Infogenie - Der Phoenix aus der Asche?
Mit "Click2Pay" auf den Spuren von Paypal
Linz (pts049/16.12.2003/21:00) Infogenie (WKN.: 747206 ) war eines der typischen Unternehmen des Neuen Marktes. Mit fliegenden Fahnen und Enthusiasmus in ein neues Geschäftsmodell gestürzt - Expertenhotlines für den Normalverbraucher - mit fliegenden Fahnen untergegangen. So sah es zumindest in 2002 aus. In den vergangenen 12 Monaten wurde jedoch keine Insolvenz vermeldet, sondern eher eine rasante Entwicklung hingelegt, sowohl im Kursverlauf als auch in der Geschäftsentwicklung. Die telefonischen Beratungsdienstleistungen scheinen nur noch eine untergeordnete Rolle zu spielen, Bezahlsysteme per Telefon sind seither der Umsatzbringer. Vor wenigen Tagen meldete Infogenie den Start in die Internetbezahlsysteme. Umsatzbringer oder absehbarer Flop? Hierzu hat Analystcorner ein Interview mit Joachim Brunner, Partner bei FIRST FOCUS Research geführt.
AC: Herr Brunner, Infogenie hat sich stark gewandelt, können Sie die wichtigsten Änderungen noch einmal skizzieren?
Brunner: Infogenie war zum Börsengang 2000 als Anbieter von virtuellen Call-Center-Strukturen bekannt. Da dieses Geschäftsfeld nicht seinen erwünschten Erfolg brachte, musste in 2002 eine Kapitalschnitt und anschließend eine Kapitalerhöhung durchgeführt werden. Dies wurde maßgeblich von der Münchner ebs Holding getragen, die damit die Mehrheit an Infogenie übernommen hat.
AC: Aus welchem Grund?
Brunner: Die ebs Holding interessierte sich für die Call Center der Infogenie und für den Zugang der Infogenie zu bestimmten Gruppen, beispielsweise der Spielecommunity. Die Tochter der ebs Holding, die ebs Global GmbH, erhoffte sich damit den eigenen Markt für telefonbasierte Bezahlsysteme zu erweitern. Konsequenterweise wurde im Frühjahr diesen Jahres die Tochter ebs Global in die Infogenie eingebracht.
AC: Die Kapitalerhöhung betrug 6,5 Mio Euro, damit hat sich ebs Holding eine deutliche Mehrheit an der Infogenie gesichert, war das ein guter Deal für die Aktionäre der Infogenie?
Brunner: Anfangs sah es so aus, Infogenie prognostizierte alleine für den neuen Geschäftsbereich einen Gewinn von 5.3 Mio Euro auf das Gesamtjahr 2003. In den ersten 9 Monaten 2003 konnte die Infogenie den Umsatz um 169% steigern und es konnte bereits ein Gewinn erreicht werden, doch das Geschäft stagnierte aufgrund einer Gesetzesänderung in Bezug auf die Mehrwertdienste-Telefonnummern. Der Hauptumsatzträger, die zur ebs Global gehörende spanische Crosskirk, musste verkauft werden. In diesem Jahr wird Infogenie unter dem Strich eine schwarze Null erzielen nach einem Verlust von 3,93 Mio. Euro in 2002.
AC: War die Entscheidung der Aktionäre der Infogenie richtig, Ihre Zukunft in die Hände der ebs zu legen?
Brunner: Ohne die ebs wäre die Infogenie sehr wahrscheinlich Insolvent, die Frage stellt sich also nicht.
AC: Ende November akquirierte die Infogenie zwei weitere Firmen der ebs Holding über eine Kapitalerhöhung. Wie beurteilen sie die Chancen dieser Unternehmen?
Brunner: Es handelt sich dabei um die mit der Vermarktung von Internet - Werbeflächen spezialisierte Netsales GmbH und die Click2Pay GmbH, die sich auf Internet-Bezahlsysteme konzentriert. Der interessante Teil ist zweifellos die Click2Pay. Infogenie konzentriert sich mit dieser neuen Tochter zunehmend auf elektronische Zahlungsmittel, die Call Center verlieren an Bedeutung. Wie die Chancen zu beurteilen sind, werden die nächsten Monate zeigen.
AC: Internet Bezahlsysteme sind seit der Übernahme von Paypal durch Ebay im Interesse von Investoren. Wie will sich aber eine Click2Pay gegen eine Paypal oder eine Firstgate durchsetzen?
