ptp20140402017 Politik/Recht, Medien/Kommunikation

Nur Irland bleibt jung: Europas Dynamik des Alterns

EurActiv.de informiert über Altersvorsorge im europäischen Vergleich


Berlin (ptp017/02.04.2014/10:00) EurActiv.de informiert: Der Alterungsprozess in den EU-Ländern hat höchst unterschiedliche Dynamiken. Einst "junge" Länder in Osteuropa zählen plötzlich zu den ältesten. So stehen nicht nur die heute schon alten Länder wie Deutschland und Italien vor Problemen, sondern auch Staaten, bei denen man es gar nicht vermutet.

Die Alterung der jeweiligen Bevölkerung ist neben dem Niveau der Sozialausgaben eine der beiden zentralen Größen, aus der sich die künftigen Lasten für die Sozialsysteme ableiten. Beide Felder werden in der Studie "Die Zukunfstfestigkeit der europäischen Sozialstaaten", die am Mittwoch kommender Wioche vorgestellt und am Donnerstag (10. April) debattiert wird, ausgiebig beleuchtet.

Betrachtet man über eine längere Sicht die Entwicklung des Altenquotienten (Generation 65+ im Verhältnis zur Bevölkerung im Alter von 15 bis 65), so lässt sich gut beobachten, wie einst "junge" Länder in Osteuropa plötzlich zu den ältesten zählen und damit einem erheblichem Anpassungsdruck ausgesetzt sind.

Es stehen in Europa also nicht nur die heute schon alten Länder wie Deutschland und Italien vor großen Herausforderungen, sondern auch Staaten, bei denen man es auf den ersten Blick gar nicht vermutet.

In der Studie zeigt sich, dass von knapp zwanzig Jahren von allen Ländern Schweden den höchsten Altersquotienten aufwies. Deutschland folgte damals - nach Großbritannien, Italien, Belgien, Dänemark und Frankreich - zusammen mit Österreich erst an sechster Stelle.
Viele der osteuropäischen Länder wiesen hingegen sehr geringe Altersquotienten auf.

Heute weisen Italien, Deutschland und Griechenland die höchsten Altersquotienten auf. Schweden ist etwas weniger stark gealtert und liegt jetzt nur noch auf Platz 4.

Demgegenüber sind Finnland, die baltischen Staaten und Rumänien ausgehend von ihrem geringeren Niveau ähnlich stark gealtert. Im Jahr 2060 werden entsprechend der Bevölkerungsprognosen von Eurostat die osteuropäischen Länder dann zu den ältesten in Europa zählen, sogar noch vor Deutschland und Italien.

Die vor zwanzig Jahren bereits vergleichsweise alten skandinavischen Länder werden gemäß der Prognosen im Jahr 2060 wieder - gemessen an der Entwicklung in den anderen EU-Ländern - zu den vergleichsweise jüngeren Ländern zählen. Das heute junge Irland wird als einziges Land auch künftig relativ jung bleiben.

Eine andere Studie befasst sich mit den Renten über Europa hinaus. Die OECD veröffentlichte das Papier "Renten auf einen Blick 2013". Es enthält vergleichende Indikatoren zu den Rentensystemen der OECD-Länder und großer Schwellenländer wie Argentinien, Brasilien, Indien oder Russland. Schwerpunkte: Was die Rentenreformen der vergangenen vier Jahre gebracht haben und welche Rolle Immobilienbesitz, Finanzvermögen und staatliche Leistungen für Rentner spielen.

In den OECD-Ländern hat sich die Rentenlandschaft in den letzten Jahren mit erstaunlicher Geschwindigkeit gewandelt. Nach jahrzehntelangen Debatten und teilweise auch politischem Stillstand haben zahlreiche Länder umfangreiche Rentenreformen in die Wege geleitet, u.a. mit Anhebungen des Rentenalters, neuen Methoden zur Berechnung der Rentenansprüche und sonstigen Maßnahmen zur Erzielung von Einsparungen in den Rentensystemen.

In vielen Ländern wurden schon vor der Wirtschaftskrise an Reformen gearbeitet, aber die Krise hat einen beschleunigenden Effekt gehabt.

Auf Renten entfällt überall ein großer Anteil der öffentlichen Gesamtausgaben. Deshalb werden die Renten in den Haushaltskonsolidierungsprogrammen nicht verschont. Im OECD-Durchschnitt machen die Renten 17 Prozent der Gesamtausgaben. Dabei gibt es große Unterschiede: In Island sind es drei Prozent, in Italien dreißig Prozent.

Zu den Reformen gehört überall die Anhebung des Rentenalters. Die Rente mit 67 wird zunehmend zu Regel. Früher war sie die Ausnahme. Einige Länder haben die Grenze sogar auf 68 oder 69 Jahre angehoben. Am weitesten ging Tschechien: Die Regierung hat eine unbefristete Anhebung des Rentenalters um zwei Monate pro Jahr beschlossen.

Veranstaltungshinweis:

Die Rentenproblematik ist Thema einer Konferenz am 10. April in Berlin. Unter dem Titel "Rente auf Pump? - Sozialsysteme in Europa. Reformen in der Europäischen Union: Wer führt, wer hinkt?" veranstaltet das Deutsche Institut für Altersvorsorge (DIA)
das DIA-Forum 2014. Es findet am Donnerstag, dem 10. April 2014, von 10 bis 16 Uhr im Atrium der Deutschen Bank (Unter den Linden/Eingang Charlottenstraße 37) in 10117 Berlin statt. Dabei werden die Ergebnisse der genannten Studie des Hamburger WeltWirtschaftsInstituts (HWWI) vorgestellt und mit Wissenschaftlern und Politikern diskutiert.

Die Wissenschaftler sind:
* Prof. Dr. Bert Rürup, Präsident des Handelsblatt Research Institute
* Prof. Dr. Michael Bräuninger, Forschungsdirektor am HWWI
* Monika Queisser, Vorsitzende des Bereichs Sozialpolitik der OECD
* Prof. Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin)

An die Vorträge schließt sich eine Podiumsdiskussion an:"Europa vor der Wahl - welche Vorhaben planen die Parteien für die Entwicklung der Sozialsysteme?" Es diskutieren:
* MdB Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Bündnis 90/Die Grünen, Mitglied in den Ausschüssen für die Angelegenheiten der EU sowie Arbeit und Soziales
* MdB Peter Weiß, CDU/CSU, Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales
* MdL Dr. André Brie, Die Linke, Sprecher der Fraktion für Europa- und Verbraucherschutzpolitik
* MdEP Alexandra Thein, FDP, Spitzenkandidatin bei der Europawahl und Landesvorsitzende von Berlin
* MdB Anette Kramme, SPD, Parlamentarische Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Arbeit und Soziales
* Moderation: Sabine Beikler, Der Tagesspiegel

Anmeldungen per Mail an: Peter Drendeldrendel@dia-vorsorge.de

(Ende)
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