pte20120213021 in Leben

Pilz verarbeitet Krabbenschalen zu Medikament

Ganzzellen-Katalysator dank eingeschleuster Bakteriengene möglich


Krebs: Schimmelpilze mit Potenzial für die Pharmaforschung (Foto: TU Wien)
Krebs: Schimmelpilze mit Potenzial für die Pharmaforschung (Foto: TU Wien)

Wien (pte021/13.02.2012/13:55) Pilze lassen sich dazu anregen, Biomasse-Abfälle in wertvolle Ressourcen umzubauen. Ein konkretes Beispiel dafür liefert ein Patent, das die TU Wien http://tuwien.ac.at soeben angemeldet hat. Den Forschern gelang es, einem Schimmelpilz Gene von Bakterien einzusetzen und ihn zu einem Erzeuger eines bisher teuren Rohstoffes der Pharmaindustrie zu verwandeln. Das Ausgangsmaterial dieses Prozesses: Chitin - das Material, aus dem etwa Krabbenschalen gebaut sind.

Kunststück mit Bakterien

Das Kunststück gelang durch den Einsatz von Trichoderma. Diese Schimmelpilz-Gattung ist im Boden, Wald und Wiesen weit verbreitet und baut hier unter anderem Chitin ab. "In der Industrie werden Trichoderma stark genutzt, etwa für die Herstellung von Backtreibmitteln, in der Untersuchung von Wein, im Papierrecycling oder neuerdings in der Biotreibstoff-Erzeugung", erklärt Studienleiterin Astrid Mach-Aigner im pressetext-Interview.

Während diese Anwendungen nur natürlich erzeugte Enzyme von Trichoderma verwenden, gelang den Wiener Forschern nun der Einsatz als ganzzellige Katalysatoren. "Das Einbringen von zwei Bakteriengenen in den Pilz glückte - völlig unverhofft, da Bakterien allgemein nur wenige Gemeinsamkeiten mit Pilzen haben", berichtet die Biotechnologin. Der neue Pilzstamm produziert nun nicht bloß monomere Aminozucker, sondern in zwei weiteren Reaktionsschritten N-Acetylneuraminsäure (N-ANA), einen begehrten Arzneimittelstoff.

Gratis statt Goldpreis

N-ANA ist ein wichtiger Grundstoff für Virustatika wie etwa Zanamivir, dessen Gewinnung oder chemische Erzeugung bisher immens teuer ist: 2.000 Euro kostet die Säure pro Gramm, 50 Mal mehr als Gold. Im deutlichen Kontrast dazu steht die Schimmelpilz-Gewinnung, die laut Mach-Aigner ein "kostenneutraler Prozess" ist: Der Grundstoff Chitin ist nach der Zellulose der zweithäufigste Biopolymer der Erde. Zehn Mrd. Tonnen davon werden jährlich allein im Meer gebildet, was ihn zum nachhaltig nachwachsenden Rohstoff macht.

Link zum Originalartikel: http://www.microbialcellfactories.com/content/10/1/102

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