Brunner: Internet-Bezahlsysteme halte ich für einen sehr interessanten Zukunftsmarkt. Paypal wurde von Ebay immerhin für die stolze Summe von 1.5 Millarden Dollar übernommen. Der Markteintritt zu diesem Zeitpunkt wäre mit einer Kopie der bestehenden Systeme aber fast unmöglich, Paypal oder Firstgate sind bereits zu weit verbreitet. Click2Pay setzt daher auf eine anderes, firmenkundenfreundliches Konzept. Darin liegt die Chance. Die Abwicklung der Nelson Mandela Aids-Kampagne mit über 1,2 Mio. Personen im Netz war eine erfolgreiche Generalprobe und konnte die Leistungsfähigkeit dieses Systems beweisen.
AC: Ist die Übermacht von Firstgate gerade in Deutschland nicht doch zu groß?
Brunner: Nach Meinung von Branchenexperten ist die ebs Holding mit nicht-Internetbasierten Zahlsystemen mit Umsatz und Margen bereits deutlich erfolgreicher als Firstgate, mit dieser Erfahrung und Marktmacht sollte Click2Pay hervorragende Startchancen haben. Neben dem bereits genannten Nelson Mandela Projekt wurde bereits auch schon Tiscali als Kunde gewonnen, mit über 7 Mio Kunden immerhin von Deloitte gerade als schnellstwachsendes Unternehmen Europas gekürt.
AC: Diese Neuausrichtung erinnert ein wenig an die Erfolgstory von Wapme und e.multi. Ist hier ähnliches zu erwarten?
Brunner: Mit Sicherheit haben die Unternehmen in den letzten Jahren hinzugelernt. Wenn eine Neuausrichtung vorgenommen wird, haben die Unternehmen sich das genauestens überlegt. Die ebs Holding ist bereits sehr erfolgreich in den Bezahlsystemen tätig. Die Chance ist durchaus gegeben.
AC: Noch scheint die Neuausrichtung im Markt völlig unbekannt. Hat die ebs Holding noch weitere Pläne für Infogenie in der Schublade?
Brunner: Ich denke auch, dass es nicht bei der aktuellen Aufstellung der Infogenie bleiben wird, die Verflechtung mit dem Kerngeschäft der ebs Holding bereits zu groß. Weitere Einbringungen von der ebs Holding in die Infogenie würden absolut Sinn machen.
AC: Wie schätzen Sie nun die Zukunft von Infogenie ein?
Brunner: Infogenie verfügt jetzt über ein Grundbusiness, das zumindest operativ im nächsten Jahr positiv arbeiten sollte und andererseits besteht über die neuen Geschäftsbereiche eine interessante Wachstumschance. Sehr interessant ist für mich jedoch die Frage "Was will die Mutter ebs Holding"? Meines Erachtens sollten weitere Einbringungen in die Infogenie stattfinden, ob dies umgesetzt wird und wie die Bedingungen aussehen ist allerdings noch nicht abzusehen.
AC: Was würde dies für den Aktionär bedeuten?
Brunner: Infogenie würde sich 2004 endgültig aus ihrem Schattendasein verabschieden und in den Fokus von internationalen Anlegern rücken. Durch weitere Einbringungen würde das Grundkapital abermals erhöht werden, aber ein Anleger hätte auf einmal ein substanz- und ertragstarkes Unternehmen in seinem Portfolio.
AC: Wie sieht daher Ihr Fazit aus?
Brunner: Noch kann kein Fazit gezogen werden. Nur sehr spekulativ ausgerichtete Investoren sollten im Hinblick auf den möglichen Erfolg der Click2Pay und auf mögliche interessante Einbringungen der ebs Holding eine erste Position bereits beziehen. Die Attraktivität liegt vor allem darin, dass die neue Ausrichtung der Infogenie in der Investment Community noch gar nicht wahrgenommen wurde. Ansonsten sollte die Entwicklung genau verfolgt werden und insbesondere auf neue Kunden der Click2Pay geachtet werden. Wenn in den nächsten 3 Monaten namhafte Kunden gewonnen werden oder Einbringungen der ebs Holding zu interessanten Bedingungen stattfinden werden, ist der Erfolg von Infogenie wohl nicht aufzuhalten. Wir würden dann die Aktie der Infogenie zum Kauf empfehlen.
Das Interview führte Robert Burschik, Chefredakteur des Börsenbriefes "ExtraChancen". Der Börsenbrief mit der Geld-Zurück-Garantie. Nähere Informationen finden Sie unter http://www.extrachancen.de .
Joachim Brunner, ist Chefanalyst des Researchhauses "FIRST FOCUS unabhängiges Research". Wenn sie die Studien und Analysen von FIRST FOCUS erhalten wollen, senden Sie ein Email mit dem Betreff "Kostenloser Research-Newsletter" an office@first-focus.com
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