pte19981118002 Bildung/Karriere, Unternehmen/Wirtschaft

Junge Manager, ältere Untergebene - Konflikte vorprogrammiert

Audi AG entkoppelt Status, Hierarchie und Gehalt


Frankfurt (pte) (pte002/18.11.1998/07:00) In Japan behalten die Altgedienten noch lange nach Verlassen ihres offiziellen Postens Einfluß im Unternehmen; in den USA werden die Mitarbeiter je nach Projektlage flexibel zu einem Team zusammengestellt und wieder abberufen - und in hierzulande? Durch Reorganisationen, Abschaffung von Hierarchieebenen und Neuverteilung von Kompetenzen ergeben sich immer häufiger Konstellationen, wie sie in den USA schon längst Usus sind: Junge Führungskräfte bekommen Entscheidungsgewalt über ältere Vorgesetzte - ob in Start-Up-Unternehmen oder in etablierten Großunternehmen.

Bei Audi Deutschland wurden Status, Hierarchie und Gehalt voneinander entkoppelt, um Jüngeren Führungsfunktionen möglich zu machen, sagt Kurt Schmahl, 51, Maschinenbauingenieur und Diplomsoziologe, der seit 1995 die Abteilung Personal- und Organisationsentwicklung bei der Audi AG leitet. So kann man heute bei einem Mitarbeiter aufgrund einer Funktion keine Rückschlüsse mehr darauf ziehen, wieviel Geld er verdient. Die Frage, wieviel Gehalt jemand bekommt, ist allein von seinem persönlichen Verhalten und seiner persönlichen Leistung abhängig - und nicht mehr von seiner Position im Betrieb. Damit gibt es natürlich durchaus ältere, erfahrenere Mitarbeiter, die wesentlich mehr Geld verdienen als Leute, die jünger sind und in einer berichtsmäßig höheren Position stehen.

Jüngere Mitarbeiter müssen dabei systematisch lernen, was Führung heißt, und in eigenen Kursen und Projektarbeiten auch darauf vorbereitet werden. Dabei spielt die Frage "Wie gehe ich mit älteren Mitarbeitern um, und wie führe ich gestandene ältere Manager?" eine große Rolle. Bei Audi fangen die Teilnehmer mit einer Fremdbild /Selbstbild-Einschätzung an; sie lernen etwas über Dynamik in Gruppen und beschäftigen sich schließlich mit dem Thema "Was heißt für mich persönlich Führung - will ich das, kann ich das, traue ich mir das zu?". Führung ist a nicht nur etwas Positives, sondern hat auch stark negative Bestandteile - ob es nun um Mobbing, Alkohol oder Sexismus am Arbeitsplatz geht, sagt Schmahl.

Die schwierigste Situation stellt sich ein, wenn jemand in seiner Organisationseinheit vom Mitarbeiter zum Chef wird. Audi empfiehlt den Beteiligten dann immer, erst gar keinen Zweifel daran lassen, daß man jetzt Chef ist, und am besten auf die ehemaligen Kollegen offensiv zugehen und sagen: "Ich habe mit dieser Situation Probleme. Ich könnte mir vorstellen, daß ihr auch Probleme habt - die sollten wir am besten lösen!"

Laut Schmahl gibt es keine Führungsphilosophie, die man den Mitarbeitern überstülpen könne. Vor zehn Jahren gab es einen Führungsstern hier und eine Punktemethode da. Heute geht Audi davon aus, daß jeder so führen muß, wie es seiner Persönlichkeit entspricht. Man zeigt den Mitarbeitern im Curriculum lediglich auf, wie sie mit dem Verhalten, das sie heute praktizieren, negative Reaktionen auf der anderen Seite hervorrufen können. "Wir versuchen ihnen bewußt zu machen, was ihr Anteil an nicht ganz so gelungenen gruppendynamischen Situationen sein könnte. Daraus muß jeder für sich selbst ein Führungsmodell ableiten." http://www.flexible-unternehmen.de/a11-12-1.htm

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