pte20231207003 Medien/Kommunikation, Politik/Recht

"Babuschka Z" polarisiert das Social-Web

Finnische Wissenschaftler untersuchen internationale Diskussion um ein umstrittenes Video


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Mit "Z" markiert Russland Fahrzeuge im Krieg gegen die Ukraine (Bild: Wilfried Pohnke, pixabay.com)

Helsinki (pte003/07.12.2023/06:10)

In den sozialen Medien ist ein verbaler Krieg über den realen Überfall Russlands auf die Ukraine entbrannt. Marja Lönnroth-Olin von der Universität Helsinki macht das an der Reaktion des internationalen Social-Media-Publikums auf eine auf YouTube veröffentlichte Begegnung fest. Darin begrüßt eine ältere Frau, von der Russen-Propaganda als "Babuschka Z" bezeichnet, ukrainische Soldaten, indem sie eine sowjetische Flagge schwenkt. Einer der Soldaten nimmt sie ihr ab und tritt darauf. Die Frau sagt auf Russisch: "Meine Eltern sind für diese Flagge gestorben, und jetzt treten Sie darauf."

Gespaltene Meinungen

Das Video ging schnell viral. Die Frau wurde zum Symbol "Babuschka Z", das auch außerhalb der sozialen Medien in Zeichnungen, Wandgemälden und Statuen aufgetaucht ist. Sie wurde verwendet, um russische Militäraktionen zu rechtfertigen und die russische Version der Legitimität des völkerrechtswidrigen Invasionskrieges gegen die Ukraine zu unterstützen.

"Menschen in den sozialen Medien nutzen ihre eigenen Versionen von Geschichte, Erbe, Traditionen und Generationen, um entweder den Angriff Russlands oder die Verteidigung der Ukraine zu rechtfertigen", sagt Lönnroth-Olin und ergänzt: "Einerseits basiert die Vergangenheit auf einem nostalgischen Narrativ der sowjetischen Vorherrschaft, in dem die Verwestlichung als zerstörerisch für die nationale Identität angesehen wurde. Im Gegensatz dazu stellt eine zukunftsorientierte Erzählung die Vergangenheit als eine rückständige Ära der sowjetischen Unterdrückung dar, von der sich die Menschen lösen wollen."

Viel Instrumentalisierung

Lönnroth-Olin nach gelten Frauen traditionell als Schutzobjekte, als Symbole für die Reinheit der Nation und ihrer Grenzen. Andererseits wurden Frauen auf der Gegenseite dämonisiert, wodurch Gewalt gegen sie gerechtfertigt wurde. Tatsächlich werden der Trennung zwischen "wir" und "sie" sowie zwischen moralischen und unmoralischen Akteuren auch geschlechtsspezifische Bedeutungen zugewiesen.

"In Kommentaren zur Verteidigung des russischen Angriffs wird die Frau im Video als schwach und schutzbedürftig sowie als Mutter der Nation oder Symbol nationaler Moral dargestellt. In solchen Fällen werden ukrainische Soldaten entweder als feige oder unehrenhaft dargestellt und dadurch als unzulänglich eingestuft", so Lönnroth-Olin.

Gleichzeitig wird in Kommentaren zur Unterstützung der Verteidigung der Ukraine die Frau in der Begegnung nicht nur als ältere Person dargestellt, die in der Vergangenheit feststeckt und nicht ernst genommen werden sollte, sondern auch als Verräterin der Nation. In diesen Kommentaren repräsentieren ukrainische Soldaten eine heldenhafte Generation, die in die Zukunft blickt.



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