pte19980331011 Forschung/Entwicklung, Umwelt/Energie

Warum Statistik-Korrelationen oft absurd sind

Kluge Nutzung von Statistiken entscheidet über Sinn oder Unsinn


London (pte) (pte011/31.03.1998/15:24) Eigentlich ist es beängstigend: Mit Statistik kann man alles nachweisen. Zum Beispiel, daß Leute, die Hüte tragen, mit größerer Wahrscheinlichkeit an Haut- oder Lungenkrebs erkranken werden als solche, die keine Hüte tragen. Oder daß Orchesterleiter oft ein hohes Alter erreichen. Oder daß Babies oft in storchenreichen Gegenden geboren werden. Also alles Quatsch mit der Statistik? Ja und nein. Ja, weil in den gerade aufgeführten Fällen das häufige Zusammentreffen zweier beliebiger Faktoren zum Anlaß genommen wurde, einen Zusammenhang zwischen ihnen herzustellen. Nein, weil Statistik - klug genutzt - durchaus zu relevanten Ergebnissen führen kann. Die Zeitschrift "Nature" erinnert in ihrer jüngsten Ausgabe daran, daß es eben auf diese kluge Nutzung ankommt.

Prinzipiell kann man alles miteinander kombinieren. Man kann beispielsweise eine Gruppe leidenschaftlicher Auberginen-Esser zusammenstellen und fragen, wieviele von ihnen jemals Angina pectoris gehabt haben, und dazu eine gleichgroße Gruppe Auberginen-abstinenter Personen als Kontrollgruppe bilden und diese ebenfalls nach Angina pectoris befragen. Vielleicht stellt sich heraus, daß unter den Auberginen-Essern sich niemand findet, der jemals die fragliche Krankheit hatte, während unter den Auberginen-abstinenten Personen schon derer fünf sind. Also: Auberginen essen schützt vor Angina pectoris? Nicht unbedingt.

Vielleicht waren ja die Auberginen-Esser auch allesamt Nichtraucher und gegen Masern geimpft, was aber von den Forschern niemand wußte und was daher auch nicht in die Untersuchung einfloß. Da Menschen nicht wie Labor-Ratten alle unter den gleichen Umständen leben, gibt es immer unbekannte oder nicht nachgefragte Faktoren, die genauso vorhanden sind, wie die, nach denen ausdrücklich gefragt wurde.

Aufgabe des Wissenschaftlers ist es, den Daten die richtige Bedeutung beizumessen. Ob zwei Faktoren zufällig gleichzeitig vorhanden (co-okkurent) sind oder der eine wahrscheinlich die Ursache für den anderen ist, hängt vom Urteil des Wissenschaftlers ab, von seiner "Fähigkeit, die Zeichen zu lesen". Der einzige halbwegs wirksame Schutz gegen falsche Zusammenhänge sind Langzeitstudien und/oder Studien mit sehr großen Stichproben.

So hatte "Nature" in seiner Ausgabe vom 19. Februar darüber berichtet, daß Forscher der Universität Wien einen Zusammenhang zwischen Geburtsdatum und Körpergröße im Erwachsenenalter festgestellt hätten. Die Forscher hatten nicht weniger als 507.215 Personendaten von jungen Männern beim Eintritt in die Armee untersucht. Die Daten wurden in einem Zeitraum von 10 Jahren erhoben. Es stellte sich heraus, daß die jungen Männer, die im Frühjahr geboren wurden, im Schnitt größer waren als die im Herbst Geborenen. Bei einer so hohen Stichprobenzahl kann kaum noch von Zufall die Rede sein. [Quelle: Bild der Wissenschaft, Nature]

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