pte20210119023 Medizin/Wellness, Forschung/Entwicklung

Spuren von Vernachlässigung werden vererbt

Gehirn-Scans von Kindern zeigen oftmals eindeutige Veränderungen und prägen Wahrnehmung


Mutter und Kind: Traumata betreffen beide (Foto: pixabay.com, marcinjozwiak)
Mutter und Kind: Traumata betreffen beide (Foto: pixabay.com, marcinjozwiak)

Atlanta (pte023/19.01.2021/13:50)

Frühe Lebenserfahrungen können eine überdimensionale Auswirkung auf die Entwicklung des Gehirns und die neurobiologische Gesundheit haben. Diese Auswirkungen können laut einer Studie unter der Leitung der Emory University http://www.emory.edu auch an die folgenden Generationen weitergegeben werden. Die minderjährigen Kinder von Müttern, die als Kinder emotional vernachlässigt worden waren, zeigten bei Angstreaktionen und Angstgefühlen veränderte Schaltkreise im Gehirn. 

Laut der Forschungsleiterin Cassandra Hendrix zeigen diese Forschungsergebnisse, dass die Entwicklung unserer Gehirne nicht nur dadurch geformt wird, was in unserem eigenen Leben geschieht, sondern auch durch Dinge beeinflusst wird, die unseren Eltern zugestoßen sind noch bevor wir gezeugt wurden. 

[b]Gehirnscans zeigen Veränderungen[/b]

Die Forscher untersuchten 48 schwarze Mutter-Kind-Paare ab dem ersten Trimester der Schwangerschaft. Die Mütter erhielten einen Fragebogen zu Traumata in der Kindheit also frühen Erfahrungen von Missbrauch und Vernachlässigung. Die Mütter wurden auch in Hinblick auf aktuellen vorgeburtlichen Stress, Angstgefühle und Depressionen untersucht. Einen Monat nach der Geburt wurde bei den Kindern Gehirnscan mittels funktioneller MRT im Ruhezustand durchgeführt. Dieses nicht-invasive Verfahren konnte eingesetzt werden, während die Kinder schliefen. 

Die Wissenschaftler konzentrieren sich auf die Verbindungen im Gehirn zwischen der Amygdala, die eine zentrale Rolle bei der Verarbeitung von Angstgefühlen spielt, und zwei weiteren Regionen des Gehirns und zwar dem präfrontalen Cortex und dem anterioren cingulären Cortex. Beide Regionen spielen bei der Regulierung von Emotionen eine Schlüsselrolle. Babys, deren Mütter in der Kindheit eine emotionale Vernachlässigung erlitten hatten, verfügten über stärkere funktionelle Verbindungen zwischen der Amygdala und den kortikalen Bereichen. 

Nachdem die aktuellen Stresswerte der Mütter kontrolliert worden waren, zeigte sich, dass je mehr emotionale Vernachlässigung eine Mutter selbst erlebt hatte, desto stärker war die Amygdala des Kindes mit den frontalen kortikalen Regionen verbunden. Körperlicher Missbrauch oder Vernachlässigung der Mutter standen nicht mit einer stärkeren Konnektivität in Zusammenhang. Die Studienergebnisse legen nahe, dass emotionaler Missbrauch in der Kindheit generationenübergreifende Auswirkungen auf die Gehirnstruktur und –funktion hat. 

[b]Verschiedene Deutungen möglich[/b]

Laut Hendrix ist die Bedeutung der stärkeren Verbindung bisher unklar. „Die neuronale Signatur, die wird bei den 1 Monat alten Kindern von emotional vernachlässigten Müttern beobachtet haben, könnte ein Mechanismus sein, der zu einem erhöhten Risiko für Angstzustände führt oder es könnte auch ein Kompensationsmechanismus sein, der eine Widerstandsfähigkeit für den Fall fördert, dass das Kind weniger unterstützende Betreuungspersonen hat.“ In jedem Fall scheint die emotionale Vernachlässigung der Mutter beim Kind eine neuronale Signatur zu hinterlassen, die dem Kind schon fast bei der Geburt dafür zu prädisponieren scheint, eine Bedrohung in der Umwelt zu erkennen. Die Forschungsergebnisse wurden in Biological Psychiatry: Cognitive Neuroscience and Neuroscience veröffentlicht. 

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