pts20050531038 Kultur/Lifestyle, Medien/Kommunikation

Alles, was Sie über Apfelwein wissen sollten

(Teil 3 - Zeitgemäßes Stöffche)


Hochstadt (pts038/31.05.2005/14:00) Interview mit Dr. Johanna Höhl, Geschäftsführerin der Landkelterei Höhl, Hochstadt:

Die Apfelblüte ist gerade vorbei. Schauen wir einer guten Apfelernte entgegen?

Höhl: Mal sehen. Die Blüte hat eigentlich eine normale Durchschnittsernte versprochen. Im April gab es keinen großen Frost - das ist eine Grundvoraussetzung. Aufgrund der Regenmengen und der kalten Temperaturen im Frühjahr ist die Blüte zwar etwas später dran als üblich, aber wir hoffen auf einen sonnenreichen Sommer. Was uns Sorgen bereitet, sind die vielen Raupen, die alles vom Baum fressen, was nicht Stamm ist. Wir sehen das in unserer Region an den Rosenstöcken, deren Blätter total zerfressen sind. Und bei den Apfelbäumen fallen dann eben auch die Blüten den Raupen zum Opfer.

Das heißt, das Stöffche ist trotzdem gesichert?

Höhl: Ja, in jedem Fall.

Woher kommen die vielen Äpfel?

Höhl: Unsere Landkelterei produziert jährlich circa 17 Millionen Liter Apfelwein und -saft. Dazu benötigen wir rund 25.000 Tonnen Äpfel. Das bevorzugte Obst kommt von den Streuobstwiesen rund um Frankfurt und der hessischen Mittelgebirge. Zur Rettung und Pflege der heimischen Streuobstwiesen haben wir uns zu einer Abnahmegarantie gegenüber den Apfelanbietern der Region verpflichtet. Wir nehmen Jahr für Jahr das Obst der Streuobstwiesen zu fairen Preisen ab, um den Apfelbauern ein nachhaltiges Wirtschaften zu ermöglichen. Damit wird der Fortbestand der regionalen Apfelkultur gesichert und die Kulturpflege der Streuobstwiesen garantiert.

Mit Biobauern aus der hessischen Wetterau wurde ein Erzeugerkreis aufgebaut, der ökologisch kontrolliertes Obst für den Bio-Apfelsaft und den BIO-ESS (Apfelessig) liefert. Aber auch Privatleute sind aufgerufen, ihre Äpfel nicht vergammeln zu lassen, sondern sie zu ernten und uns zu bringen. Für kleinere Obstmengen richten wir jedes Jahr besondere Sammelstellen in den Regionen ein, die von uns persönlich betreut werden. Jeder Apfel ist uns willkommen.

Reichen denn die Äpfel aus heimischen Gefilden aus oder wodurch wird die benötigte Apfelmenge jährlich garantiert?

Höhl: Die Äpfel aus der Region sind zunächst der wertvollste Rohstoff für unser Stöffche. Sie haben einen ausgewogenen Säure- und Zuckergehalt sowie ein urwüchsiges Aroma und sind vor allem frei von allen Spritz- und Düngemitteln. Aber meistens reicht die Menge nicht aus, um den Bedarf zu decken. Deshalb sind wir froh, dass es auch außerhalb von Hessen Äpfel gibt, die unter diesen optimalen Bedingungen wachsen. So beziehen wir beispielsweise auch große Mengen Obst aus Baden-Württemberg, Südtirol und Polen, denn dort herrschen ähnliche klimatische Bedingungen wie in Hessen.

Wie viel Apfelwein wird denn eigentlich in Hessen bzw. in Deutschland getrunken?

Höhl: In Frankfurt liegt der Pro-Kopf-Verbrauch bei 50 Litern im Jahr, in Hessen bei insgesamt acht Litern und in Deutschland nur noch unter einem Liter.

Das heißt also, Frankfurt ist die absolute Apfelwein-Hochburg?

Höhl: Ja, das stimmt, wenn man es nur auf Deutschland bezieht. Weltweit hingegen trinken die Engländer weitaus den meisten Apfelwein.

Für uns Hessen unverständlich, aber es heißt, Fremde kommen erst nach drei Gläsern Apfelwein auf den richtigen Geschmack. Was ist an diesem Vorurteil dran?

Höhl: Das stimmt, denn die Zunge muss sich erst an den Apfelwein gewöhnen. Erstens ist das Stöffche das einzige Getränk, was voll durchgegoren angeboten wird, also absolut ohne Restzucker. Der gesamte Fruchtzucker (5,5 %) wird nämlich in Alkohol umgewandelt. Im Vergleich zum Traubenwein hat der Apfelwein zwar nur halb so viel Säure, aber keine Restsüße.

