pte20210615001 Medizin/Wellness, Forschung/Entwicklung

Vitamin D: Neuer Ansatz gegen Opioidsucht

Mangel ändert laut Forschern des Massachusetts General Hospital die Wirkung von Opioiden


Sonne: Vitamin D ist lebensnotwendig (Foto: pixabay.com, Jill Wellington)
Sonne: Vitamin D ist lebensnotwendig (Foto: pixabay.com, Jill Wellington)

Boston (pte001/15.06.2021/06:00)

Vitamin-D-Mangel erhöht das Verlangen und die Wirkung von Opioiden sehr stark. Damit erhöht sich laut einer Studie unter der Leitung Massachusetts General Hospital (MGH) https://www.massgeneral.org das Risiko einer Abhängigkeit und Sucht. Die in „Science Advances" veröffentlichten Forschungsergebnisse legen nahe, dass die Behandlung des verbreiteten Problems des Vitamin-D-Mangels mittels kostengünstiger Nahrungsergänzungsmittel eine Rolle bei der Bekämpfung der andauernden Plage der Opioidsucht sein könnte. 

Frühere Studien von David E. Fisher legten die Grundlagen. 2007 fanden die Forscher etwas Unerwartetes heraus: Der Kontakt mit UV-Strahlung, vor allem UVB-Strahlen bringt die Haut dazu, das Hormon Endorphin zu produzieren, das chemisch mit Morphium, Heroin und anderen Opioiden verwandt ist. Sie alle aktivieren die gleichen Rezeptoren im Gehirn. In einer weiteren Studie fand Fisher heraus, dass der Kontakt mit UV-Strahlung die Endorphin-Werte bei Mäusen erhöht, die in der Folge ein Verhalten zeigten, das dem einer Opioidsucht entsprach. 

Endorphin wird manchmal als Glückshormon bezeichnet, da es ein Gefühl einer leichten Euphorie auslöst. Studien sind davon ausgegangen, dass das Bedürfnis mancher Menschen sich zu sonnen oder ins Solarium zu gehen, das Verhalten von Opioidsüchtigen spiegelt. Das Team um Fisher vermutete, dass Menschen UVB-Strahlen suchen, da sie unwissentlich ein Verlangen nach dem Endorphinrausch haben. Das würde aber einen großen Widerspruch bedeuten. „Warum sollten wir uns dahingehend entwickeln, dass unser Verhalten uns mit dem am meisten verbreiteten Karzinogen in Kontakt bringt? Der Kontakt mit der Sonne ist die Hauptursache für Hautkrebs, ganz abgesehen von Falten und anderen Schädigungen der Haut.

[b]Sonne für Vitamin D[/b]

Fisher geht davon aus, dass die einzige Erklärung dafür, warum Menschen und andere Tiere den Kontakt mit der Sonne suchen, ist, dass die UV-Strahlung für die Produktion von Vitamin D notwendig ist.  Dieses Vitamin kann der Körper nicht selbst herstellen. Vitamin D fördert die Aufnehme von Kalzium, das für den Aufbau der Knochen von entscheidender Bedeutung ist. Als in prähistorischen Zeiten Stämme von Menschen Richtung Norden wanderten, könnte eine evolutionäre Veränderung erforderlich gewesen sein, um die Menschen dazu zu bringen, an bitterkalten Tagen die Höhle zu verlassen und in die Sonne zu gehen. Sonst wären kleine Kinder an den Folgen eines fortgesetzten Vitamin-D-Mangels gestorben, der Ursache für Rachitis. Wenn die Menschen auf der Flucht vor Raubtieren waren, hätten die Knochen brechen können und sie so angreifbar gemacht werden. 

Diese Theorie brachte die Forscher dazu, die Hypothese aufzustellen, dass der Sonnenhunger von einem Vitamin-D-Mangel angetrieben wird. Das Ziel dabei ist, die Erhöhung der Synthese des Hormons, um das Überleben sicherzustellen. Ein Vitamin-D-Mangel hingegen dürfte den Körper auch empfindlicher für die Wirkung von Opioiden machen und so potenziell zu einer Sucht beitragen. „Unser Ziel in dieser Studie war, die Beziehung zwischen der Vitamin D Signalgebung im Körper und den UV suchenden und Opioid suchenden Verhalten, zu verstehen," erklärt Forschungsleiter Lajos V. Kemény.

[b]Doppelarmige Studie[/b]

Die Wissenschaftler näherten sich der Fragestellung aus einer doppelten Perspektive. In einem Arm der Studie verglichen sie normale Labormäuse mit Mäusen, die über einen Vitamin-D-Mangel verfügten. Dieser Mangel wurde entweder durch eine besondere Zucht oder die Entfernung des Vitamin Ds aus ihre Nahrung erreicht. „Wir haben herausgefunden, dass das Regulieren der Vitamin-D-Werte mehrere Suchtverhalten auf UV und Opioide verändert. Bedeutsam ist, dass als die Mäuse mit einer geringen Dosis von Morphium konditioniert wurden, suchten die Tiere mit zu wenig Vitamin D weiterhin nach der Droge. Dieses Verhalten war bei den normalen Mäusen seltener. Wurde das Morphium entzogen, reagierten Mäuse mit niedrigen Vitamin-D-Werten wahrscheinlicher mit Entzugserscheinungen. 

[b]Stärkere Reaktion auf Opioide[/b]

Die Studie fand auch heraus, dass Morphium bei Mäusen mit einem Vitamin-D-Mangel als Schmerzmittel wirksamer war. Das Opioid führte bei diesen Tieren zu einer übertriebenen Reaktion. Sollte das auch bei Menschen der Fall sein, sei das so Fisher, ein Anlass zur Besorgnis. Man stelle sich einen Chirurgie-Patienten vor, der nach einer Operation Morphium erhält. Verfügt diese Person über einen Vitamin-D-Mangel, könnte die euphorisierende Wirkung stärker und damit die auch die Wahrscheinlichkeit einer Sucht. 

[b]Krankenakten bestätigen Hypothesen[/b]

Zusätzlich wurden für die Studie mehrere Analysen von Krankenakten durchgeführt. Eine zeigte, dass Patienten mit leicht niedrigen Vitamin-D-Werten um 50 Prozent wahrscheinlicher Opioide konsumierten als Personen mit normalen Werten. Bei Patienten mit einem schweren Vitamin-D-Mangel stieg die Wahrscheinlichkeit auf 90 Prozent. Laut Fischer könnte eine der entscheidenden Erkenntnisse der Studie bedeutende Auswirkungen haben. „Als wir die Vitamin-D-Werte der Mäuse mit Mangelerscheinungen korrigierten, wurde ihre Reaktion auf Opioide umkehrt und entsprach wieder den normalen Werten. Bei Menschen ist der Vitamin-D-Mangel weit verbreitet. Laut Fisher ist eine Behandlung jedoch sicher und leicht möglich.

(Ende)
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