pts20160418008 Politik/Recht, Tourismus/Reisen

Etwa jeder elfte Städtereisende in Deutschland schläft bei Airbnb & Co.

Jährlich 14,5 Millionen Privat-Übernachtungen - Städte mit mindestens 50.000 Einwohnern untersucht


Berlin (pts008/18.04.2016/08:30) Mehr als 14,5 Millionen Übernachtungen in Privatunterkünften werden in Deutschland jährlich über Online-Portale wie zum Beispiel Airbnb, Wimdu oder 9flats vermittelt und daher von der amtlichen Statstik nicht erfasst. "Der Tourismusrekord liegt also noch deutlich höher als die für 2015 offiziell gezählten 436 Millionen kommerziellen Übernachtungen, nämlich bei mehr als 450 Millionen", erläutert Dr. Stefan Brauckmann, Leiter der Abteilung Research & Analyse des Immobilienentwicklers GBI AG.

Der Wissenschaftler und sein Team haben 179 Städte mit mehr als 50.000 Einwohnern untersucht. Ergebnis: Bezogen auf die dort offiziell rund 157 Millionen Übernachtungen ergibt sich über Privatunterkünfte ein Zuschlag von 9,3 Prozent. "Somit übernachtet faktisch etwa jeder elfte Städtereisende bei Airbnb & Co.", so Dr. Brauckmann: "Das Phänomen konzentriert sich besonders auf die Metropolen. Mehr als zehn Millionen Graumarkt-Übernachtungen finden in den Millionenstädten Berlin, München, Hamburg und Köln statt." Die restlichen rund vier Millionen Übernachtungen in Privatquartieren verteilen sich auf die übrigen 175 Städte.

In den Millionen-Metropolen ist im Deutschland-Vergleich nicht nur die absolute Zahl der Übernachtungen in Privatquartieren Spitze, sondern auch der pozentuale Zuschlag im Vergleich zu den bereits in der amtlichen Statistik erfassten Gästezahlen. Dr. Brauckmann: "In Berlin kommt zu 30,25 Millionen offiziell gezählten Übernachtungen ein Graumarkt-Plus von 6,1 Millionen oder 20,2 Prozent hinzu, der höchste Wert in allen Städten." Hamburg weist hier ein Plus von 15,7 Prozent, München 13,6 Prozent und Köln 10,8 Prozent aus. In die Riege der Millionenstädte schiebt sich Leipzig, auf den zweiten Ranking-Platz mit 17,9 Prozent. "Leipzig wird zum einen als Reiseziel immer beliebter. Zum anderen hat sich hier eine besonders starke Privatquartier-Szene entwickelt, viel stärker etwa als in deutlich größeren Städten wie Frankfurt/Main oder Stuttgart", so Dr. Brauckmann.

46.400 Unterkünfte durch Airbnb & Co. dem Wohnungsmarkt entzogen

Die zusätzlich ermittelten mehr als Millionen Übernachtungen verteilen sich bundesweit auf mehr als 46.400 angebotene Privatunterkünfte. "Diese Zahlen sind bemerkenswert, zumal wir nur komplette Unterkünfte ermittelt haben, die dauerhaft zur Vermietung angeboten wurden. Werden über Airbnb & Co. lediglich Schlafstellen ohne eigenes Bad und WC angeboten, haben wir diese nicht erfasst", erläutert Dr. Brauckmann. In Berlin etwa würden ansonsten zu 14.400 kompletten Dauer-Unterkünften weitere rund 9.600 Angebote hinzukommen. Ziel der GBI-Studie ist aber vielmehr, Unterkünfte zu ermitteln, die eine quasi-gewerbsmäßige Konkurrenz zu Hotels und Pensionen darstellen und zudem einen anhaltenden Effekt auf den regulären Wohnungsmarkt haben.

Dort sinkt durch die Vermietung an Städtereisende nämlich das Angebot kleiner Apartments. So gibt es beispielsweise in Berlin ohnehin nur 75.000 Ein-Zimmer-Wohnungen, rechnerisch lediglich für jeden zwölften Ein-Personen-Haushalt. In anderen Großstädten ist das Verhältnis ähnlich ungünstig. Dr. Brauckmann: "Wenn dann mehrere tausend solcher Unterkünfte überwiegend in Innenstadt-Lagen dem ohnehin angespannten Wohnungsmarkt entzogen werden, verstärkt das den Engpass extrem."

Rechtliches Verbot nicht sinnvoll

Einem rechtlichen Verbot der Privatvermietungen steht Dr. Brauckmann jedoch skeptisch gegenüber, nicht nur in Berlin. Dort hat der Staatssekretär für Bauen und Wohnen Engelbert Lütke Daldrup angekündigt, ab Mai mit verschärfter Überwachung auf die Einhaltung des Zweckentfremdungsverbots zu pochen. Wer dann keine Genehmigung des Bezirks vorweist, riskiert als Privatvermieter Bußgelder, das Gesetz sieht Strafen von bis zu 100.000 Euro vor.

Portale müssen laut einer neuen Regelung den Bezirksämtern Auskunft über Anbieter von Wohnungen für Touristen geben. "Doch das Vorgehen löst kaum das grundlegende Problem", betont Dr. Brauckmann: "Viel effektiver wäre es, dem wachsenden Personenkreis, der länger als ein paar Tage in Berlin und anderen gefragten Städten bleiben möchte, preisgünstige Alternativen zum herkömmlichen Beherbergungs- und Wohnungsmarkt anzubieten."

