ptp20160805019 in Leben

docanddoc.at: Finanzierung der Lehrpraxis in Österreich

Problemfelder und Argumente zu alternativen Lösungsansätzen


Wulkaprodersdorf (ptp019/05.08.2016/13:30) Die Finanzierung der Lehrpraxis ist eine unendliche Geschichte von Fördervereinbarungen, Finanzierungsproblemen, Kollektivverträgen etc. Mit der neuen Ärzte-Ausbildungsordnung ist die Lehrpraxis ein verpflichtender Bestandteil der Ausbildung, die Lösung der Finanzierungsfrage daher dringend notwendig. Die folgenden Ausführungen sollen Probleme und Lösungsansätze aufzeigen. Sie sind sicher nicht vollständig ausformuliert, die Reihenfolge der Ausführungen ist keine Wertung. Mit den Ausführungen sind sowohl Ärztinnen als auch Ärzte gemeint.

Gedanken, Stichworte zur Finanzierung der Lehrpraxen

In vielen Kommentaren wird die schlechte Bezahlung der Allgemeinmediziner angesprochen und als eine mögliche Begründung für den Mangel an Allgemeinmedizinern angeführt.

Ärztinnen und Ärzte beklagen die fehlende wirtschaftliche Ausbildung

Ärzte mit Kassenverträgen sind es nicht gewohnt, für ihre Leistungen direkt Honorar zu verlangen und haben daher oft auch keine Vorstellung vom Wert ihrer Leistung, ebenso wenig wie ihre Patienten. Wahlärzte haben oft Schwierigkeiten, ihr Honorar zu begründen - über Geld sprechen Ärzte nicht gerne, weil es nicht ihrem Standesbewusstsein entspricht. Daher haben Ärzte oft das Gefühl, für ihre Leistungen nicht bezahlt zu werden.

In einer Lehrpraxis sollten Jungmediziner welche Inhalte und Fähigkeiten lernen?
- Hausärztliche Versorgung
- Generalistentum - Blick über den fachlichen Tellerrand
- Bei der Lehrpraxisausbildung wäre auch eine Einbindung in die Praxisorganisation sinnvoll, um mit folgenden Themen vertraut zu werden: Praxisabläufe, Praxisorganisation, Verwaltung, Abrechnung, Finanzierung etc.

Finanzielle Gleichstellung einer Lehrpraxis mit einem Krankenhaus
- Womit finanziert ein Krankenhaus seine Turnusärzte?
- Turnusärzte sind Teil der Personalkosten eines Krankenhauses!
- Personalkosten sind Teil der Berechnungsbasis der LKF

Finanzierung der Lehrpraxis
- Was spricht also dagegen, dass sich die Lehrpraktikanten über die erbrachten Leistungen auch abrechenbar finanzieren?
- Wer Angst vor Missbrauch hat, unterstellt Kassenärzten grundsätzlichen Abrechnungsmissbrauch
- Lehrpraktikanten würden sehr früh den Wert ihrer Leistung kennenlernen
- Lehrpraktikanten und Lehrpraktiker würden sich aus der Subventionsfalle entfernen
- Keine Abhängigkeit vom Wohlwollen von Politikern und Beamten
- Keine Abhängigkeit von politischen Funktionsperioden
- Automatische Angleichung der Entlohnung mit jeder Vertragsänderung und damit Entfall des Verhandelns der Subventionen
- Weniger politische Angriffsfläche, weil Subventionen bei Sparplänen immer ganz oben auf der Sparliste stehen
- Lehrpraktiker würden den Wert der Leistungen ihrer Lehrpraktikanten schätzen lernen und nicht nur die Arbeitsbelastung durch die Lehrtätigkeit sehen
- Man könnte auch darüber nachdenken, ob die Lehrtätigkeit im Sinne einer Nachwuchsfinanzierung auch für die Kassen eine Position mit Wert darstellen

Die Salzburger Gebietskrankenkasse hat bei der Landesschiedskommission folgenden Antrag gestellt: "... dass festgestellt werden möge, dass Vertragsärzte nach den Bestimmungen des Gesamtvertrages nicht berechtigt seien, Lehrpraktikanten zur Erbringung vertragsärztlicher Leistungen heranzuziehen und diese mit ihr abzurechnen; ohne eine entsprechende Regelung im Gesamtvertrag sei eine Tätigkeit von Lehrpraktikanten im Rahmen der vertragsärztlichen Tätigkeit nicht zulässig. Der Verfassungsgerichtshof hat in dieser Sache letztlich entschieden, dass die Tätigkeit von Lehrpraktikanten sehr wohl ohne gesamtvertragliche Regelung zulässig und die von diesen erbrachten vertragsärztlichen Leistungen auch mit der Sozialversicherung verrechenbar sind."

Es herrscht in Österreich ein allgemeiner gesellschaftlicher Grundkonsens, dass Leistungen, die im Rahmen einer Ausbildung außerhalb von Schulen und Universitäten erbracht werden auch verrechenbar sind. Dies gilt für einen Lehrling ebenso wie für einen Turnusarzt im Krankenhaus. Der Verfassungsgerichtshof hat dies ebenfalls (siehe oben) bestätigt.

Das Argument, dass Sozialversicherungen und Länder keinen gesetzlichen Auftrag zur Finanzierung der Ärzteausbildung haben, ist verständlich, wohl aber haben sie einen Auftrag zur Finanzierung der ärztlichen Leistungen. Auch während einer Ausbildung erbrachte Leistungen sind ärztliche Leistungen.

Während der Ausbildung (auch in der Lehrpraxis) muss eine Ärztin oder ein Arzt in verschiedenen Bereichen der Patientenbehandlung Kenntnisse und Fertigkeiten erwerben. Wie man Fertigkeiten erwerben soll ohne diese Fertigkeiten zu üben (unter Aufsicht und selbständig), ist nicht klar. Somit erbringen Ärztinnen und Ärzte während der Ausbildung in der Lehrpraxis Leistungen, die die Krankenkassen kostenlos erwerben wollen. Wenn diese Leistungen nach Ansicht der Krankenkassen nicht zulässig sind (siehe obige Argumentation vor der Landesschiedsgerichtskommission) ist dies ein grundsätzlicher Widerspruch zur Ausbildungsordnung.

Es ist für den Selbstwert der jungen Ärztinnen und Ärzte wichtig, dass Ihre Leistungen anerkannt, bewertet und verrechenbar werden.

In diesen Argumenten ist auch der Beitrag von Herrn Dr. Heinzle, Kammeramtsdirektor der Ärztekammer für Vorarlberg über das Vorarlberger Pilotprojekt Lehrpraxen in der Zeitschrift für Gesundheitspolitik, enthalten.

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