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Forscher sehen vulgären Rassismus in den Medien

Universität Erfurt nimmt Aussagen von Populisten unter die Lupe


Stacheldraht: Rassismus blüht in Deutschland auf (Foto: pixelio.de, M. Beßler)
Stacheldraht: Rassismus blüht in Deutschland auf (Foto: pixelio.de, M. Beßler)

Erfurt (pte001/27.04.2011/06:00) Darf man öffentlich sagen, dass Schwarze dumm oder, dass Muslime generell gewaltbereit sind? In dem Forschungsprojekt an der Universität Erfurt http://www.uni-erfurt.de suchen Wissenschaftler Antworten auf diese und andere Fragen. Die Forscher analysieren etwa die Berichterstattung über Thilo Sarazzin. Dieser machte eine Medienkarriere, indem er etwa die Leistung türkischer Migranten auf die "Produktion von Kopftuchmädchen" reduziert hat.

Polemik auf Kosten von Minderheiten

Neben Sarazzin werden weitere Populisten und deren Medienkarrieren analysiert: Die verstorbene italienische Schriftstellerin Oriana Fallaci und der Genetiker und Nobelpreisträger James Watson. Fallaci verglich Muslime mit Ratten und Watson erlangte seinerzeit zweifelhafte Berühmtheit mit Aussagen über die geringe Intelligenz von schwarzen Menschen.

Die Forscher untersuchen Rassismus und Diskriminierung in Bezugnahme auf die historischen Hintergründe in dem jeweiligen Land. In Portugal und Spanien sei das Thema Rassismus durch den Kolonialismus bestimmt, in den USA vor dem Hintergrund der Rassentrennung. In Deutschland untersuchen die Wissenschaftler die Medienberichterstattung vor dem Hintergrund des Nationalsozialismus. "Polemiken auf Kosten von Minderheiten können immer wieder kommen", sagt Liriam Sponholz, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Medien- und Kommunikationswissenschaft der Universität Erfurt, im Interview mit pressetext. Für die Wissenschaftlerin waren die Argumentationsmuster von Sarrazin dennoch ein Schock. Sie hätte es nicht für möglich gehalten, dass nach dem zweiten Weltkrieg rassisch ausgegrenzt wird. Es sei schockierend, dass Sarrazin über ein "Judengen" sprechen könne.

Deutschland ganz vorne bei Fremdenfeindlichkeit

"Bei Fremdenfeindlichkeit ist Deutschland im europäischen Vergleich führend", sagt Kai Hafez, Lehrstuhl für Kommunikationswissenschaft an der Universität Erfurt. Gerade was die Abneigung gegenüber dem Islam betrifft, sei Deutschland führend. Selbst in den USA sei man offener in Sachen Religionsfreiheit. Die liberalen Werte scheinen in den Vereinigten Staaten stärker ausgeprägt zu sein. Verwunderlich sei es auch, dass Menschen wie Sarrazin, die keine Experten oder Wissenschaftler sind, auf einen sozialen Appetit fütterten, staunt Sponholz. "Das ist ein ganz vulgärer Rassismus", sagt die Forscherin. Erstaunlich, dass dieser Mann von der Bevölkerung zum Meinungsführer erkoren werde.

(Ende)
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