Giftmüll-Deponie: Zahlen wurden schöngeredet
Schadstoff-Einträge der Altlast "N6" zehnmal höher als angegeben
![]() |
Balsa-Chef Michael Zorzi: Nach ursprünglichen Dementi bestätigt er den Bericht (Foto: Balsa) |
Wiener Neustadt/Wien (pte019/13.12.2010/13:20) Das Ausmaß des Giftmüll-Skandals rund um die Aluschlackendeponie Berger ("N6") bei Wiener Neustadt war bisher nicht nur bekannt, sondern dürfte zudem auch heruntergespielt worden sein. Bereits im Vorjahr hat die Montanuniversität Leoben http://www.unileoben.ac.at eine Studie zu ihrem Gefahrenpotenzial erstellt, berichtete das Wirtschaftsmagazin "Report Plus". Veröffentlicht wurden die Ergebnisse, die ungleich deutlicher ausfielen als in der jüngsten Studie (pressetext berichtete: http://pressetext.com/news/101116004/ ) auch damals nicht.
Vertuschte Gefahr
Die Vorgängerstudie, die bereits Anfang 2009 erstellt worden sein soll, erwähnt Schadstofffrachten im Ausmaß eines Vielfachen der jüngsten Studie 2010. So wird die jährliche Belastung an Ammonium mit 164 statt 22 Tonnen angegeben, jene an Nitraten mit 547 statt 39, an Nitrit mit elf statt einer, an Natrium mit 274 statt 26, an Kalium mit 365 statt 33 und an Chlorid sogar mit 986 statt 77 Tonnen. Diese Schadstoffmengen dürfte die frühere Aluschlacken-Deponie jährlich an ihre Umgebung abgeben, wobei ihre Lage inmitten des Grundwasser-Reservoirs der "Mitterndorfer Senke" für besondere Brisanz sorgt.
Hinter dieser Reduktion der Angaben könnten finanzielle Notwendigkeiten stecken. Laut der Bundesaltlastensanierungsgesellschaft (Balsa) http://www.balsa-gmbh.at , die als Tochter des Bundesumweltamtes mit der Altlastensanierung betraut ist, dürften die Kosten für eine N6-Sanierung "vielleicht auch nur 100 Mio." statt den bisher kolportierten 200 bis 300 Mio. Euro betragen. Laut den Grünen will der Bund bis 2014 insgesamt 48 Mio. Euro aus dem Altlastensanierungsfonds zweckentfremden und damit Budgetlöcher stopfen. Das bedeutet einen Einbruch der laufenden Einnahmen der Balsa, die somit eine schnelle, konsequente Sanierung von N6 vielleicht gar nicht finanzieren könnte.
Balsa spielt Ergebnisse herunter
Konkret geht es um Aluminiumkrätze, die beim Schmelzprozess der Herstellung und Veredlung von Aluminium entstehen. Die Sollenauer Firma Almeta lud zwischen 1974 und 1990 auf der westlich von Wiener Neustadt gelegenen Deponie von Helene Berger 680.000 Tonnen dieses extrem reaktiven Abfallmaterials ab, wobei nur die Oberfläche der Deponie teils mit mineralischen Dichtung abgedeckt wurde. Am Untergrund der Kiesgrube, die laut Balsa-Angaben bis zu 17 Meter tief ist, gibt es keinerlei Schutzmaßnahmen, wodurch eine Beeinträchtigung des Grundwassers logische Folge ist.
Am Umweltbundesamt (UBA) ist der Sanierungsbedarf von "N6" seit den 90er-Jahren bekannt. Es stuft die Deponie als zu sanierende "Altlast" ein, sofortiges Handeln sei jedoch nicht erforderlich. "Auf Grundlage der bisherigen Abschätzungen besteht keine unmittelbare Gefährdung", meint UBA-Sprecherin Ingeborg Zechmann gegenüber pressetext.
Balsa-Chef Michael Zorzi war trotz mehrmaliger Anfrage nicht für ein Statement erreichbar. Dessen PR-Sprecher Marco Jäger hat bisher die Vorgängerstudie bestritten. Gegenüber pressetext bestätigt er allerdings die Existenz des Berichts von 2009. "Es handelt sich lediglich um eine Lagebericht, dessen Daten jedoch auf hochgerechneten Daten statt auf Erkundungen vor Ort beruhen", so Jäger.
"Report Plus"-Artikel unter http://www.report.at/index.php/report-plus/67-wirtschaft-politik/35295-naechste-runde-im-giftmuell-skandal
(Ende)Aussender: | pressetext.redaktion |
Ansprechpartner: | Johannes Pernsteiner |
Tel.: | +43-1-81140-316 |
E-Mail: | pernsteiner@pressetext.com |
Website: | www.pressetext.com |