pts20150520022 Kultur/Lifestyle, Medien/Kommunikation

Fresach: Toleranz ist erst der Anfang

Fabjan Hafner plädiert für Anerkennung durch Wertschätzung


Fresach (pts022/20.05.2015/15:00) Toleranz ist eine unabdingbare Voraussetzung für das Funktionieren einer aufgeklärten Gesellschaft. Trotzdem ist sie nichts weiter als eine Etappe, wenn auch eine wichtige, vielleicht die wichtigste überhaupt, sagt Fabjan Hafner. Der österreichische Schriftsteller mit slowenischen Wurzeln fordert bei den Europäischen Toleranzgesprächen in Fresach am Freitag, 22. Mai, dazu auf, sich nicht mit bestehender Toleranz zufrieden zu geben, sondern weitere Schritte zu setzen. http://fresach.org

"Dulden heißt beleidigen", so ein Ausspruch von Johann Wolfgang von Goethe. Genau hier verortet Hafner auch die Unzulänglichkeit, denn "tolerieren" heißt nämlich nichts weiter als "dulden" und "zulassen". Toleranz ist von Natur aus passiv, bequem und erfordert nicht viel Aufwand. Bekenntnisse zu universellen Idealen wie Gleichheit, Freiheit und Humanität sind allgegenwärtig, die Beschäftigung mit Details und Kleinigkeiten gerät hingegen immer mehr in den Hintergrund. Gleichzeitig warnt Hafner davor, die Machtverhältnisse zu übersehen, die sich hinter diesem Diskurs oftmals geschickt verstecken. Toleranz ist ein Privileg der Starken. Dieses muss man erst erlangen.

Toleranz als Duldung anderer Positionen ist für den Literaturwissenschaftler demnach nicht der Weisheit letzter Schluss, sondern sollte in eine gegenseitige Anerkennung münden. Ein räumliches Miteinander im Gespräch muss nicht zwangsläufig zu einem Abrücken von wohlbegründeten Positionen führen. Vielmehr kann es aber eine Akzeptanz des Gegenübers durch wertschätzendes Verständnis erreichen. Dabei handelt es sich um einen Prozess, der sehr leicht einzuleiten ist, aber niemals abgeschlossen werden kann, muss oder darf.

Fabjan Hafner (*1966) ist Literaturwissenschaftler, Schriftsteller und Literaturübersetzer aus dem Slowenischen. Bekannt wurde er durch sein Handke-Buch "Unterwegs ins Neunte Land". Er arbeitete an der "Inventarisierung der slowenischen Volkssprache in Kärnten" und am "Thesaurus der slowenischen Volkssprache in Kärnten" und war Lektor am Institut für Slawistik Graz und am Germanistik-Institut der Universität Ljubljana. Bis 2007 war er Lehrbeauftragter in Graz, seit 1998 ist er Mitarbeiter des Robert-Musil-Instituts in Klagenfurt und lehrt am Germanistik- und Slawistik-Institut der Alpen-Adria-Universität. Für ihn ist "Toleranz erst der Anfang".

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