pts20081106037 Technologie/Digitalisierung

EU Roaming-Regulierung gefährdet Telekommunikations-Standort Österreich


Wien (pts037/06.11.2008/17:15) Studie belegt: EU Roaming-Regulierung gefährdet Telekommunikations-Standort Österreich

Aktuelle Erhebungen des Telekommunikationsexperten Prof. Dr. Jörn Kruse von der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg zeigen EBITDA Einbußen in Höhe von 81,5 Millionen Euro bei den drei größten österreichischen Mobilfunkbetreibern mobilkom austria, T-Mobile Austria und Orange, die direkt auf die 2007 eingeführten Preisobergrenzen bei Sprach-Roaming zurückzuführen sind. Rückgänge haben direkten Einfluss auf die Investitionsbudgets dieser Betreiber. Im ersten Halbjahr 2008 sind diese im Vergleich zum ersten Halbjahr des Vorjahres um 41,2 % gesunken. Die drei Mobilfunkunternehmen warnen vor massiven Negativ-Folgen für den Telekommunikations-Standort Österreich, wenn weitere von der EU-Kommission angekündigte Maßnahmen zur Regulierung von Roaming umgesetzt werden.

Prof. Kruse, ein ausgewiesener Experte für Telekommunikationsökonomie und Kenner des österreichischen Mobilfunkmarktes, hat in einer aktuellen Erhebung die Auswirkungen der Mitte 2007 in Kraft gesetzten Preisobergrenzen für Sprach-Roaming analysiert. Die wichtigsten Erkenntnisse aus seiner Analyse zeigen ein dramatisches Bild: Die direkt auf die Regulierung zurückzuführenden EBITDA Einbußen betragen bislang in Summe über 80 Millionen Euro für mobilkom austria, T-Mobile Austria und Orange. Derartige Verluste haben direkten Einfluss auf die Investitionsvolumina. Gesamt sind die Investments der drei genannten Betreiber im ersten Halbjahr 2008 verglichen mit dem ersten Halbjahr 2007, also vor Einführung der Preisobergrenzen, um 41,2 % gesunken. In absoluten Zahlen bedeutet dies 128,3 Millionen Euro im ersten Halbjahr 2008 versus 218,2 Millionen Euro im ersten Halbjahr 2007.

Prognostizierte Nutzungssteigerungen durch Preissenkungen nicht eingetreten
Die von der EU Kommission prognostizierten Mengeneffekte haben sich nicht eingestellt: Zwar ist der Durchschnittspreis pro Roaming-Minute (für aktive und passive Gespräche) um jeweils 43 % gesunken, allerdings verzeichnen die drei Betreiber bei den aktiven Roaming-Minuten nur Zuwächse von 3,7 %, bei den passiven Minuten 10,3 %. Die Preissenkungen konnten also nicht durch mehr Telefonate kompensiert werden. Seit der Einführung der Preisobergrenzen für Sprach-Roaming sind die Umsätze der drei größten heimischen Netzbetreiber aus aktiven Roaming Minuten um 41,4 % gesunken. Bei den passiven Roaming Minuten betragen die Einbußen 37,4 %. Auch hier wurden die Werte des 1. Halbjahres 2007 mit jenen aus dem ersten Halbjahr 2008 verglichen. Prof. Kruses Schlussfolgerung: "In Österreich besteht im Mobilfunk seit seiner Liberalisierung ein intensiver Wettbewerb, der zu erheblichen Preissenkungen zum Vorteil der österreichischen Kunden geführt hat. Als Folge der zentralen Eingriffe der Europäischen Kommission in Teilbereiche der Preisgestaltung sind sogenannte Wasserbetteffekte, d. h. negative Auswirkungen auf nationale Preisstrukturen, eine mögliche Folge dieses Vorgehens."

