pte20081119002 in Business

Finanzkrise: Osteuropa kommt mit blauem Auge davon

Fremdwährungskredite belasten - Wirtschaft wächst langsamer


Wachstum in Osteuropa bremst sich ein (Foto: pixelio.de, Britt)
Wachstum in Osteuropa bremst sich ein (Foto: pixelio.de, Britt)

Wien (pte002/19.11.2008/06:00) Der Aufholprozess der Emerging Markets in Ost- und Südosteuropa wird sich in den kommenden Jahren infolge der Finanzmarktturbulenzen verlangsamen - eine Krise ist laut Experten derzeit aber noch nicht in Sichtweite. "Viele Berichte dramatisieren die Lage in Ländern wie Ungarn und färben die ganze Region negativ. Zwar sind Ungarn und die Ukraine Ausnahmen, deren Lage man sorgfältig beobachten muss. Tschechien, Polen und die Slowakei hingegen weisen nach wie vor eine positive Wachstumsdynamik auf", erläutert Peter Havlik, Deputy Director beim Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche http://www.wiiw.ac.at , im Gespräch mit pressetext. Das Wirtschaftswachstum wird laut dem Osteuropa-Experten der Krise widerstehen und in den kommenden Jahren zwischen drei und fünf Prozent betragen.

Trotz dieser zuversichtlichen Prognose zählen Staaten wie Rumänien, Bulgarien und Ungarn nach wie vor zu den Sorgenkindern. Einer aktuellen Studie der amerikanischen Bank Merrill Lynch nach sind diese Länder aufgrund ihrer hohen Kreditaufnahmen volkswirtschaftlich zerbrechlich. Gerade wegen der noch jungen Geschichte der osteuropäischen Bankenlandschaft kann keine Entwarnung gegeben werden. "Da sich die Finanzsysteme erst nach dem Kollaps des Ostblocks entwickelt haben, sind sie für potenzielle Krisen anfälliger", sagt Havlik auf Nachfrage von pressetext. Hinzu kommt auch, dass im Privatbereich umfangreiche Fremdwährungskredite aufgenommen wurden. Da der Ungarische Forint hoher Abwertungen unterliegt, kommt das Wechselkursrisiko zum Schweizer Franken und zum Euro zum Tragen. Ähnlich die Lage in der Ukraine. Über die Hälfte der Kredite sind fremdwährungsfinanziert.

Wegen ihres immensen Engagements in Ost- und Südosteuropa sind vor allem Österreichs Banken betroffen. Zu dieser Einschätzung kam unlängst der Internationale Währungsfonds. Denn der Anteil dessen, was österreichische Institute vor Ort investiert haben, entspricht rund 80 Prozent des österreichischen Bruttoinlandsprodukts. Daher bilde die Alpenrepublik eine "Einheit mit dem Osten", so die Experten des Internationalen Währungsfonds. Dass sich die Lage in Osteuropa drastisch verschlechtert hat, bestätigt auch Herbert Stepic, Generaldirektor der Raiffeisen International http://www.ri.co.at : "Die Nachfrage nach Krediten auf Seiten der Privatkunden ist deutlich zurückgegangen." Diese Entwicklung sei auf Firmenebene ähnlich, so Stepic weiter. "Dies wirkt sich auf die österreichischen Institute aus. Es wird damit zu rechnen sein, dass man die geplanten Filialexpansionen im Osten überdenkt", sagt Havlik.

Angesichts dieser Befürchtungen sieht sich der Internationale Währungsfonds bestätigt. Seit Jahren hätte man kritisch darauf hingewiesen, dass das Überengagement in Osteuropa für Österreich nicht nur Vorteile, sondern auch zu einer stärkeren "Verletzlichkeit" geführt hätte. Als erste Reaktion hat die österreichische UniCredit-Tochter Bank Austria bereits schon vor Wochen ihren Filialausbau im Osten gestoppt. Eine diesbezügliche Entscheidung hat Stepic hingegen erst jetzt getroffen. Havlik gibt hierbei zu bedenken, dass sich die Bankenmanager nun entscheiden müssen, entsprechende Anpassungen vorzunehmen. Bedingt durch die Finanzkrise streichen die Merrill-Lynch-Analysten hervor, dass die Exporte und insbesondere ausländische Direktinvestitionen zurückgehen werden. Konjunkturpakete im Westen würden die Wachstumsdelle im Osten jedoch spätestens in zwei Jahren wieder ausgleichen, so Havlik.

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