pte20091104002 Unternehmen/Wirtschaft, Handel/Dienstleistungen

Privat-Knast soll öffentliche Kassen schonen

Experte bezweifelt Zukunftsmodell von Public Private Partnership


Teilprivatisierungen bei JVAs umstritten (Foto: pixelio.de, Wayne Heffner)
Teilprivatisierungen bei JVAs umstritten (Foto: pixelio.de, Wayne Heffner)

Burg/Berlin (pte002/04.11.2009/06:00) Immer mehr notleidende deutsche Bundesländer lassen ihre Gefängnisse privat betreiben und sparen damit Jahr für Jahr Mio.-Beträge. So errichten und besitzen später nicht nur Baufirmen Justizvollzugsanstalten (JVA), auch kommt das Essen von ausgelagerten Dienstleistern. Dies hat für den Staat den Vorteil, dass er fast nur noch die Wächter zu bezahlen hat und immense Kosten an die Betreiber abtreten kann. Der Teilprivatisierungstrend in Deutschland setzte mit 2006 ein. Sogenannte Public Private Partnership helfen dabei, öffentliche Kassen zu schonen.

Privatisierungen geraten ins Stocken

"Public Private Partnership ist größtenteils individuelle Ländersache. Trotzdem herrscht auch bedingt durch die Finanzkrise in ihren drastischen Auswirkungen in Deutschland gegenwärtig eher Zurückhaltung bei der Teilprivatisierung von beispielsweise Gefängnissen vor", unterstreicht Helmut Dedy, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds e.V. http://www.dstgb.de , gegenüber pressetext. Der Trend gehe allmählich zurück. "Investitionen werden inzwischen wieder selbst in die Hand genommen, als das Tafelsilber zu verscherbeln. Cross-Border-Leasing-Verträge haben vielerorts mittlerweile ausgedient", verdeutlicht Dedy.

Bundesländer-Kooperationen für Unternehmen lukrativ

Für viele Unternehmen sind Kooperationen mit der öffentlichen Hand ein lohnendes Geschäft. Gefängnisse gehören zu den letzten staatlichen Institutionen, die nach diesem Modell gebaut und geführt werden. Viele Schulen und Rathäuser sind lange Zeit ähnliche Wege gegangen. Unternehmen sichern sich wie im Fall der im Frühjahr 2007 errichteten JVA Burg vom Land Sachsen-Anhalt Jahreseinnahmen. Beteiligte privatwirtschaftliche Partner des Bundeslandes sind sowohl der Baugigant Bilfinger Berger als auch der Essener Dienstleister Kötter.

JVA Burg in 25 Jahren von Sachsen-Anhalt abbezahlt

Bei der JVA Burg haben das Land und die Dienstleister einen 3.000 Seiten dicken Vertrag geschlossen und darin sämtliche Details geregelt. So läuft der Vertrag über 25 Jahre, wobei das Land nach dieser Zeit zum offiziellen Eigentümer ernannt wird. Dafür werden 1,7 Mio. Euro je Monat vom Land gezahlt. Bis dahin können sich die Justizvollzugsbeamten auf die Bewachung der Gefangenen konzentrieren, sagt Holger Johannes Lüth, Leiter der LVA Burg, in einem Bericht der Welt. In Burg entfallen nur rund 100 Mio. Euro des gesamten Investitionsvolumens auf die Baukosten, 412 Mio. Euro auf den 25-jährigen Betrieb. 25 Projekte hat Bilfinger derzeit.

Obwohl sich Hochtief oder Bilfinger von der Krise weitere Projekte erhoffen, glaubt Dedy nur bedingt daran. "Für die Städte und Gemeinden ist die eigene Wahrnehmung der Aufgaben wichtiger geworden", so der Fachmann. Rund 150 solcher Projekte laufen in Deutschland, darunter der vierspurige Warnowtunnel in Rostock, das Gladbecker Rathaus in Nordrhein-Westfalen oder 90 Schulen im Kreis Offenbach in Hessen. Der erste teilprivatisierte Knast startete 2006 in Hessen, zwei weitere folgten später in Bayern und Baden-Württemberg.

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