Gruppenunterkünfte werden nach Auffassung Dr. Brauckmanns künftig extrem wichtig, denn vor allem Familien und Kleingruppen nutzen Vermittlungsportale: "Die in Deutschland bisher wenig verbreiteten Hostels könnten eine günstige und effektive Alternative darstellen." Das gleiche gilt für Serviced Apartments. Diese werden neben Touristen und Wochenendpendlern auch von Dienstreisenden genutzt, die einige Wochen oder Monate in der Stadt bleiben.

Mit solchen Angeboten seien in Berlin bei Aufenthalten von mindestens einer Woche Übernachtungspreise von 35 bis 40 Euro pro Tag möglich, noch mal deutlich unter Preisen für Budgethotels. Dr. Brauckmann: "Gibt es ausreichend solcher Angebote für Städtereisende, werden Privatvermietungen bei AirBnB & Co. abnehmen - und nicht durch Verbote, die ohnehin in der Praxis kaum durchsetzbar sind."

Dass das Airbnb & Co.-Phänomen in Metropolen ausgeprägt ist, dafür sorgt der Boom des Städtetourismus. In den vergangenen 20 Jahren erhöhten sich die Übernachtungszahlen bundesweit um 54 Prozent. In Städten mit mehr als 500.000 Einwohnern lag die Steigerungsrate sogar mehr als drei Mal höher, bei 180 Prozent. Der Marktanteil des Großstädte-Tourismus stieg dadurch von 11,4 Prozent in 1996 auf 20,8 Prozent in 2015.

Link zur Studie: http://www.gbi.ag/2016/04/etwa-jeder-elfte-staedtereisende-in-deutschland-schlaeft-bei-airbnb-co/

Die 31 beliebtesten Übernachtungs-Städte im Ranking der GBI AG:
(Städte ab 50.000 Einwohner mit mind. 750.000 offiziellen Übernachtungen und Angeboten bei Online-Portalen wie Airbnb, Wimdu, 9Flat)

StadtÜbernachtungen 2015 BeherbergungsmarktAngebotene PrivatunterkünfteÜbernachtungen in PrivatunterkünftenGraumarkt-Zuschlag
Berlin30.250.10014.3936.106.20020,2%
Leipzig2.829.8241.331507.00017,9%
Hamburg12.639.0004.5621.983.40015,7%
München14.055.9684.3261.906.50013,6%
Köln5.984.8813.656644.00010,8%
Dortmund1.134.63257490.7008,0%
Dresden4.308.631794308.9007,2%
Düsseldorf4.403.9601.621289.7006,6%
Stuttgart3.561.490615224.8006,3%
Potsdam1.105.30018369.7006,3%
Region Hannover3.866.0301.860226.9005,9%
Essen1.408.87945370.6005,0%
Frankfurt am Main8.676.7211.092406.7004,7%
Nürnberg3.013.201774134.5004,5%
Kassel903.71923533.8003,7%
Bremen1.993.68340567.5003,4%
Bonn1.495.54628748.8003,3%
Lübeck1.599.28830048.6003,0%
Region Aachen1.571.00017846.5003,0%
Würzburg891.8016524.8002,8%
Freiburg1.448.70017428.5002,0%
Karlsruhe1.096.96113021.0001,9%
Mainz899.0299316.6001,8%
Heidelberg1.388.82412422.4001,6%
Rostock1.931.11919225.2001,3%
Wiesbaden1.199.5169814.5001,2%
Münster1.357.8819616.3001,2%
Regensburg976.2957111.7001,2%
Erfurt809.300599.3001,1%
Baden-Baden907.8122710.1001,1%
Mannheim1.241.592548.9000,7%

Über die GBI AG (Gesellschaft für Beteiligungen und Immobilienentwicklungen)
Die GBI AG entwickelt Immobilienprojekte hauptsächlich in den Bereichen Hotel- und Wohnungsbau. Allein oder mit Partnern konnten seit der Gründung im Jahr 2001 Hotel- und Apartmentprojekte in Deutschland mit einem Volumen von rund 1 Milliarde Euro verkauft bzw. platziert werden. Intensiviert hat die GBI AG seit 2010 ihr Engagement in der Entwicklung und im Bau von Studentenapartments. Unter dem Namen "SMARTments" sind bis 2016 mehr als 1.700 Apartmentplätze u.a. in Hamburg, Frankfurt/M., Darmstadt, Mainz und Köln fertiggestellt oder geplant. Inzwischen gibt es innerhalb der SMARTments-Marke zudem zwei andere Bereiche für Projektentwicklungen: SMARTments business und SMARTments living. Muttergesellschaften der GBI AG sind mit jeweils 50%iger Beteiligung die Frankonia Vermögensverwaltungs- und Beteiligungsgesellschaft und die Moses Mendelssohn Vermögens-Verwaltungsgesellschaft GmbH & Co. KG. Vorstände der GBI AG sind Ralph-Dieter Klossek (Vorstandssprecher), Reiner Nittka, Markus Beugel, Engelbert Maus, Gerrit M. Ernst und Dagmar Specht.

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