pts20181113036 Politik/Recht, Bildung/Karriere

Studie: Selbst der neue BAföG-Höchstsatz reicht in beliebten Hochschul-Standorten den Studierenden nicht zum Leben

Analyse Moses Mendelssohn Institut - Große regionale Unterschiede studentischer Lebenshaltungskosten


Berlin/Hamburg (pts036/13.11.2018/17:15) In 20 von 96 untersuchten Hochschul-Standorten liegen die Lebenshaltungskosten unter der heute von Bundesbildungsministerin Karliczek vorgeschlagenen Erhöhung der Ausbildungsförderung. Der Höchstsatz (ohne Kranken- und Pflegeversicherungs-Pauschale) soll von 649 auf 764 Euro steigen. Die begehrten Uni-Standorte mit noch höheren Lebenshaltungskosten umfassen mehr als ein Drittel der Studierenden. Das Moses Mendelssohn Institut ermittelte bundesweit die Ausgaben der Studierenden für Wohnung, Nahverkehr, Studium, Verpflegung und Lebenshaltung. In München kostet Studenten das Leben im Durchschnitt 1000 Euro pro Monat. In Ilmenau in Thüringen ist das Leben für Studierende mit 595 Euro am günstigsten. In Wismar, Chemnitz und Magdeburg liegen die Kosten bei 605 bis 630 Euro monatlich. Konservative Berechnung.

Die heute von Bundesbildungsministerin Anja Karliczek vorgeschlagene BAföG-Reform mit einer Steigerung des Höchstsatzes von 649 auf 764 Euro (inklusive der Kranken- und Pflegeversicherungspauschale von 735 auf 850 Euro) reicht in 20 Hochschulstädten nicht aus, um die täglichen Kosten zu decken. Zu diesem Ergebnis kommt das Moses Mendelssohn Institut (MMI) in einer bundesweiten Analyse. Die Wissenschaftler ermittelten Stadt für Stadt die unterschiedlichen Kosten für Wohnung, Nahverkehr, Studium, Lebenshaltung und Verpflegung. In den 20 begehrten Hochschulstädten mit Kosten über dem neuen BAföG-Höchstsatz studieren mehr als ein Drittel der Studierenden. "Wer dort eine eigene Wohnung benötigt und auf die staatliche Förderung angewiesen ist, wird sich finanziell auch künftig sehr stark einschränken müssen", erläutert Dr. Stefan Brauckmann, Direktor des Moses Mendelssohn Instituts. In den Städten studieren allerdings 850.000 der rund 2.800.000 Studierenden, so dass rechnerisch etwa ein Drittel der Studierenden von höheren Lebenshaltungskosten betroffen sind.

Die Stadt mit den teuersten Lebenshaltungskosten für Studierende ist München. Dort benötigen die jungen Leute mindestens 1000 Euro pro Monat, um finanziell einigermaßen über die Runden zu kommen. Heute sind das 351 Euro mehr als der aktuelle BAföG-Höchstsatz. Und selbst wenn die Pläne der Bildungsministerin umgesetzt werden, fehlen den Studierenden in der bayerischen Landeshauptstadt mit dem BAföG-Höchstbetrag immer noch 236 Euro, um finanziell über die Runden kommen zu können. Nebenjobs oder finanzielle Unterstützung von Eltern und Verwandten sind unverzichtbar.

Ortszuschlag für besonders hochpreisige Hochschulstandorte gefordert

Alleine 600 Euro entfallen in München auf die Kosten für einen WG-Platz, die eigentlich günstigste Wohnform jenseits der Unterkünfte bei Eltern oder Verwandten. "Somit hilft in solchen Städten die Erhöhung der Wohnkostenpauschale von 250 auf 325 Euro wenig, um ein Standardzimmer anmieten zu können." So liegt die neue Wohnkosten-Pauschale unter den bundesweiten Durchschnitts-Preisen für Zimmer in einer Wohngemeinschaft. Dieser beträgt 363 Euro, mit deutlich steigender Tendenz. Seit 2014 verteuerten sich die Zimmer um 40 Euro." Doch viele Studierende wenden sogar deutlich höhere Wohnkosten auf, weil sie nicht in einer günstigen Wohngemeinschaft leben, sondern eine eigene kleine Wohnung mieten.

Die Wohnkosten sind also der Hauptgrund für die die unterschiedlichen Lebenshaltungskosten. "Lokale Besonderheiten bei den Studierkosten dürfen nicht darüber entscheiden, ob jemand ohne finanzielle Unterstützung der Eltern studieren kann", für Dr. Brauckmann: "Wir plädieren deshalb für einen regional angepassten Ortszuschlag für besonders hochpreisige Hochschulstandorte."

