pts20041014052 Politik/Recht

Gewerbeverein: Wissen Sie was ein Dragomane ist?

Türkei-Beitrittsverhandlungen fordern nach österreichischen Diplomaten!


Wien (pts052/14.10.2004/21:22) Zum Erstellen des EU-Kommissionsbericht über den Beginn der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei beschäftigte Verheugens Kommissariat ein Team von Dragomanen. Dragomanen sind jene Übersetzer, die dem Orient den Okzident erklären und umgekehrt. Nun steht der Österreichische Gewerbeverein (ÖGV) zu offenen Beitrittsverhandlungen der EU mit der Türkei.

Er erlaubt sich nur die Frage zu stellen, ob jetzt zu den 440 möglichen Übersetzungskombinationen innerhalb der EU-25 nach einem Türkei-Beitritt noch einmal weitere 440 hinzu kommen, die jede Kombination okzidentalisch-orientalisch erklären.

Zwei Schlüsse lässt die Beschäftigung der Dragomanen zu:

+ Die Türken sind nicht fähig, ihre Form der Gesellschaft kosmopolitanen EU-Bürokraten verständlich zu machen. Im Großraum Istanbul kann dies nicht der Fall sein, weil die Bürger dort sehr wohl die westliche Lebensart kennen und auch nach ihren Grundsätzen - zumindest im wirtschaftlichen Bereich - agieren.

+ Oder aber die Türken sind nicht willens, eine friktionsfreie Kommunikation mit den EU-Granden zu führen. Dann sollte man sich aber in der EU Gedanken machen, was die Türkei denn überhaupt von der EU will.

Dass es nach all den Versprechungen nur fair sein kann, mit der Türkei offene Verhandlungen über einen EU-Beitritt zu führen, ist klar. Was die Türkei allerdings mit einer EU-Mitgliedschaft anfängt, ist wenig durchschaubar.
Wegfallen werden ganz bestimmt:

+ Agrarsubventionen im heutigen Ausmaß, . Gelder aus den Strukturfonds,

+ die Freizügigkeit von Dienstleistung und Arbeitsaufnahme für Türken

+ und eine Liberalisierung für Agrarexporte in die derzeitige EU-25.

Vielleicht können uns die Dragomanen - wenn sie schon viel Geld kosten - bei diesem Verständigungsproblem Orient/Okzident helfen. Immerhin wurde erst vor
Kurzem von der Grazer Wissenschaftlerin Michaela Wolf in einem Symposionsbeitrag die kritische Frage gestellt und vielleicht auch beantwortet: "Diplomatenlehrbuben oder angehende Dragomanen? Zur Rekonstruktion des sozialen "Dolmetschfeldes" in der Habsburgermonarchie im 18. und 19. Jahrhundert."

Wir im ÖGV hoffen jedenfalls, dass die EU-Kommission von keinen Diplomatenlehrbuben beraten wurde, als sie ein positives Urteil zum Verhandlungsbeginn abgab. Und für die Zukunft weisen wir jetzt schon darauf hin, dass wir von allen EU-Ländern sicher die längste Erfahrung mit Dragomanen haben. Wieder 440 oder mehr Stellen für Österreicher in Brüssel - und keiner geht hin!

(Ende)
Aussender: Österreichischer Gewerbeverein
Ansprechpartner: Dr. Herwig Kainz
Tel.: 01/587 36 3330
E-Mail: h.kainz@gewerbeverein.at
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