pte20040505021 in Forschung

Blauer Planet eiert: Geodäten messen Erdrotation

Präzise Daten für die Satellitennavigation via Radioteleskop


Bonn (pte021/05.05.2004/11:31) Jeden Montag und Donnerstag messen Wissenschaftler des Geodätischen Instituts der Rheinischen Friedrich-Wilhelms Universität Bonn http://www.gib.uni-bonn.de die Erdrotation. Gemeinsam mit ihren Kollegen legen sie fest, welches Radioteleskop in Europa, Japan und Amerika zu welcher Zeit welchen Ort anpeilen soll. Grund für den Aufwand: Die Erde eiert. Die Tageslänge kann sich binnen 24 Stunden um bis zu eine Millisekunde ändern. Außerdem taumelt die Erde wie ein Kreisel um ihre Rotationsachse. Ohne ständige Korrektur würden GPS-navigierte Autos bald nicht mehr auf der Straße, sondern daneben fahren. Aber auch Flugkörper im Weltraum benötigen eine genaue Darstellung der Erde, um ihre Position genau zu berechnen und Steuerdüsen zum richtigen Zeitpunkt zu zünden.

Wichtigstes Messverfahren der Geodäten ist dabei die so genannte VLBI (Very Long Baseline Interferometry). Dabei kommen Paare von Radioteleskopen zum Einsatz, die mehrere tausend Kilometer voneinander entfernt sind. Mit ihnen werden starke punktförmige Radioquellen (Quasare) am Rande des Universums angepeilt. Diese dienen bei der Messung als Fixpunkte. Weil die Messstationen auf der Erde so weit entfernt sind, empfangen sie die Radiosignale mit einem geringen zeitlichen Abstand. "Aus dieser Differenz kann der Computer die Drehung der Erde genau berechnen, aber auch den Abstand zwischen den Teleskopen", erklärt Axel Nothnagel, Forschungsgruppenleiter am Geodätischen Institut. "So lässt sich via VLBI nachweisen, dass Europa und Nordamerika sich nicht nur politisch voneinander entfernen, der Abstand wächst jährlich um fast zwei Zentimeter", so Nothnagel.

Vor einer VLBI-Messung schickt das Bonner-Team eine E-Mail mit den berechneten Beobachtungszeiten und anzupeilenden Zielen an die beteiligten Radioteleskope. Durch Atomuhrsignale synchronisiert richten sich überall auf der Welt zeitgleich die riesigen schüsselförmigen Antennen aus. Jede Station peilt in einem 24-Stunden-Messzyklus 200 bis 300 vorher festgelegte Quasare an und speichert die empfangenen Signale auf Magnetbändern. Dabei entstehen mehrere Terabit an Daten. Pro Station entspricht das einer Datenmenge von rund 220 DVDs. Per Kurier gehen die Daten sämtlicher Stationen an einen so genannten "Korrelator", von denen es weltweit drei Exemplare gibt. Mit dem Korrelator in Bonn können die Geodäten nun die Laufzeitunterschiede der Quarsarsignale, die Koordinaten, die Erdstellung und andere Werte berechnen, die unter anderem für die Navigation GPS-basierter Systeme benötigt werden.

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