pte20210819025 in Leben

Qualitäts-Check im Hirn erstmals überwacht

Max-Planck-Wissenschaftler ermitteln Proteinhaushalt mittels einer neu entwickelten Mauslinie


Verklumpte Zelle (Mitte) zeigt gestörten Proteinhaushalt (Foto: Blumenstock)
Verklumpte Zelle (Mitte) zeigt gestörten Proteinhaushalt (Foto: Blumenstock)

Martinsried (pte025/19.08.2021/13:30) Forscher an den Max-Planck-Instituten für Neurobiologie und für Biochemie http://neuro.mpg.de haben einen Maustyp entwickelt, der den Zustand des Proteinhaushalts erstmals im Gehirn von Säugetieren sichtbar macht. So lassen sich die Prozesse der Protein-Qualitätskontrolle in gesunden und kranken Nervenzellen genauer untersuchen.

Basis für neue Therapien

Um ihren lebenswichtigen Funktionen nachzugehen, müssen sich Proteine zu komplexen 3D-Strukturen falten. In der Zelle gibt es eine ganze Maschinerie, die Proteinen beim Falten hilft, fehlgefaltete Proteine korrigiert oder beseitigt. Als Art Qualitätskontrolle trägt das System damit zur Proteostase bei - der kontrollierten Funktion aller Proteine. In gesunden Zellen funktioniert diese Qualitätskontrolle sehr gut. Im Alter hingegen lässt sie allmählich nach.

Weil bei neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer, Parkinson oder Chorea Huntington fehlgefaltete Proteine das Qualitätskontrollsystem überlasten und nicht entsorgt werden, ist der neue Ansatz der Forscher interessant. Denn ein Verstärken der zellulären Qualitätskontrolle in Nervenzellen könnte eine vielversprechende Therapiemöglichkeit darstellen. Ohne dies reichern sich Proteine an, verklumpen und lagern sich schließlich ab. Je nach Erkrankung kann dies zur Beeinträchtigung des Gedächtnisses oder der Muskelkontrolle führen.

Proteostase-Sensor als Ziel

Um die Störungen in den einzelnen Krankheiten im Detail besser untersuchen zu können, entwickelten Wissenschafter:innen um Irina Dudanova eine neue Mauslinie. Mit dieser lässt sich der Proteostase-Zustand zum ersten Mal in Säugetier-Nervenzellen sichtbar machen. Dazu haben die Experten das Protein, welches normalerweise Leuchtkäfer zum Leuchten bringt, in die Nervenzellen der Maus eingeschleust.

Optimiert auf die Körpertemperatur des Käfers, benötigt das Protein in "wärmeren" Säugetieren unentwegt Hilfe beim Falten. Nur dann kann es seine korrekte Struktur einnehmen und Licht produzieren. Um dem Ort des Leucht-Proteins in der Zelle genau aufzuspüren, haben die Forscher es zusätzlich mit einem Farbstoff markiert. So zeigten sie, dass sich das Protein in gesunden Nervenzellen gleichmäßig verteilt und leuchtet. Ist die Protein-Qualitätskontrolle aber überfordert, verklumpt das Käferprotein und leuchtet nicht mehr so stark. Das Leuchtprotein dienst also als Proteostase-Sensor.

Die neu entwickelte Mauslinie kreuzten die Forschenden anschließend mit Mäusen, die unterschiedliche neurodegenerativen Erkrankungen nachbilden. In Mäusen, welche Anzeichen der Alzheimer-Krankheit aufweisen, verklumpte das Leuchtprotein und signalisierte eine starke Proteostase-Störung. Interessanterweise war dies in Chorea-Huntington-Mäusen nicht der Fall.

(Ende)
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