pte20021122009 in Forschung

Donatus Schmid: "ASP wird Renaissance erleben"

Sun Microsystems setzt Personalreduktionen ohne Gießkannenprinzip um


Wien (pte009/22.11.2002/10:00) Mit den kürzlich angekündigten Personalmaßnahmen will der IT-Konzern Sun Microsystems wieder in die Gewinnzone zurückkehren. Das erklärte Donatus Schmid, Geschäftsführer von Sun Österreich, http://www.sun.at in einem Exklusiv-Interview mit pressetext.austria. Einen Beitrag zu den Umsätzen von Sun soll künftig StarOffice liefern, das seit wenigen Monaten auch in einer kostenpflichtigen Version erhältlich ist. Das Geschäftsmodell kostenloser Software sei aber nicht passee, sondern spiele bei der Open-Source-Community weiterhin eine wichtige Rolle. Auch die schon vielfach totgesagten ASPs (Application Service Provider) werden eine Renaissance erleben, so Schmid.

Wie pte berichtete (siehe: http://www.pressetext.at/pte.mc?pte=021018011 ), wurde nach einem Verlust von 111 Mio. Dollar bei einem Umsatz von 2,7 Mrd. Dollar im ersten Quartal dieses Geschäftsjahres (Juli bis September) die Entlassung von weiteren 4.400 Mitarbeitern (das sind elf Prozent von derzeit 39.400 Beschäftigten) angekündigt. Im Unterschied zur ersten Entlassungs-Welle im vorigen Geschäftsjahr werde die laufende Personalreduktion aber nicht mehr nach dem Gießkannenprinzip durchgeführt. Deshalb seien auch Deutschland und Österreich von den angekündigten Maßnahmen nicht betroffen, so Schmid.

"Tough times require tough decisions", war der trockene Kommentar von Scott McNealy, dem Chairman von Sun Microsystems. Schmid relativiert jedoch: "Wir haben ein ganzes Jahr dramatische Kostensenkungsmaßnahmen bei den normalen Ausgaben durchgeführt, aber das war nicht ausreichend. Erst als ultimo ratio mussten wir mit Personalabbau operieren. Wir sind davon ausgegangen, dass sich die Märkte ab Sommer etwas besser erholen, das ist so nicht eingetroffen. Die Umsätze des ersten Quartals lagen an der unteren Grenze dessen, was wir prognostiziert haben, das erforderte weitere Maßnahmen. Jetzt gehen wir davon aus, dass wir mit diesem Abbau unsere Profitabilität wieder erreichen."

Ende Oktober ist Sun Microsystems der Web Services Interoperability Organization (WS-I) beigetreten. Die am 6. Februar 2002 gegründete Branchen-Initiative WS-I setzt sich für die Schaffung von Web Services-Standards und deren Kompatibilität mit Plattformen, Anwendungen und Programmier-Sprachen ein. Nach einer Änderung der Statuten, die die Erweiterung des neunköpfigen Führungsgremiums um weitere zwei Sitze vorsieht, will Sun für einen der Sitze bei den Wahlen im März 2003 kandidieren. "Webservices sind sicher das wichtigste Software-Thema in unserer Zeit. Es gibt zwei Architekturen als Basistechnologien, das sind Microsoft mit .NET und Sun mit Sun ONE. Deshalb halten wir es für sehr wichtig bei einem Standardisierungsgremium für Interoperabilität in prominenter Rolle dabei zu sein", so Schmid.

Dass ein permanenter Streit um einheitliche Standards die technische Entwicklung eher hemmen als beschleunigen könne, befürchtet Schmid nicht: "Sun hat sich vor 21 Jahren entschlossen den Weg offener Standards zu gehen. Das ist sicher mühsam, da man einen enormen Abstimmungsaufwand hat, aber wir glauben, Innovation kann nur auf der Basis offener Standards passieren. Jedem, der sich beteiligen will, muss die Möglichkeit dazu gegeben werden. Die Alternative ist ein Monopol, wie wir es von Microsoft kennen."

Ein Standard müsse offen publiziert und damit für jedermann frei verfügbar sein. Dabei sei auch das Geschäftsmodell, Software kostenlos anzubieten, absolut zukunftsträchtig. Allerdings hat Sun aus der Vergangenheit gelernt. Schmid: "Wir haben in der Zwischenzeit besser verstanden, wie wir mit unterschiedlichen Softwaremodellen umzugehen haben. Ein Unternehmen kann mit Geschenken kein Geld verdienen. Unsere gesamten Technologien sind daher in einer offenen Form kostenlos verfügbar, aber auch käuflich erwerbbar."

Mit StarOffice habe man keinen echten Konkurrenten zu Microsoft aufgebaut, solange das Produkt kostenlos war. Seit wenigen Monaten werde es um 60 Euro vermarktet. "Damit wurde StarOffice auf Plattformen wie amazon.com zum meistverkauften Software-Produkt. Die Erklärung dafür ist einfach: Ein Reseller wird nur in den Vertrieb investieren, wenn er etwas verdient. Das hat sich sehr bewährt. Trotzdem bieten wir der Entwickler-Community über openoffice.org eine kostenlose Version, aber ohne Wartungsverträge", so Schmid.

Wichtig für Unternehmen sei, bei längerfristigen, größeren Projekten einen Ausweg zu haben, wenn man sich aus irgend einem Grund gegen einen Hersteller entscheide. "Jeder Kunde hat die Möglichkeit auf Grund unserer Open-Source-Politik die Produkte weiter zu entwickeln. Die Abhängigkeit vom Hersteller wird so reduziert." Diese Strategie fährt Sun auch im ASP-Bereich mit dem Angebot einer kostenlosen Basisversion des Sun ONE Application Server 7.

ASP als Geschäftsmodell hatte in der Hype-Phase zu große Erwartungen geweckt. Vor zwei Jahren waren noch keine geeigneten Billing-Systeme am Markt. Auch Software-Systeme, die für Einzelplatz-Anwendungen programmiert wurden, konnten nicht einfach auf ASPs umgelegt werden. Nun seien Billing- und Sicherheitsfragen ausreichend geklärt, so dass ASP unter dem Namen "Hosting" eine Renaissance erleben werde. "Desaster Recovery kann man nur in einer professionellen Umgebung durchführen. Der Bedarf an diesen Diensten wird stärker, obwohl man derzeit nicht soviel davon spricht", meint Schmid.

Das Interview mit Donatus Schmid wurde von ptv, dem Web-TV von pressetext.austria, aufgezeichnet und ist unter http://www.ptv.at abrufbar.

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