Die Rolle Österreichs als Innovationsmotor der Mobilfunkbranche ist gefährdet
"Der österreichische Mobilfunkmarkt zeichnet sich durch drei Aspekte aus: Eine extrem hohe Durchdringung von 122,5 % (Stand Ende September 2008), die niedrigsten Preise im internationalen Vergleich sowie eine international anerkannte hohe Innovationskraft", beschreibt Dr. Hannes Ametsreiter, Marketing-Vorstand mobilkom austria und Telekom Austria, die Ausgangs-Situation. "Die Pläne der EU Kommission, weitere Eingriffe in die Roaming-Preisgestaltung bei SMS und Daten vorzunehmen und auch Vorgaben für die Taktung zu machen, stellt eine massive Gefahr für den Mobilfunkstandort Österreich dar. Wenn wir durch solche Verordnungen dazu gezwungen werden, unsere Investitionen zu reduzieren, wird das mittelbar Folgen sowohl für den Standort Österreich und also auch für unsere Kunden haben", hält Ametsreiter weiter fest und warnt davor, dass durch die geplante Verschärfung der Roaming-Regulierung zusätzliche finanzielle Verluste in etwa gleicher Größenordnung zu erwarten sind.

Gesamtwirtschaftlicher Kontext wird außer acht gelassen
Wolfgang Kniese, CFO T-Mobile Austria, schlägt in dieselbe Kerbe: "Diese Erhebung bestätigt unsere Meinung, dass die Annahmen der Europäischen Kommission, der negative Effekt der Preissenkungen werde durch eine Zunahme des Verkehrs ausgeglichen, unrichtig waren. Langfristig führt das zu nachhaltig negativen Effekten für die Gesamtbranche. Im aktuellen gesamtwirtschaftlichen Kontext ist dieses Vorgehen kontraproduktiv zu der politischen Absicht der EU, Wachstum durch Investitionen zu fördern."

Schwächung der gesamten Branche
"Österreich ist als klassisches Tourismusland von einer Roaming-Regulierung wesentlich stärker betroffen als viele andere EU-Mitgliedsstaaten", so Orange CEO Michael Krammer. Während hier die Anzahl der Minuten, die Besucher aus dem Ausland in österreichischen Netzen telefonieren, infolge der guten Wintersaison und der Fußball Europameisterschaft als zwei Sondereffekte um 24 % gestiegen ist, sind Umsätze pro Minute um 44,8 % gesunken. Krammer hält daher fest: "Insbesondere eine Absenkung der Vorleistungsentgelte bringt keinerlei Verbesserung für den österreichischen Konsumenten. Im Gegenteil, sie führt aufgrund der Besonderheiten des österreichischen Marktes als Tourismusland mit wesentlich mehr Teilnehmern fremder Netzbetreiber, die in Österreich Roaming betreiben als umgekehrt, zu einem Kapitalabfluss in Millionenhöhe ins Ausland. Insgesamt wird die gesamte europäische Branche geschwächt, und die österreichischen Betreiber trifft es besonders stark."

Prof. Dr. Jörn Kruse
Jörn Kruse ist seit 1998 Professor für Wirtschaftspolitik an der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg. Seine Forschungsschwerpunkte sind Wettbewerb und Regulierung, insbesondere in Netzindustrien, Wirtschaftspolitik und Politische Ökonomie, Telekommunikations- und Medienökonomie. Kruse hat in den Jahren 2001 bis 2003 den Wettbewerb auf dem österreichischen Mobilfunkmarkt ausführlich untersucht und die Ergebnisse in dem Buch Kruse, Jörn; Justus Haucap und Ralf Dewenter (2004), "Wettbewerb im Mobilfunk in Österreich", Baden-Baden (Nomos Verlag) publiziert. Im Jahre 2007 erhielt er von der österreichischen Regulierungsbehörde RTR den Auftrag, die Entwicklung der Telekommunikation und deren Regulierung in Österreich in den letzten 10 Jahren darzustellen und zu kommentieren. Die Ergebnisse sind in der Schrift Kruse, Jörn (2007), "10 Jahre Telekommunikations-Liberalisierung in Österreich", Schriftenreihe der Rundfunk- und Telekom-Regulierungs-GmbH, Wien, August 2007, nachzulesen.

Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an:

Werner Reiter, Pressesprecher mobilkom austria
Tel: +43 664 331 2720, E-Mail: w.reiter@mobilkom.at

Susanne Herrnberger-Naglis, Corporate Communications T-Mobile Austria
Tel: +43 676 710 97 55, E-Mail: susanne.herrnberger-naglis@t-mobile.at

Petra Jakob, Pressesprecherin Orange
Tel: + 43 1 27728 3400, E-Mail: Petra.Jakob@orange.co.at

(Ende)
Aussender: Hochegger|Com
Ansprechpartner: Mag. Beatrix Skias
Tel.: +43 664 434 24 21
E-Mail: b.skias@hochegger.com
|