Zweitens gibt es sehr viele Apfelsorten, die einen relativ hohen Gehalt an Bitterstoffen (Polyphenole) enthalten. Die Geschmacksknospen auf der Zunge müssen sich erst daran gewöhnen. Und drittens wird Apfelwein leider oftmals auch in schlechter Qualität angeboten. Das schmeckt dann nach Essig oder Hefe - und daran sollte sich nun wirklich keiner gewöhnen.

Woher erkennt der Laie denn einen guten Apfelwein?

Höhl: Ein guter Apfelwein ist sauber ausgebaut und reintönig. Dann hat er ein wunderbar fruchtiges Apfelaroma, wenig Säure, wenig Gerbstoffe und ist elegant und rund. Vorsicht bei Essigstich, penetrantem Hefeton oder Schwefelgeschmack. Da stimmt was nicht. Apfelwein muss ein ausgeprägtes Apfelaroma haben. Leider gibt es für die Herstellung des Apfelweins keine allgemein gültigen Qualitätskontrollen.

Manche Leute vertragen den Apfelwein wegen seiner Säure nicht. Was kann man dagegen tun?

Höhl: Die Unverträglichkeit, die bei manchen Leuten beim Genuss des Apfelweins vorliegt, hängt mit der spezifischen Apfelsäure zusammen. Diesen Leuten rate ich, den Apfelwein mit Mineralwasser zu verdünnen und etwas dazu zu essen, was die Apfelsäure etwas mildert.

Gibt es sortenreinen Apfelwein?

Höhl: Ja. Die kleineren Keltereien bauen hier und da sortenreine Apfelweine aus. Das ist aber eine Geschmacksfrage. Für meine Begriffe muss ein Apfelwein eine gute Mischung aus gesunden Kelteräpfeln enthalten, die ein ausgewogenes Säure-/ Fruchtzuckerverhältnis haben und sich in Geschmack und Gehalt (Extrakt) ergänzen. Es ist dann die spezielle Kunst der Kelterei, daraus eine gute Apfelwein -"Cuvée" zu produzieren.

Es trinken eher ältere Leute Apfelwein. Ist das traditionsbedingt oder woran liegt dies?

Höhl: Das hat schon was mit Tradition zu tun. Früher haben die Hessen im Sommer nur Apfelwein getrunken, weil es nichts anderes gab und es das einzige Getränk war, das nur leicht alkoholisiert, aber sehr erfrischend war. Diese Generation ist jetzt älter geworden und ist dem Apfelwein treu geblieben. Die nachgewachsene ist die "Weizenbiergeneration", die den Apfelwein leider ein bisschen vergessen hat. Und der ganz jungen Generation ist Apfelwein meist nicht cool genug.

Aber es gibt auch eine Apfelweinzielgruppe, die wächst: Es sind die Frauen, vornehmlich junge Frauen, die sich zeitgemäß und gesundheitsbewusst ernähren. Sie trinken Apfelwein wegen der wertvollen Inhaltsstoffe (Vitamine, Mineralien und Polyphenole) und dem geringen Kohlenhydrat- und Kaloriengehalt. So bekommt das Stöffche im Wellness-Zeitalter auf einmal einen ganz neuen Stellenwert.

Wie sprechen Sie diese junge Zielgruppe an?

Höhl: Wir präsentieren den Apfelwein in Gebindeformen, die Jugendliche ansprechen, wie etwa die Long Neck-Flaschen. Darüber hinaus bieten wir fertig gemixte Apfelwein-Drinks wie den "American Bock" - eine Mischung aus Cola und Apfelwein - an. Mit Produktinnovationen wie den POMP secco - eine gelungene Liaison von Riesling-Sekt und Apfelwein - bieten wir eine Alternative zu dem fast schon überholten Prosecco an. Und schließlich zielt unsere Kommunikation darauf, die hessische Apfelwein-Mentalität als kultig zu erleben.

Gerade im Sommer steigt der Apfelweinkonsum enorm. Wieso ist der Apfelwein das ideale Sommergetränk?

Höhl: Der Apfelwein ist fruchtig, leicht und hat wenig Kalorien und wenig Alkohol. In einem Glas stecken nur rund 1,4 % Vol. Alkohol. Deshalb ist er auch an heißen Tagen gut verträglich, denn er macht nicht müde. Im Gegenteil: Apfelwein regt den Stoffwechsel an und belebt so Körper und Geist. Außerdem kann man ihn prima mit Mineralwasser verdünnen, so dass er noch erfrischender wirkt.

Kann man mit Apfelwein auch kochen?

Höhl: Ja, hervorragend sogar. Denn er verfügt über ein kräftiges Aroma und hat nicht so viel Säure - ähnlich wie Rotwein. Deshalb verwende ich Apfelwein immer dort, wo mit Rotwein gekocht wird. Ich gebe dann halb Rotwein und halb Apfelwein zum Gericht. Es schmeckt dann einfach markanter.

