pte20111215003 Unternehmen/Wirtschaft, Technologie/Digitalisierung

Social-Media: Beeinflussung bringt Millionen

Crowdsourcing-Plattformen ermöglichen Manipulation im großen Stil


Online-Netzwerk: Nicht immer vertrauenswürdig (Foto: pixelio.de, S. Hofschläger)
Online-Netzwerk: Nicht immer vertrauenswürdig (Foto: pixelio.de, S. Hofschläger)

Berkeley (pte003/15.12.2011/06:10) Eine Untersuchung der University of California http://universityofcalifornia.edu ist laut Technology Review zum Ergebnis gekommen, dass Crowdsourcing-Plattformen in China und den USA gewerbemäßig missbraucht werden, um Debatten in sozialen Medien zu beeinflussen. Die so entstandene Multi-Millionen-Dollar-Industrie bezahlt Hunderttausende Menschen, um Wirtschaft und Politik eine wohlgewogene Öffentlichkeit zu garantieren.

"Bezahlte Facebook Einträge sind mittlerweile Teil von vielen Social-Media-Strategien. Dass Crowdsourcing eingesetzt wird, um den Einfluss zu potenzieren, kann ich mir gut vorstellen. Wenn der Trend in den USA schon weit verbreitet ist, kommt er bald auch zu uns", sagt Günter Jaritz von Social Media Consulting http://social-media-consulting.at gegenüber pressetext.

Hohe Qualität

Die US-Wissenschafter haben anfangs Crowdsourcing-Plattformen in China untersucht, nachdem ihnen auffiel, dass viele Beiträge, die Marken priesen oder versuchten Spam zu verbreiten, auf eine gemeinsame Agenda schließen ließen. Genauere Nachforschungen haben ans Licht gebracht, dass das an einem gemeinsamen Ursprung liegt. "Wir haben 'böses Crowdsourcing' in sehr großem Maßstab gefunden", sagt Forscher Ben Zhao. Die Qualität der Manipulationsversuche war zur Überraschung der Wissenschaftler hoch. Die Crowdsourcing-Plattformen zahlen nämlich nur Honorare im zweistelligen Centbereich. Die Beeinflussung von Social-Media-Debatten im großen Stil haben Aufdecker "crowdturfing" genannt.

Die Experten haben festgestellt, dass die zwei untersuchten chinesischen Plattformen zu 88 beziehungsweise 92 Prozent crowdturfing-Aufträge vergeben. "Diese Industrie setzt jetzt jedes Jahr Millionen um und wächst annähernd exponentiell", so Zhao. Auf Grund der Übermacht der "dunklen Seite der Macht" in China haben die Wissenschaftler auch Crowdsourcing-Plattformen in den USA untersucht. Auch hier ergab sich ein erschreckendes Bild: ShortTask, die zweitgrößte derartige Plattform der Vereinigten Staaten, besteht ebenfalls zu 95 Prozent aus croudturfing-Angeboten. Selbst Amazons "Mechanical Turk"-Plattform, die dubiose Machenschaften durch automatische Filter zu verhindern sucht, hatte noch einen crowdturfing-Anteil von zwölf Prozent.

Viele Anfragen

Das Problem mit crowdturfing-Kampagnen ist, dass sie im Gegensatz zu automatisierten Manipulationsversuchen relativ schwierig zu entdecken sind. Die Forscher vermuten aufgrund der extremen Verbreitung solcher Angebote, dass auch politische Kampagnen auf crowdturfing setzen. Jetzt wollen die Wissenschaftler Systeme entwickeln, um die bezahlte Beeinflussung gezielt aufzuspüren. An eine Gefahr für das System Social Media glauben Experten derweil noch nicht. "Ich weiß von Institutionen, die Personen stundenweise anstellen, um Stimmung in sozialen Netzwerken zu machen. Ich glaube, dass Social Media deshalb schon langsam einen schlechten Ruf bekommt. Mündige Nutzer lassen sich auf Dauer kaum manipulieren", gibt sich Jaritz optimistisch.

Clickworker http://www.clickworker.com , ein deutsches Pendant zu den untersuchten Plattformen, hat strenge Richtlinien bei der Annahme von Aufträgen. "Wir untersuchen jeden Auftrag. Zweifelhafte Angebote nehmen wir nicht an", so ein Mitarbeiter von Clickworker im Gespräch mit pressetext. Anfragen zu manipulativen Social-Media-Aufträgen gibt es aber sehr wohl. "Unternehmen sprechen uns etwa ein Mal die Woche auf solche Angebote an", sagt der Insider. Die etwa 155.000 Angestellten von Clickworker verfassen hauptsächlich Produktbeschreibungen und Übersetzungen, wie ein Blick auf die angebotenen Jobs bestätigt.

(Ende)
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