pte20060217025 Forschung/Entwicklung

Auch Tiere können kausal denken

Forscherteam beweist: Nicht nur der Mensch versteht Zusammenhänge


Göttingen/Los Angeles (pte025/17.02.2006/13:50) Einem internationalen Wissenschaftsteam ist es gelungen zu beweisen, dass nicht nur Menschen, sondern auch Tiere über die Fähigkeit zu kausalem Denken verfügen. So sind Ratten in der Lage, nach passiver Beobachtung aufeinander folgender Ereignisse korrekte Vorhersagen über die Folgen eigener Handlungen zu treffen, auch wenn sie diese nie zuvor ausprobieren konnten, berichten die Forscher in der jüngsten Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Science http://www.sciencemag.org .

Das Forscherteam um die Psychologen Aaron Blaisdell von der University of California in Los Angeles und Michael Waldmann von der Universität Göttingen http://www.bio.uni-goettingen.de konnten erstmals nachweisen, dass das Verstehen kausaler Zusammenhänge nicht nur eine Kompetenz ist, über die nur der Mensch verfügt. "Bislang ging die Wissenschaft davon aus, dass Tiere erlebte Abfolgen lediglich dazu nutzen, um Assoziationen zwischen Ereignissen und deren Auswirkungen zu bilden", so Waldmann. Die experimentellen Studien hätten gezeigt, dass diese These nicht mehr haltbar sei.

Zu den fundamentalen Fähigkeiten von Tier und Mensch gehört es, künftige Ereignisse vorherzusagen. Experimente in der Vergangenheit haben gezeigt, dass Hunde in der Lage sind, assoziative Beziehungen - wie zum Beispiel zwischen Tönen und Futter - für Vorhersagen zu nutzen. Nun wollten die Forscher allerdings feststellen, ob Tiere auch ein tieferes Verständnis von Kausalität besitzen. "Wir sind in unseren Untersuchungen davon ausgegangen, dass Assoziationen häufig irreführend sind und nur gelegentlich die Kausalität der Welt widerspiegeln", so Waldmann. "So können Barometer zum Beispiel dazu genutzt werden, um Wettervorhersagen zu treffen, ohne dass diese technischen Geräte jedoch Ursache der Wetterentwicklung sind. Manipulationen des Barometers haben keinen Einfluss auf das Wetter."

"Diese Unterscheidung zwischen kausalen und statistischen Beziehungen ist wesentlich für ein Verständnis von Kausalität", so der Experte. Den Wissenschaftlern ist es darum gegangen, herauszufinden, ob auch Ratten zwischen solchen Zusammenhängen unterscheiden können. In einem ersten Experiment beobachteten Ratten in einer Lernphase, dass ein Lichtreiz regelmäßig von einem Ton als auch von Futter gefolgt war. Das Licht war also gemeinsame Ursache für zwei Effekte. Wurde den Ratten anschließend der Tonreiz allein dargeboten, dann erwarteten sie Futter und suchten dies an der Stelle, an der sie es zuvor erhalten hatten. "Diese Lernleistung deutet jedoch noch nicht zwingend auf kausales Denken, sie könnte auch Ausdruck assoziativen Lernens sein", erklärt Waldmann.

Um die Unterscheidung zwischen Assoziationen und Kausalität zu überprüfen, setzten die Wissenschaftler einen zweiten Test ein, indem den Tieren ein Hebel in den Käfig gelegt wurde, den sie noch nie vorher gesehen hatten. Wenn der Hebel aus Neugier betätigt wurde, kam ein Tonsignal. "Assoziationstheorien würden nun vorhersagen, dass die Tiere erneut nach Futter suchen sollten, weil der Ton in der Lernphase mit Futter assoziiert war", so Waldmann. Die Ratten verhielten sich aber anders. "Die Tiere schlossen korrekt, dass sie selbst die Ursache des Tonreizes waren und nicht das Licht. Deshalb erwarteten sie auch kein Futter." Ein zweites Experiment bestärkte die Vermutungen der Wissenschaftler. In dieser Testkonstellation lernten die Ratten, dass in einer kausalen Kette der Ton das Licht vorhersagte und dem Licht anschließend das Futter folgte. Daraufhin erwarteten die Tiere eine Futterportion unabhängig davon, ob sie den Ton einfach passiv hörten oder ihn durch Hebeldruck selbst erzeugten.

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