Was steckt hinter der Kultmarke "Blauer Bock"?

Höhl: Der "Blaue Bock" ist Deutschlands Synonym für Apfelwein. Das rührt von einer Unterhaltungssendung her, die 30 Jahre lang das Samstagsprogramm der Zuschauer bestimmte, als es nur drei Fernsehsender gab. Musik und Humor beim Apfelwein war Inhalt dieser Sendung, die für den Apfelwein generell sehr absatzfördernd war.

Seit drei Jahren gibt es POMPsecco aus dem Hause Höhl. Was ist das Besondere an diesem "Herrschafts-Gespritzen"?

Höhl: Ja, es ist mal ein Getränk, das eine absolute Alleinstellung hat. Darüber hinaus ist es durch seine Geschichte authentisch. Denn vor rund 100 Jahren spritzten die feinen Herrschaften in und um Frankfurt den Apfelwein zu besonderen Anlässen anstatt mit Sprudel - wie das gemeine Volk - mit Sekt. Natürlich wurde der "Herrschafts-Gespritzte" aus dem typischen Apfelweinglas getrunken. Schließlich sollte ja keiner merken, wie herr(schaft)lich Apfelwein beschwingt... Heute serviert man den "Herrschafts-Gespritzten" im original "gerippten" Champagnerglas oder ganz trendy als erfrischenden Longdrink auf Eis, eventuell noch mit einer hauchdünnen (!) Scheibe Zitrone - ideal als Aperitif.

Oder noch pompöser: im Originalglas mit kleinem grünen Dosen-Äpfelchen und einer blauen Traube - eben "Apfel verführt Traube". POMP secco ist ein echtes Kult-Getränk, das Tradition widerspiegelt und gleichzeitig als Mischung von Apfel und Traube absolut zeitgemäß ist. Der "Herrschafts-Gespritzte" ist ein köstliches und sinnliches Bekenntnis zur Region.

In welche Richtung wird sich Ihrer Meinung nach der Apfelwein entwickeln?

Höhl: Apfelwein steht kurz vor einer Renaissance, denn die Menschen besinnen sich im Zuge der Globalisierung wieder stärker auf ihre Wurzeln und die Spezialitäten ihrer Region. Außerdem fördert Apfelwein die Kommunikation und steht für Gemütlichkeit und Menschlichkeit - Werte, die wieder stärker in den Focus rücken. Auch bei den Jugendlichen. Vor allem aber bin ich der Meinung, dass der Apfelwein bestens zum Wellness-Trend passt. Apfelwein macht schön, schlank und schlau. Er besteht zu 100 % aus Apfel mit all seinen gesunden Wirkstoffen, hat wenig Kalorien, enthält keinerlei Chemie und nur wenig Alkohol. Außerdem ist er preiswert.

Vielleicht müsste der Apfelwein dann nur neu positioniert werden?

Höhl: Da stimme ich Ihnen zu. Ich würde den Apfelwein als "Wellness-Getränk von Natur aus" positionieren!

Danke für das Gespräch, Frau Dr. Höhl.

Nähere Informationen unter:
Landkelterei Höhl Hochstadt GmbH & Co
Konrad-Höhl-Str. 2-4
63477 Maintal-Hochstadt
Tel: 06181/40990
http://www.hoehl-hochstadt.de

Für Rückfragen:
Jutta Lamy
Public Relations
Minnholzweg 2A
61476 Kronberg/Ts.
Fon: 06173/783982
Fax: 06173/783984
mobile: 01715392581
e-mail: jutta.lamy@t-online.de
http://www.lamy-pr.de

Bereits veröffentlicht:
Teil 1 - Wo der Apfelwein zu Hause ist
( http://www.schlemmerregion-rheingau-taunus.de/rp_restaurant_content.afp?p=65A&content=content/awein01 )

Teil 2 - Vom Baum ins Glas
( http://www.schlemmerregion-rheingau-taunus.de/rp_restaurant_content.afp?p=65A&content=content/awein02 )

Weitere Themen rund um den Apfelwein, die in den kommenden Wochen auf http://www.schlemmerregion.de veröffentlicht werden:

4. Apfelwein macht schön, schlank und schlau
5. Apfelwein von A bis Z
6. Ein Mythos: der Blaue Bock
7. Große Genuss-Vielfalt
8. Apfel verführt Traube
9. Pur oder gespritzt? - Die urigsten Apfelweinlokale
10. Geschmackserlebnis Apfelwein

(Ende)
Aussender: SCHLEMMERREGION DEUTSCHLAND
Ansprechpartner: Felix Trotter
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