Höhere BAföG-Sätze würden für etwas Entspannung sorgen

Brauckmann bestätigt, dass eine Erhöhung wie jetzt vom Bundesbildungsministerium geplant die Situation etwas entschärft. Bei den derzeitigen BAföG-Sätzen reicht in 88 von 96 Hochschulstandorten der Förderungs-Höchstsatz nicht, um finanziell über die Runden zu kommen. Lediglich in acht ostdeutschen Standorten ist das aktuell der Fall. Dr. Brauckmann: "Das zeigt, wie wichtig die angekündigten BAföG-Erhöhungen sind - auch wenn die neuen Sätze weiterhin für einen Teil der Studenten nicht ausreicht, um finanziell über die Runden zu kommen. Das trifft gerade in den begehrten und großen Hochschul-Standorten zu."

Schuld an dieser finanziellen Situation der Studierenden in begehrten Hochschulstädten haben laut MMI nicht nur die ständig steigenden Wohnkosten, sondern beispielsweise auch die Semesterbeiträge an staatlichen Schulen und die Studiengebühren, welche die Studierenden zwangsweise zahlen müssen. "Das Ergebnis ist umso erstaunlicher, weil wir bezüglich der Ausgaben sehr zurückhaltend kalkuliert haben und nur den Regelbedarf der sozialen Grundsicherung zugrunde gelegt haben", so Brauckmann: "Für viele Studierende dürfte der Alltag noch viel schwieriger sein."

Übersicht über die monatlichen Lebenshaltungskosten in deutschen Hochschulstädten mit mindestens 5000 Studierenden

BAföG Höchstsatz ohne Kranken und Pflegeversicherungs-Pauschale aktuell bei 649 Euro, ab 2019 voraussichtlich bei 764 Euro

