pte20110702004 in Leben

Pädagogenbildung am Scheideweg

Bildungsexperte: Politik muss jetzt entscheiden


Lehrer: Weichenstellung für Pädagogik der Zukunft (Foto: pixelio.de/Knipseline)
Lehrer: Weichenstellung für Pädagogik der Zukunft (Foto: pixelio.de/Knipseline)

Wien (pte004/02.07.2011/06:20) "Für die Ausbildung der Pädagogen schlägt die Stunde der Wahrheit. Die Politik muss jetzt klar Stellung beziehen, ob sie diese umgestalten will oder nicht." Das betont Andreas Schnider, Leiter der Expertenrunde, die seit Jänner im Auftrag der Regierung Empfehlungen für die gesetzliche Verankerung der "PädagogInnenbildung NEU" erarbeitet hat. Die Ergebnisse sind seit ihrer Bekanntgabe am Montag verstärkt in der öffentlichen Diskussion. Gegenüber pressetext erklärte Schnider anlässlich der gestrigen Präsentation des Buches "Zwischenrufer" die Hintergründe der Vorschläge.

Aufwertung des Berufs

"Über Institutions- und Parteigrenzen hinweg ist allen klar, dass der Status quo der Pädagogenausbildung nicht länger tragbar ist. Neue, einheitlichere Strukturen sind nötig, die jedoch weiter die Vielfalt erhalten und zur bestehenden Schul- und Bildungslandschaft passen müssen", so Schnider. Die Vorbereitungsgruppe schlägt die Dreigliederung in Bakkalaureat, Masterstudium und Induktionsphase vor, wobei der Studierende selbst über Zeitpunkte entscheidet. "Die Pädagogik soll dadurch attraktiver werden und auch durchlässiger für Umsteiger, etwa zwischen Elementar- und Sekundärstufe oder Wirtschaft und Schule."

Die Aufwertung der Pädagogen nennt auch Christa Koenne, Mitglied der Vorbereitungsgruppe, als zentrales Ziel. "Gerade die Lehrer müssen sich mehr als Pädagogen identifizieren. Ihre Ausbildung ist heute derart zersplittert, dass sich Absolventen unterschiedlicher Institutionen kaum kennen und auch kaum schätzen. So wie es für Ärzte oder Juristen eine gemeinsame Ausbildung gibt, muss dies künftig auch für den Pädagogenberuf gelten", so die Expertin vom Institut für Unterrichts- und Schulentwicklung der Uni Klagenfurt http://ius.uni-klu.ac.at im pressetext-Interview.

Studium für den Kindergarten

Alle Pädagogen sollen künftig an einer tertiären universitären Einrichtung ausgebildet werden - also auch jene im Elementarbereich der Null- bis Zwölfjährigen. Pädagoge für junge Kinder zu sein ist mindestens so anspruchsvoll wie bei Älteren, so das Credo Koennes. "Kinder im Kindergartenalter liefern nie dieselbe Konzentriertheit wie Ältere, zudem kann eine verletzende Pädagogik im frühen Alter die größten Schäden anrichten. Der Glaube vieler, junge Kinder würden ohnehin nur im Sand spielen, ist völlig falsch." Angesichts dieser Unterschätzung sei auch der fast ausschließliche Einsatz von Frauen in der Frühpädagogik aus Gender-Sicht ein Problem.

Die Verknüpfung von Aus-, Fort- und Weiterbildung der Lehrer und mehr Eigenverantwortung älterer Schüler gehören zu den Zielen der Berichtsautoren. "Junge Erwachsene müssen das Selbst-Wollen gelehrt werden, denn Hausübungskontrolle alleine infantilisiert bloß", betont Koenne. Angesichts des Wandels in der Arbeitswelt bräuchten Schüler mehr Vorbereitung auf Phasen der Arbeitslosigkeit, was etwa durch Schlüsselkompetenzen und Stärkung des Selbstwerts gelinge. Die heutige Identifikation allein über die bezahlte Arbeit führe hingegen zur Frustration.

Wie ist wichtiger als Wo

Während der Vorschlag allein Qualitätsmerkmale liefert, konzentriert sich die öffentliche Diskussion sehr darauf, wer dabei federführend sein soll - die Universitäten oder die Pädagogischen Hochschulen (PH). Aus Sicht Erwin Rauschers, Rektor der PH Niederösterreich http://www.ph-noe.ac.at , ist die Frage nach Änderungen bestehender Curricula falsch gestellt, da sie bloß zur Verteidigung von Einzelinteressen führt. "Außer Zweifel steht, dass traditionelle Unis ungleich mehr fachwissenschaftliche Expertise besitzen - jedoch auch, dass es niemand alleine schaffen wird. Die Frage der besten Lehrerbildung ist zuerst jene nach dem Wie und erst dann nach dem Wo."

Bund muss sich entscheiden

Nach zwei Jahren Vorarbeit ist für die "PädagogInnenbildung NEU" die Phase der Meinungsbildung nun abgeschlossen, betont Schnider, denn mit allen beteiligten Seiten habe man Gespräche geführt. Nun sei die Politik am Zug. "Niederösterreich, Oberösterreich und Vorarlberg haben bereits zugestimmt und auch Kärnten hat das Modell "School of Education" an einer Universität politisch abgesegnet. Was nur noch aussteht, ist der Entscheid des Bundes zur gesetzlichen Ermöglichung der Umgestaltung."

Aktueller Stand zu "PädagogInnenbildung NEU" unter http://www.bmukk.gv.at/lbneu

(Ende)
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