pte19990917016 Bildung/Karriere

Dramatischer Mangel an Physikern in Europa

Auch in Österreich nimmt die Anzahl der Physikstudenten ab


Wien (pte016/17.09.1999/12:54) Die Zahl der Physikstudenten nimmt stetig ab: gab es zu Beginn der 90er Jahre in Deutschland noch 10.000 Abiturienten, die ein Physikstudium aufnahmen, sank die Zahl im letzten Jahr auf knapp die Hälfte. Auch in den anderen EU Staaten ist die Zahl der Physiker rückläufig. Das schwindende Interesse betrifft sowohl Diplom- als auch Lehramstskandidaten. Auch in Österreich nimmt die Zahl der Physikstudenten ab.

Dramatisch sei die Situation auf den Instituten der Festkörper- und Experimentalphysik an der Universität Wien. Etwas besser ist die Lage an der Technischen Universität Wien. Prof. Hans Peter Winter, Vorstand des Instituts der Allgemeinen Physik an der Technischen Universität Wien, meinte gegenüber pressetext.austria: "Im Studienjahr 1989/90 hatten wir 250 Studienanfänger, in den letzten Jahren ist diese Zahl auf rund 100 gesunken. Generell ist eine Technikfeindlichkeit vorhanden, die sich durch eine geringere Neigung ein Technikstudium zu beginnen, abzeichnet. Die naturwissenschaftlichen Studien gelten generell als schwierig. Die Zahl der geisteswissenschaftlichen Sudienanfänger nimmt dagegen permanent zu, obwohl die Chancen auf einen Arbeitsplatz schwinden."

"Die Vorkenntnisse aus den Fächern Mathematik, Physik und Chemie werden immer geringer. Daher gibt es auch sinkende Studienzahlen bei den Fächern Chemie, Biochemie und Physik. Von den Absolventen wandern dann die meisten ins Ausland ab", meint Winter.

John Lewis, Vorstandsmitglied der Europäischen Physikalischen Gesellschaft (EPS) http://epswww.epfl.ch meint dazu: "Wir befinden uns in einer Krise. Nicht nur die Forschung an den Universitäten ist betroffen. Auch die High Tech Industrie, die in den kommenden Jahren um Nachwuchs bangt. Ähnlich ungünstig sehen nur die Absolventenzahlen bei Ingenieuren aus."

Siemens, größter Arbeitgeber von Physikern in Deutschland, ist besorgt, weil der Bedarf an Fachkräften nicht gedeckt werden kann. Mitglieder der Deutschen Physikalischen Gesellschaft werfen dem Konzern jedoch vor, vor zehn Jahren das Überangebot an Wissenschaftern nicht genützt zu haben. http://www.dpg-physik.de

Grund für die prekäre Situation, meinen die Wissenschafter, liege in der schlechten Physikausbildung in den Schulen, worunter das Image der Physik in der Öffentlichkeit gelitten hätte. Auch der Umstand dass Wissenschaft mit nuklearen Unglücken in Verbindung gebracht werde, schade dem Ansehen der Physik.

"Der Mangel an qualifizierten Lehrern ist ein Grund für die schlechte Schulausbildung. Junge Menschen werden nicht wirklich für die Physik begeistert. Und dies werde auch wieder durch die schlechte Bezahlung der Physiklehrer bedingt", meint Sir Arnold Wolfendale, EPS Präsident. Prof Winter sieht keine unqualifizierten Lehrkörper in Österreich, meint aber: " Die zwei Gegenstände Mathematik und Latein, die das analytische Denken fördern, stehen immer mehr auf der Abschussliste der Lehrpläne. Latein soll abgeschafft werden und der Standard in der Mathematik wird permanent nach unten gesetzt."

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