pte20250808016 in Leben

Selbstvergebung fällt vielen schwerer als gedacht

Schuldbehaftete Situationen der Vergangenheit lassen Betroffene laut australischer Studie nicht los


Schuldgefühle: Betroffene bleiben in Situationen gefangen (Foto: pixabay.com, octavio lopez galindo)
Schuldgefühle: Betroffene bleiben in Situationen gefangen (Foto: pixabay.com, octavio lopez galindo)

Adelaide (pte016/08.08.2025/10:30)

Sich selbst etwas zu verzeihen, fällt vor allem Menschen schwer, die Schuldgefühle haben und entsprechende Momente der Vergangenheit immer wieder durchleben. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie von Wissenschaftlern der Flinders University. Ihre Forschungsergebnisse publizierten sie vor Kurzem im Fachjournal "Self and Identity". In der Studie verglichen die Forscher persönliche Geschichten von 80 Personen, die sich entweder selbst vergeben hatten oder glaubten, das nie tun zu können.

Schuld- und Schamgefühle

Menschen, denen es schwer fiel sich zu vergeben, hatten oft das Gefühl, dass das fragliche Ereignis immer noch frisch in ihren Köpfen vorhanden war. Das konnte auch der Fall sein, wenn es bereits vor Jahren stattgefunden hatte. Sie erlebten diesen Moment immer und immer wieder und fühlten sich in der Vergangenheit gefangen. Das geschieht selbst dann, wenn die Betroffenen wissen, dass dieses Verzeihen gut für ihre psychische Gesundheit wäre. Für die Studie wurden reale Erfahrungen von Menschen untersucht, die nach einem fehlerhaften Verhalten oder einer schwierigen Situation in ihren Schuldgefühlen und ihrer Scham gefangen waren.

Die Betroffenen kämpften mit intensiven Gefühlen wie Schuld, Reue, Scham und Selbstvorwürfen. Laut Forschungsleiterin Lydia Woodyatt ist Selbstvergebung daher viel komplexer als einfach loszulassen. "Selbstvergebung ist nicht nur Weitermachen oder vergessen, was passiert ist", so Woodyatt. Auch jene, die sich verzeihen konnten, würden ab und zu an die fraglichen Ereignisse denken, fühlten manchmal Scham oder hätten Schuldgefühle.

Zukunft im Blick

Der Unterschied zu denen, die sich nicht verzeihen, besteht darin, dass diese Gefühle weniger intensiv und seltener auftreten und dieses Ereignis ihr Leben nicht mehr beherrscht. Diese Menschen unternahmen zudem bewusste Anstrengungen, sich auf die Zukunft zu konzentrieren, ihre Grenzen zu akzeptieren und ihre Werte wieder zu entdecken. Menschen, die das Gefühl hatten, einen für sie wichtigen Menschen im Stich gelassen zu haben oder sich selbst als ehemaliges Opfer fühlen, fällt es laut Studie am schwersten, ihren Lebensweg möglichst unbelastet fortzusetzen.

Woodyatt zufolge stellen die Forschungsergebnisse auch die Vorstellung in Frage, dass Selbstvergebung nur für Menschen bestimmt ist, die eindeutig etwas Falsches getan haben. "Eine Selbstverurteilung, Schuld und Scham treten auch bei Opfern oder in Situationen mit einem erhöhten Verantwortungsbewusstsein auf", so die Expertin. Dies sei sogar dann der Fall, wenn es keine Möglichkeit gegeben hätte, den Ausgang zu kontrollieren. Zudem handle es sich bei der Selbstvergebung um einen Vorgang, der Zeit, Reflexion und häufig die Unterstützung anderer Menschen benötigt.

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