pts20041012042 Politik/Recht, Unternehmen/Wirtschaft

Gewerbeverein: Ethische Geldanlage ist im Kommen - so eine ÖGV-Diskussion!

Langsam sollten wir uns damit anfreunden, denn langfristig sind wir alle tot!


Wien (pts042/12.10.2004/19:52) In seiner Einleitung zur Podiumsdiskussion "Ethische Geldanlage - Moralischer Gewinn?" im Österreichischen Gewerbeverein (ÖGV) betonte Moderator, VÖWA-Landesleiter Walter M. Fink, dass ethische Veranlagungen im anglo-amerikanischen Raum durch den Einfluss von Methodisten und Quäkern eine Jahrhunderte alte Tradition aufweisen.
Friedrich Mostböck, Head of Research der Erste Bank Gruppe und gleichzeitig Obmann der Österreichischen Gesellschaft für Finanzanlayse betonte, dass der ethisch-moralische Anlagebezug aus dem in Skandinavien stark gewordenen CRM-Ansatz (Kundenbeziehungsmanagement) ableitbar ist. Der Stakeholder (das sind Investoren, Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten und all jene, die mit dem jeweiligen Unternehmen direkt kooperieren) hat ein Recht darauf, zu wissen, dass sich "sein" Unternehmen korrekt verhält. Der Kapitalmarkt mit der immer stärker werdenden Transparenz sei für diese Prüfung das geeignetste Medium.

Ökoanlage-Experte Rainhard Friesenbichler wies darauf hin, der er Mitte der 90er Jahre, als er seine Diplomarbeit zum Thema Ethische Geldanlage schrieb, noch in die USA zum Datensammeln pilgern musste. Er selbst berät über Blue Value Großinvestoren bei der Veranlagung in ethische Fonds und Aktien. In Kürze wird von Blue Value ein eigener ethischer Fond platziert. Für Friesenbichler kann man die Ethik von Finanzanlagen nur durch Ausschlusskriterien definieren. Nicht dabei ist jedenfalls, wer im Nuklear- oder Waffenbereich aktiv tätig ist. Um gleichzeitig seine Zweifel anzumelden - so Friesenbichler - in wie weit ein Pistolenhersteller, der nur Exekutivkörper zivilisierter Staaten beliefert denn unethisch handelt?

Gerhard Schweter, Vertriebsleiter der PartnerBank AG ist mit seinem Unternehmen gleich im doppelten Sinn ethisch bei der Veranlagung von Geld unterwegs. Er ist gleichzeitig auch Präsident der Two Wings Bewegung, die in der südlichen Hemisphäre Projekte für die Ausbildung von Frauen finanziert. Gespeist wird Two Wings aus freiwillig abgegebenen Anleger-Dividenden der PartnerBank-Klientel. Die Bank selbst bietet seit 1997 Öko-Aktienkörbe an. War anfangs bei den Anlegern Skepsis zu spüren, so nehmen sie dieses Angebot heute zunehmend an. Ökoanleger können zu dem schöne Erträge verbuchen, so Schweter. Zu diesem finanziellen Gewinn gesellt sich ein nicht zu unterschätzender moralischer. Philosophisch-realistisch wurde Schweter, als er anmerkte, "wir dürfen die Armut nicht importieren". Damit sei auch für die Realos unter den Anlegern ein Argument in Richtung ethischer Geldanlage gegeben. Auf die Frage, wie er sein Portfolio streuen würde, meinte Schweter: Fünfzig Prozent in ethisches Investment; man erzielt damit eine erhebliche Rendite und hat ein gutes Gefühl dabei.

Noch philosophischer dann Forstwirt und Stiftungsvorstand Alfred Prinz von und zu Liechtenstein, der sich auch in der Friedensforschung betätigt. Er ortet den Dreiklang der menschlichen Grundlagen bei Geld, Macht/Ruhm und Sex. Alle drei sind schmutzig und können sich gegenseitig substituieren. Bei uns muss das Geld sauber sein - womit nicht die Geldwäsche gemeint sei. Erst dann können wir uns als "gute Menschen" fühlen. Liechtenstein sieht einen direkten Weg von der Grünbewegung über Bioprodukte bis hin zum ethischen Investment. Gerade bei den beiden letztgenannten stellt man immer wieder fest, dass man Schwindlern aufsitzen kann. Liechtenstein fordert daher gesetzliche Qualitätsstandard für ethisches Investment. Gefragt, wie er denn Ethik definiere, stellte er klar, dass in unseren Breiten noch immer die christliche Wertebasis dafür stehe. Allerdings hat diese zum arbeitslosen Einkommen eine undifferenzierte bis ablehnende Haltung. Liechtenstein sieht den Ethikbegriff jedenfalls nicht auf Stakeholder beschränkt. Für ihn ist das Gemeinwohl der breitere Indikator für Ethik.

Langfristig - das war jedenfalls die vergemeinschaftete Ansicht am Podium - werden Unternehmen generell nur mehr dann überleben können, wenn sie ethische Mindeststandards einhalten. Zu langfristig fiel Liechtenstein dann das Wort des Ökonomiepapstes John Maynard Keynes ein: Langfristig sind wir alle tot!

Eigentlich sollten wir für unsere Erben aber auch zu unserer eigenen Beruhigung schon zuvor etwas mehr in ethische Investments fließen lassen.

(Ende)
Aussender: Österreichischer Gewerbeverein
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