pte20210520028 Politik/Recht, Medien/Kommunikation

EU überlebt nur durch Weiterentwicklung

Experten diskutieren in Fresach neben Corona-Management auch Perspektiven für die Zukunft


EU-Bürger: Weiterentwicklung gut (Foto: unsplash.com/Henri Lajarrige Lombard)
EU-Bürger: Weiterentwicklung gut (Foto: unsplash.com/Henri Lajarrige Lombard)

Fresach (pte028/20.05.2021/13:59)

In der Pandemie hat sich die Europäische Union eigentlich recht gut bewährt. Damit das gesamteuropäische Projekt wirklich Zukunft hat, braucht es aber den Willen zu Veränderungen. So weit waren sich die Teilnehmer des Podiumsgespräch „Neue Globalisierung, alte Nationalismen" im Rahmen des Europaforums der siebten Europäischen Toleranzgespräche http://fresach.org heute, Donnerstag, einig. Wichtige Fragen sind dabei die Rolle der Nationalstaaten und der Bürger.

Europäische Weiterentwicklung

Mit zunehmenden Impfzahlen neigt sich die COVID-19-Pandemie dem Ende zu. Wir wenden uns jetzt den Langzeitfolgen der Krise zu", meinte daher Ulrike Guérot, Leiterin des Department für Europapolitik und Demokratieforschung an der Donau-Universität Krems https://donau-uni.ac.at . Ein Hindernis für eine gesamteuropäische Lösung sozialer Folgen ist aus ihrer Sicht, dass diese unter nationalstaatliche Kompetenzen fallen. „Lasst uns doch wirklich europäische BürgerInnen sein", so ihre Forderung zur EU-Zukunftskonferenz. Denn eine Rechtsgleichheit für EU-Bürger wäre die Vollendung des europäischen Projekts.

Die Pandemie hat auch andere Schwächen des Ist-Zustandes der EU aufgezeigt. So betonte Helmut Tichy, Leiter des Völkerrechtsbüros im österreichischen Außenministerium, dass nicht die EU, sondern die Staaten über Reisebeschränkungen entschieden haben und dabei nicht restlos nachbarschaftlich agierten „Man hat sich immer über das Handeln der anderen beschwert", kritisierte er. Positiv vermerkte er dagegen, dass die EU durch ein gemeinsames Bestellen von Impfstoffen gute Preis aushandeln konnte.

Unvorstellbare Einigkeit

Auch haben die EU-Mitgliedsstaaten die europäische Qualitätskontrolle von Impfstoffen akzeptiert haben, betonte wiederum Heinz Nussbaumer, Herausgeber von „Die Furche" https://furche.at . „Das wäre vor wenigen Jahren unvorstellbar gewesen", meinte er. Über den Umgang mit der Pandemie insgesamt urteilte der Journalist doch positiv: „Europa und Österreich haben sich nicht so schlecht bewährt."

Nussbaumer betonte indes, dass der durch Frankreich und die Niederlande abgelehnte Verfassungsvertrag der EU mehr Kompetenzen in Sachen Pandemiebekämpfung gegeben hätte. Aus seiner Sicht wäre das wünschenswert. „Man muss diskutieren, ob der Mechanismus der Einstimmigkeit sinnvoll ist", meinte wiederum der Osteuropa-Experte Cornelius Granig. Mehrheitsentscheidungen, die ewige Diskussionen verhindern, seien womöglich sinnvoller. Dem stimmte insbesondere Tichy zu, da das Einstimmigkeitsprinzip auf EU-Ebene letztendlich viel verhindere und verwies auch auf mögliche Blockaden durch Polen oder Ungarn.

Direkte Mitbestimmung statt Nationalismus

„Es gibt eine Renaissance des Nationalismus", monierte auch der EU-Insider Michael J. Reinprecht. Dabei habe schon der fränzösische Präsident Mitterand Mitte der 90er gewarnt: „Nationalismus bedeutet Krieg." Er setzt eine gewisse Hoffnung in die EU-Zukunftskonferenz und geht davon aus, dass EU-Bürger durchaus an der Diskussionteilnehmen werden. Eigentlich müssten diese auf EU-Ebene wirklich mitbestimmen können. „Letztlich ist die EU ein nachnationales Projekt", meinte er.

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