pte20111207003 in Leben

Bezahlung nach Leistung: Gesundheitsfolgen in Diskussion

Heftige Kritik der Arbeitsmediziner an flexiblem US-Modell


Terminkalender: Völlige Freiheit oft problematisch (Foto: pixelio.de/Kessler)
Terminkalender: Völlige Freiheit oft problematisch (Foto: pixelio.de/Kessler)

Indianapolis/Wien (pte003/07.12.2011/06:05) Große Handelsketten in den USA haben damit begonnen, Mitarbeiter allein nach der Leistung statt nach der Arbeitszeit zu entlohnen. Über die Frage, wie sich diese Praxis auf die Gesundheit der Betroffenen auswirkt, scheiden sich jedoch die Geister. US-Soziologen berichten von positiven Folgen für jene Pioniere, die das Modell als erste angewendet haben. Arbeitsmediziner betonen im pressetext-Interview hingegen die Kritikpunkte und warnen davor, die Ergebnisse bereits als Empfehlung anzusehen.

Völlige Selbstbestimmung

Erin Kelly und Phyllis Moen von der University of Minnesota http://umn.edu werten im "Journal of Health and Social Behavior" das Modell des "Results-only work Environment" (ROWE) aus. Dabei teilen Mitarbeiter völlig frei ein, wie lange und wo sie arbeiten, und werden allein nach erreichten Zielen bezahlt. Bei 608 Angestellten der Handelskette "Best buy", die das Modell als erstes übernommen haben, dokumentierten sie vorwiegend positive gesundheitliche Effekte: Teilnehmende Mitarbeiter schlafen eine Stunde mehr, arbeiten bei Krankheit seltener, gehen öfter zum Arzt, beschreiben sich selbst als gesünder und empfinden weniger Stress.

Leistungsdruck als Verhängnis

Starken Zweifel meldet Peter Pichler von der österreichischen Akademie für Arbeitsmedizin http://aam.at . "Realistische Ergebnisse erhält man erst durch die langfristigen Auswirkungen der flexiblen Arbeitsweise", urteilt der Wirtschaftsmediziner im pressetext-Interview. Zum Problem werde oft das Benchmarking, sobald die erreichte Leistung eines erfolgreichen Jahres automatisch zur neuen Zielvorgabe wird. Das US-Leistungsmodell ist für Pichler somit "nicht die Zukunft" - schon gar nicht für Branchen, die wie etwa Non-Profit-Organisationen, soziale Dienste oder Beratung keine Stückzahlen produzieren.

Zeiteinteilung kann überfordern

Auf weitere Grenzen der Leistungsorientierung mit völlig flexibler Zeiteinteilung deutet Julija Vrabl, ärztliche Leiterin der Gesellschaft für Prävention und Arbeitsmedizin Wellcon http://wellcon.at . "Für bestimmte Lebenssituationen kann Flexibilität durchaus die optimale Lösung sein. In manchen Berufssparten kann selbstständiges Zeitmanagement jedoch zu einer Belastung werden. Problematisch ist zudem, dass der soziale Zusammenhalt eines Unternehmens erschwert ist, sobald sich Mitarbeiter zu Einzelarbeitern entwickeln.

Link zur Originalstudie: http://hsb.sagepub.com/content/52/4/404.abstract

(Ende)
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