pte20180725011 Medizin/Wellness, Forschung/Entwicklung

Herzleiden: Frauen und Ältere unterrepräsentiert

Neue Medikamente werden weiterhin vorwiegend an Männern getestet


Herzmedikamente: Meistens Tests bei Männern (Foto: pixelio.de, Rainer Sturm)
Herzmedikamente: Meistens Tests bei Männern (Foto: pixelio.de, Rainer Sturm)

Montreal (pte011/25.07.2018/10:30) Frauen und ältere Menschen werden bei klinischen Studien zu Herzerkrankungen zu wenig berücksichtigt, und das, obwohl diese beiden Patientengruppen häufiger betroffen sind. Das zeigt eine Studie der Universität Montreal http://umontreal.ca , derzufolge neue Medikamente gegen Herzerkrankungen weiterhin vorwiegend an Männern getestet werden. Der Prozentsatz liegt laut den in "Circulation" veröffentlichten Forschungsergebnissen bei 71 Prozent. Das Durchschnittsalter der Studienteilnehmer beträgt 63 Jahre.

Kaum Verbesserungen

Laut Studienleiter Dinh Nguyen wurde diese Lücke bei Geschlecht und Alter in klinischen Studien in den letzten 20 Jahren kaum verringert: "Diese Unterrepräsentation in klinischen Studien kann für beide Patientengruppen zu negativen Auswirkungen führen. Der Körper eines älteren Menschen reagiert auf viele Behandlungen und Medikamente anders als der einer jüngeren Person. Die richtige Dosierung oder Intervention ist bei älteren Menschen häufig anders. Das gilt auch für die Nebenwirkungen. Davon sind auch die Frauen betroffen." Der derzeitige Mangel an Repräsentation bedeute, dass sich Ärzte auf Forschungsergebnisse verlassen müssen, die auf einer männlich dominierten und jüngeren Bevölkerung basieren, ohne dabei sicher zu sein, ob sie auch auf Frauen oder ältere Menschen zutreffen.

Gleichheit erst in 90 Jahren

Für die aktuelle Studie analysierten die Forscher 25 der häufigst zitierten klinischen Studien jedes Jahres im Zeitraum von 1996 bis 2015. Sie verglichen Alter und Geschlecht der Teilnehmer mit den Daten der U.S. National Health and Nutrition Examination Survey 2015-2016 zum Auftreten von Herz-Kreislauferkrankungen in den USA. Berücksichtigt wurden Daten zu koronaren Herzkrankheiten, Vorhofflimmern, Herzversagen und Bluthochdruck sowie entsprechenden Risikofaktoren. Diabetes wurde ebenfalls einbezogen, da die Betroffenen zwei bis vier Mal so wahrscheinlich auch an einer Herzerkrankung leiden.

Laut Mitautor Eric Peters waren die Forscher enttäuscht, dass es trotz einer leichten Verbesserung immer noch Jahrzehnte dauern wird, bis diese Ungleichheit bei der Repräsentation in klinischen Studien ausgeglichen sein wird. "Basierend auf unseren Berechnungen wird es noch 90 Jahre dauern, bis diese Gleichheit bei Studien zu Herzerkrankungen erreicht sein wird", so der Forscher.

500 klinische Studien analysiert

Bei den 500 analysierten klinischen Studien waren Frauen durchschnittlich nur mit 29 Prozent vertreten. Das Durchschnittsalter der Teilnehmer lag bei 63 Jahren. Laut Nguyen entspreche das überhaupt nicht dem Alltag in Notaufnahmen und Krankenhäuser. Frauen und ältere Menschen waren bei Studien zu koronaren Herzkrankheiten und Herzversagen am wenigsten vertreten. Allerdings sind 54,6 Prozent der Patienten mit koronaren Herzkrankheiten in den USA Frauen. Nur 27,4 Prozent der Teilnehmer bei entsprechenden Studien sind jedoch Frauen.

Rekrutierung bei Älteren schwieriger

Historisch gesehen wurden Frauen lange von Medikamententests ausgeschlossen, da sie während der Einnahme schwanger werden könnten. Das sollte jedoch bei Studien zu Herzmedikamenten keine Rolle spielen, da die Teilnehmerinnen bereits über 60 Jahre alt sind. Das Alter spielt bei der Auswahl von Frauen ebenfalls eine Rolle. Sollen Frauen angemessen vertreten sein, müssten die Teilnehmerinnen älter sein, da sie später als die Männer an Herz-Kreislauf-Erkrankungen erkranken.

Das Rekrutieren älterer Menschen erschwert jedoch die Arbeit für die Forscher. Ältere Menschen sind häufig weniger mobil und haben daher größere Schwierigkeiten an Tests teilzunehmen. Je älter Menschen sind, desto wahrscheinlicher ist es auch, dass sie an einer Reihe anderer Krankheiten leiden, die ebenfalls eine Medikation erfordern. Sie werden daher häufig von Studien ausgeschlossen, um eine Verfälschung der Forschungsergebnisse zu verhindern. Zusätzlich sind ältere Menschen eher gebrechlicher und weniger in der Lage Nebenwirkungen zu ertragen.

(Ende)
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