pte20111104023 Technologie/Digitalisierung, Medien/Kommunikation

Anonymous-Attacke auf Facebook steht bevor

Sicherheitsexperten zeigen sich kaum beunruhigt


Guy-Fawkes-Maske: Markenzeichen der Hacktivisten (Foto: FlickrCC/MattPandor4)
Guy-Fawkes-Maske: Markenzeichen der Hacktivisten (Foto: FlickrCC/MattPandor4)

Palo Alto/Wien (pte023/04.11.2011/13:55) Morgen, Samstag, soll aus den Reihen des Hacker-Kollektivs Anonymous ein Angriff auf das weltgrößte Social Network Facebook http://facebook.com erfolgen. Dies wurde bereits im Juli angekündigt. Sicherheitsexperten sind sich jedoch nicht sicher, ob überhaupt ein Angriff erfolgen wird und zeigen sich am Vorabend der geplanten Attacke wenig beunruhigt.

Große Worte der Hacktivisten

"Facebook gibt Daten an Regierungsorganisationen und Sicherheitsfirmen aus, damit diese Leute auf der ganzen Welt ausspionieren können", so die Begründung für die bevorstehende Offensive von Anonymous. "Wir werden Facebook zerstören", nahmen die Ersteller des im Sommer lancierten Videos den Mund sehr voll.

Was nun aber morgen wirklich passieren wird, darüber herrscht auch unter Sicherheitsexperten Unklarheit. "Es ist unklar, ob Anonymous Kenntnis von irgendwelchen Sicherheitslücken bei Facebook hat", schildert McAfee-Experte Toralv Dirro http://mcafee.com auf pressetext-Anfrage. "Daher können wir nicht sagen, ob etwas passiert." Aufgrund der gegebenen Informationslage wollte man hierzu keine weiteren Auskünfte geben. Beim Antivirenhersteller möchte man sich auf die Analyse etwaiger Attacken und Schäden konzentrieren, so diese morgen tatsächlich stattfinden.

Eine Frage der Agenda

Davon ist auch Joe Pichlmayr, Sicherheitsfachmann der Ikarus Security Software http://ikarus.at , nicht überzeugt. "Es gab im Umfeld von Anonymous rege Diskussionen darüber, ob Facebook überhaupt ein geeignetes Ziel für die Gruppierung ist", schildert er. "Kritisiert wird der Umgang mit Daten, andererseits ist die Plattform wiederum ein öffentliches Medium, deren User es freiwillig nutzen."

Er sieht auch nur wenig Möglichkeiten, einen effektiven Angriff auf Facebook durchzuführen, der mit der angenommenen Agenda von Anonymous kompatibel wäre. "Die einzige Möglichkeit wäre vielleicht, das Herausarbeiten und Bloßstellen der Verbindungen einzelner Personen, um Aufmerksamkeit in Sachen Datenschutz zu schaffen", so seine Vermutung. Die Effekte einer solchen Operation hält er jedoch nicht für nachhaltig, ebenso wie er auch nicht mit merkbarem Impact rechnet, sollte Facebook infolge eines Angriffs temporär nicht erreichbar sein.

DDoS oder Awareness-Kampagne

Eddy Willems, Security Evangelist bei G Data Software http://gdata.de , hält eine Vorhersage der morgigen Ereignisse ebenfalls für ein schwieriges Unterfangen. Für ihn gibt es zwei realistische Szenarien. So könnte die Server-Infrastruktur von Facebook mit einer DDoS-Attacke beeinträchtigt werden. "Ein solcher Angriff ist leicht durchführbar, der Ressourcenaufwand ist gering", erklärt er im pressetext-Interview. "Theoretisch könnten 1.000 PCs reichen, um Facebook vorerst lahmzulegen." Angeblich wurden die Pläne für einen Denial-of-Service-Angriff jedoch schon seitens der Hackergruppierung dementiert, Willems sieht auch nur kleine Teile der Anonymous-Bewegung hinter etwaigen Aktionen.

Die andere Variante wäre der Versuch, die Dienste von Facebook zu nutzen, um innerhalb des sozialen Netzwerks eine Botschaft zu verbreiten. Willems rechnet in jedem Fall damit, dass Facebook die Vorlaufzeit von mehreren Monaten genutzt hat, um einige Vorkehrungen für morgen zu treffen. Er nimmt nicht an, dass die Konten der einzelnen Nutzer in Gefahr sind. "Dies würde einen gezielten Angriff auf die Datenbank bedingen. Ich denke nicht, dass Anonymous über ausreichend Ressourcen zur Informationsbeschaffung und Durchführung einer solchen Operation verfügt."

Mächtiges Immunsystem

Auch bei Kaspersky http://kaspersky.de rechnet man nicht mit einer Überraschung. Laut einer Mitteilung fanden die Experten keinerlei Anzeichen für die Vorbereitung der angekündigten Zerstörung von Facebook. Man betont, dass Vertreter von Anonymous eine "offizielle" Involvierung in die angekündigte Attacke dementiert hätten.

Zugleich hält man das "Facebook Immune System" für eines der weitreichendsten IT-Verteidigungsnetzwerke. Es erfasst über 25 Mrd. Useraktionen pro Tag und kann verdächtige Verhaltensmuster in Echtzeit ermitteln. Kaspersky erwartet, dass ein Anonymous-Angriff keine nennenswerten Auswirkungen auf die Infrastruktur von Facebook haben wird.

Facebook fühlt sich sicher

Auch die Betroffenen selbst betonen den Umfang ihrer standardmäßigen Sicherheitsvorkehrungen und sehen keinen Anlass zur Sorge. "Wir erwarten einen möglichen Angriff von Anonymous genauso, wie wir andere Angriffe an jedem anderen Tag erwarten", so ein Facebook-Sprecher.

Trotz des medialen Rummels stehen die Chancen also gut, dass der 5. November spurlos am hunderte Mio. Nutzer fassenden Social Network vorüberziehen wird. Ein erfolgreicher Takedown würde nicht nur in Palo Alto für eine große Überraschung sorgen.



(Ende)
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