Perfekte Tarnung: Parasiten stehlen Ameisenduft
Silberfische erschleichen sich Integration mit chemischen Signalstoffen
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Ameisenbau: Parasiten erschleichen sich Vorzüge (Foto: pixelio.de, ich-und-du) |
München (pte010/05.12.2011/11:15) Parasitische Untermieter von Ameisenkolonien überlisten die Ameisen durch imitierte Signalstoffe. Parasiten, wie etwa Silberfische, ziehen sich quasi eine chemische Tarnkappe über. "Auf welche Weise Parasiten chemische Substanzen erhalten, war bisher unklar", sagt Volker Witte vom Department Biologie der Ludwig-Maximilians-Universität München http://bio.lmu.de . Gemeinsam mit seinem Doktoranden Christoph von Beeren gelang ihm nun der Nachweis, dass parasitische Silberfische die Signalstoffe nicht etwa selbst produzieren, sondern den richtigen Duft von ihren Wirten stehlen.
Duftübertragung durch Reiben
Durch intensives Reiben übernehmen die Silberfische die chemischen Signalstoffe auf der Körperoberfläche der Ameisen und erschleichen sich so die soziale Integration in die Kolonie. "Die Silberfische vermehren sich im Ameisenhaufen", sagt von Beeren gegenüber pressetext. Die Larven der Silberfische halten sich bei den Ameisenlarven auf und werden beim Umzug der Kolonie mittransportiert. Ameisenkolonien sind für Parasiten und Räuber sehr verlockend, da sie dort einen reich gedeckten Tisch und einen geschützten Lebensraum vorfinden.
Insekten wie Ameisen, Bienen oder Wespen müssen Nestgenossen von Feinden und Parasiten unterscheiden können. Dies schaffen sie vor allem mithilfe chemischer Signalstoffe. Bei Ameisen etwa tragen alle Koloniemitglieder eine komplexe Mischung bestimmter Moleküle - vor allem Kohlenwasserstoffe - auf ihrem Körper, die sie als einheimisch identifizieren. Trotzdem verschaffen sich Parasiten häufig Eintritt in die Kolonie und nutzen deren Futtervorräte oder fressen sogar die Brut. Dazu nutzen sie ein Phänomen, das als chemische Mimikry bezeichnet wird.
Wasserstoff-Isotop Deuterium als Schlüssel
Parasiten parfümieren sich mit dem Duft ihrer Wirte, indem sie deren chemische Oberflächenstoffe nachahmen. Wo Parasiten diese Stoffe herbekommen, blieb offen. "Theoretisch können sie die mimetischen Substanzen entweder vom Wirt stehlen oder diese selbst herstellen", sagt von Beeren. Um die Herkunft der Tarndüfte aufzuklären, kennzeichneten die Wissenschaftler Arbeiterinnen einer Treiberameisenkolonie mit sogenannten deuterium-markierten Molekülen. Deuterium ist ein schweres Wasserstoff-Isotop, das leicht ermittelt werden kann.
"Dieses Deuterium tauchte dann bei den Silberfischen wieder auf - da es nur von den Ameisen stammen konnte, müssen die Parasiten die Oberflächenstoffe ihrer Wirte gestohlen haben", erklärt von Beeren. Übertragen werden die Stoffe durch intensiven Körperkontakt: Die Silberfische reiben sich an ihren Wirten und parfümieren sich so mit dem richtigen Duft. Eigene Oberflächenstoffe scheinen sie nicht zu produzieren, denn die Konzentration aller Oberflächenstoffe nahm ab, wenn die Silberfische von den Ameisen isoliert wurden.
Ungeklärt war, ob die Akzeptanz des Parasiten im Nest vom Grad der chemischen Ähnlichkeit abhängt. Ob also Individuen, die sich nicht ausreichend chemisch tarnen, häufiger attackiert werden als solche mit perfekter Maskierung. Dies konnten die Forscher bestätigen: "Zuvor isolierte Silberfische, bei denen die Konzentration der Oberflächenstoffe abnahm und somit auch die chemische Ähnlichkeit zu ihrem Wirt, wurden von den Treiberameisen attackiert und teilweise sogar erbeutet", so von Beeren - ohne verführerischen Duft gibt es kein Asyl im Bau.
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