Strukturen deutlich schwächer ausgebildet.

"Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass sich die Kairomone zu einem erheblichen Teil an den Plastikpartikeln anlagern - ein Vorgang, der als Adsorption bezeichnet wird. Dadurch können sie im Wasser nicht mehr detektiert werden, so dass den Wasserflöhen fälschlicherweise eine geringere Gefahr signalisiert wird", sagt der Erstautor der Studie, Benjamin Trotter, Doktorand an der Universität Bayreuth.

Die Folgen für die Tiere sind verheerend: Die Wasserflöhe unterschätzen die Gefahren, die ihnen von natürlichen Fressfeinden drohen, entwickeln keine ausreichende Abwehr und fallen daher ihren Fressfeinden häufiger zum Opfer. Eine derartige Fehlanpassung, bedingt durch das bloße Vorkommen von Plastik in der Umwelt, könnte das gesamte Nahrungsnetz beeinflussen und somit Auswirkungen auf das entsprechende Ökosystem haben.

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