pte20110921032 Medizin/Wellness, Forschung/Entwicklung

Baby-Schmerzmittel: Stillen, Trösten, Hautkontakt

Zeit nach der Geburt prägt Schmerzwahrnehmung fürs ganze Leben


Neugeborenes: Kritische Zeit für Schmerzwahrnehmung (Foto: FlickrCC/Surfgirl)
Neugeborenes: Kritische Zeit für Schmerzwahrnehmung (Foto: FlickrCC/Surfgirl)

Hamburg/Gießen (pte032/21.09.2011/16:15) Durch Blähungen, Impfungen oder Untersuchungen erleiden Neugeborene schon in den ersten Lebenstagen häufig Schmerzimpulse. Je jünger sie sind, desto intensiver nehmen sie diese wahr, wobei besonders Frühchen sehr empfindlich sind. Medikamente sind in den ersten Lebenstagen noch kaum einsetzbar. Stillen, Schnuller, Massage oder Körperkontakt sind jedoch erstaunlich gute Schmerzlinderer, berichten Forscher am Europäischen Schmerzkongress http://efic.org in Hamburg.

Heilende Muttermilch

95 Prozent der Neugeborenen in Intensivstationen haben häufig Schmerzen, die bei jedem Vierten sogar stärker ausfallen, zeigen Forscher der Universität Lissabon http://iscsp.utl.pt . Meist wendet das Personal nicht-medikamentöse Maßnahmen wie etwa Umlegen, Massagen oder Trösten sehr erfolgreich an. Sanfte Formen wie Stillen durch die Mutter oder Zuckergaben sollten jedoch noch stärker forciert werden, fordert Studienleiter Luis Bathalha . Dass das Stillen die Schmerzreaktion tatsächlich verringert, konnten Forscher der Universität Teheran http://ut.ac.ir/en bei Säuglingen im Rahmen einer schmerzhaften Impfung beweisen.

Neue Ergebnisse gibt es auch zur legendären "Känguru-Methode". Schon von früher weiß man, dass intensiver Körperkontakt zur Mutter ein Neugeborenes nicht nur wärmt, sondern auch zum Erhalt seiner Körperfunktionen beitragen kann (pressetext berichtete: http://pressetext.com/news/20100902004 ). Nun zeigte sich, dass dieser Kontakt auch die Schmerzreaktion verringert. "Außerdem gelangen Frühchen auf diese Weise rascher zur normalen Herzfrequenz und schlafen häufiger durch", berichten Forscher aus Portugal und Kanada.

Auswirkungen bis ins Jugendalter

Zunehmend erkennt die Medizin, dass sich Früh- und Neugeborene in einer kritischen Phase der Schmerzverarbeitung befinden. Frühe Schmerzimpulse können die noch nicht ausgereifte Schmerzhemmung prägen, lebenslang überempfindlich machen und auch zu chronischen Schmerzen führen. "Jugendliche, die als Säuglinge operiert werden mussten, haben ein deutlich verändertes Schmerzmuster. Kurzfristige Reize spüren sie zwar zunächst weniger, bei Wiederholung sind sie jedoch deutlich schmerzsensibler, ähnlich wie chronische Schmerzpatienten", erklärt die Giessener Anästhesistin Christine Hermann.

Vermeidbare Schmerzen sollten Neugeborenen daher unbedingt erspart bleiben - was etwa auch Blutabnahmen nach der Geburt betrifft. In Panik sollten Eltern aber deshalb nicht verfallen, rät Hermann. "Die Schmerzreaktion eines Kindes wird auch durch das Verhalten der Eltern mitbestimmt. Statt ihrem Kind zu signalisieren, dass gerade etwas Schreckliches mit ihm geschieht, sollten sie besser eine aufmerksame, haltende, aber nicht dramatisierende Atmosphäre schaffen. Diese kann wie ein Puffer die Schmerzwahrnehmung dämpfen und verhindern, dass das Kind überempfindlich wird."

(Ende)
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