Standortstaatliche Hochschulen, inkl. ÖPNVstaatliche Hochschulen, exkl. ÖPNVDavon Preise für einen Platz in einer Wohngemeinschaft
München1.000 Eur955 Eur600 Eur
Frankfurt am Main885 Eur850 Eur480 Eur
Stuttgart860 Eur815 Eur450 Eur
Hamburg850 Eur820 Eur450 Eur
Ludwigsburg825 Eur785 Eur420 Eur
Ingolstadt820 Eur780 Eur430 Eur
Berlin815 Eur785 Eur420 Eur
Köln810 Eur780 Eur420 Eur
Konstanz800 Eur785 Eur420 Eur
Freiburg im Breisgau795 Eur775 Eur407 Eur
Düsseldorf795 Eur760 Eur400 Eur
Wiesbaden795 Eur765 Eur400 Eur
Rosenheim785 Eur740 Eur385 Eur
Heidelberg780 Eur745 Eur380 Eur
Mainz775 Eur740 Eur375 Eur
Erlangen770 Eur720 Eur369 Eur
Tübingen; Rottenburg (Neckar)765 Eur745 Eur380 Eur
Alfter; Bad Honnef; Hennef; Rheinbach; Sankt Augustin765 Eur735 Eur375 Eur
Idstein, Oestrich-Winkel, Geisenheim765 Eur735 Eur370 Eur
Karlsruhe765 Eur740 Eur370 Eur
Reutlingen760 Eur740 Eur355 Eur
Darmstadt760 Eur705 Eur370 Eur
Nürnberg760 Eur725 Eur355 Eur
Heilbronn755 Eur730 Eur360 Eur
Bremen750 Eur715 Eur350 Eur
Esslingen; Nürtingen750 Eur720 Eur353 Eur
Mannheim750 Eur715 Eur350 Eur
Bonn745 Eur715 Eur353 Eur
Lüneburg745 Eur720 Eur342 Eur
Ulm740 Eur725 Eur350 Eur
Hannover740 Eur715 Eur330 Eur
Isny; Ravensburg, Weingarten740 Eur710 Eur360 Eur
Friedberg740 Eur725 Eur350 Eur
Münster740 Eur705 Eur347 Eur
Regensburg740 Eur720 Eur370 Eur
Marburg735 Eur705 Eur335 Eur
Augsburg735 Eur720 Eur369 Eur
Göttingen730 Eur700 Eur329 Eur
Braunschweig730 Eur700 Eur325 Eur
Oldenburg725 Eur690 Eur320 Eur
Meschede725 Eur695 Eur337 Eur
Deggendorf720 Eur690 Eur325 Eur
Aachen720 Eur695 Eur330 Eur
Gießen720 Eur680 Eur328 Eur
Krefeld720 Eur690 Eur323 Eur
Gummersbach720 Eur685 Eur310 Eur
Aalen; Schwäbisch Gmünd715 Eur705 Eur329 Eur
Würzburg715 Eur685 Eur350 Eur
Lübeck715 Eur695 Eur350 Eur
Trier715 Eur705 Eur325 Eur
Fulda710 Eur685 Eur315 Eur
Passau705 Eur700 Eur350 Eur
Landshut705 Eur705 Eur348 Eur
Osnabrück700 Eur670 Eur300 Eur
Landau in der Pfalz700 Eur665 Eur337 Eur
Bielefeld700 Eur675 Eur300 Eur
Essen (mit Universität Duisburg-Essen)700 Eur700 Eur305 Eur
Bochum700 Eur665 Eur300 Eur
Kassel700 Eur670 Eur305 Eur
Koblenz695 Eur665 Eur315 Eur
Kempten695 Eur690 Eur338 Eur
Potsdam695 Eur660 Eur303 Eur
Furtwangen; Villingen-Schwenningen695 Eur675 Eur300 Eur
Saarbrücken695 Eur675 Eur306 Eur
Dortmund695 Eur665 Eur300 Eur
Kaiserslautern690 Eur665 Eur308 Eur
Pforzheim690 Eur685 Eur320 Eur
Mönchengladbach690 Eur670 Eur295 Eur
Wolfenbüttel690 Eur655 Eur287 Eur
Vechta690 Eur665 Eur294 Eur
Greifswald685 Eur680 Eur289 Eur
Soest, Lippstadt685 Eur655 Eur297 Eur
Bamberg685 Eur665 Eur327 Eur
Hildesheim685 Eur650 Eur275 Eur
Rostock685 Eur650 Eur310 Eur
Wuppertal685 Eur645 Eur290 Eur
Rheine; Steinfurt680 Eur670 Eur290 Eur
Kiel680 Eur650 Eur313 Eur
Paderborn675 Eur640 Eur283 Eur
Detmold; Lemgo675 Eur645 Eur280 Eur
Siegen675 Eur640 Eur285 Eur
Coburg660 Eur655 Eur300 Eur
Frankfurt (Oder)660 Eur650 Eur273 Eur
Flensburg660 Eur655 Eur300 Eur
Bayreuth660 Eur640 Eur296 Eur
Dresden655 Eur630 Eur263 Eur
Jena655 Eur625 Eur275 Eur
Erfurt650 Eur630 Eur272 Eur
Cottbus640 Eur620 Eur250 Eur
Leipzig640 Eur615 Eur260 Eur
Freiberg; Mittweida635 Eur615 Eur231 Eur
Halle (Saale)635 Eur590 Eur255 Eur
Magdeburg630 Eur620 Eur266 Eur
Chemnitz620 Eur590 Eur230 Eur
Wismar605 Eur590 Eur232 Eur
Ilmenau595 Eur590 Eur231 Eur

Berechnungsgrundlage: WG-Kosten und relevante Pauschalen der Regelbedarfe Grundsicherung, sortiert nach staatlichen Hochschulen, (inkl. ÖPNV)

Über das Moses Mendelssohn Institut:
Die Moses Mendelssohn Institut (MMI) ist 2016 als GmbH gegründet worden. Alleinige Gesellschafterin ist die renommierte Moses Mendelssohn Stiftung unter dem Vorstand Prof. Dr. Julius H. Schoeps. Der Hauptsitz befindet sich in Berlin, mit Zweigstelle in Hamburg. Gegenstand des Unternehmens ist die Erstellung und Publikation von Gutachten sowie Studien zur Förderung wissenschaftlicher und kultureller Zwecke; hierbei insbesondere in den Forschungsgebieten der Stadt- und Regionalentwicklung, der Baugeschichte und des Denkmalschutzes, der Tourismus- und Verkehrswissenschaften sowie zur Analyse des gesellschaftlichen Wandels. Zu finden im Internet unter: http://www.moses-mendelssohn-institut.de

Für weitere Informationen, Städte-Auswertungen, Interview-Anfragen und Bildmaterial:
Wolfgang Ludwig, Ludwig Medien & Kommunikation
Tel.: +49 221-29219282, Fax: +49 221-29219283, Mobil: +49 171 - 93 35 134

(Ende)
Aussender: Ludwig Wolfgang
Ansprechpartner: Wolfgang Ludwig
Tel.: +49 221 29219282
E-Mail: mail@ludwig-km.de
Website: www.moses-mendelssohn-institut.de/
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