5. Welt-MS-Tag am 29. Mai 2013
Betroffenes Ehepaar Brand: "Nach MS-Diagnose heirateten wir ein zweites Mal"
Zürich (pts032/28.05.2013/17:30) Die Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des Nervensystems. In der Schweiz leben rund 10'000 MS-Betroffene. (1) Auch heute nach vielen Jahren klinischer Forschung, ist die MS eine Krankheit, die nach wie vor viele Fragen aufwirft. Erfreulicherweise läuft die medizinische Forschung rund um Multiple Sklerose auf Hochtouren: Neue Präparate sollen wirksamer sein, weniger Nebenwirkungen auslösen, über lange Zeit verträglich und einfach in der Verabreichung sein. (2) Wie verändert sich das Leben nach der Diagnose und wie lebt es sich mit Multipler Sklerose? Das Ehepaar Brand gibt Einblick in ihr Leben mit Multipler Sklerose: Herr Brand ist seit sieben Jahren von MS betroffen, seine Ehefrau Anne-Françoise organisiert den "Bärner Kafi-Träff" für MS-Betroffene, Mitbetroffene und Freunde.
Die Diagnose "MS" ist für den Betroffenen und seine Angehörigen gleichermassen ein grosser Schock und wirft im Zusammenhang mit den verschiedenartigen Symptomen oder der Therapie viele Fragen auf. Welche Rolle spielt dabei das persönliche Umfeld für den MS-Betroffenen und was können Partner, Familienangehörige oder Freunde tun, um Betroffene zu unterstützen?
Persönliches
Willy Brand, 56 Jahre. MS-Betroffener seit sieben Jahren.
Hobbies: Bewegung in der Natur, Hund Xena, Freundschaften pflegen, Musikkonzerte.
Anne-Francoise Brand, 53 Jahre. Initiatorin "Bärner-Kafi-Träff" für MS-Betroffene, Mitbetroffene und Freunde.
Hobbies: Kochen, Basteln, Hund Xena, Pilze sammeln, Freundschaften pflegen, Musikkonzerte.
Gespräch mit dem Ehepaar Anne-Françoise und Willi Brand
Wann haben Sie, Herr Brand, die Diagnose "MS" erhalten und wie fanden Sie nach diesem Schock zurück ins Leben?
Willi Brand: "Die MS-Diagnose erhielt ich von einer Neurologin im August 2006. Zur Neurologin kam ich dank der Hilfe meiner Frau: Sie beobachtete meine Symptome über längere Zeit und recherchierte diese übers Internet. Welche Symptome sie auch immer eingab: das Resultat war immer 'Multiple Sklerose'. Im ersten Moment dachten wir, dass meine Symptome allenfalls eine Spätfolge vom Velofahren sein könnten: bei einem Sturz hatte ich nämlich einen schlimmen Schädelbruch erlitten. Ich war ein passionierter Rennvelofahrer, mein Leben drehte sich sozusagen ums Velofahren. Nach Erhalt der Diagnose holte ich eine Zweitmeinung im Inselspital ein. Die Diagnose 'MS' war für mich, meine Frau, meine Familie wie auch für Freunde schwer - und es dauerte einige Zeit, bis wir sie verkraften konnten."
Welche Gedanken, Sorgen, allenfalls auch Ängste beschäftigten Sie nach der Diagnose?
Willi Brand: "Ich hatte Angst meine Arbeitsstelle zu verlieren, wenn mein Arbeitgeber meine MS-Diagnose kennt. Dazu kamen Beziehungsängste: ich fühlte mich nicht mehr zu 100 Prozent als Mann, hatte grosse Angst, dass mich meine Frau, mit der ich seit 34 Jahren glücklich verheiratet bin, verlassen wird. Und ich fragte mich 'Warum ich?'. Tipps und Einschätzungen meiner Therapeutin anlässlich einer Gesprächstherapie haben uns geholfen. Und - nach meiner MS-Diagnose haben meine Frau und ich ein zweites Mal geheiratet."
Anne-Françoise Brand: "Auf die Diagnose MS war ich eigentlich wie vorbereitet: Ich beobachtete ja meinen Mann, wusste wie es ihm ging. Meine Angst war, dass er in den Rollstuhl kommt. Das Bild 'MS & Rollstuhl' hatte ich im Kopf. Die Themen Existenz, Partnerschaft, Freunde beschäftigen mich ebenfalls. Auch merkte ich, dass sich mein Mann veränderte. Wenn ich mit ihm sprach, fragte ich mich manchmal 'Hört er mir zu, wie geht das nur weiter?' Alles war damals noch neu. Heute sind alle Fragen für mich beantwortet. Auch die Frage, ob und wie ich ihn möglichst gut unterstützen kann. "
Anne-Françoise Brand: "Für mich gilt heute das Motto: Ab dem Zeitpunkt, wo man mit der 'MS' Frieden geschlossen hat, geht's."
Wie hat sich Ihr Leben als Eltern erwachsener Kinder und Grosseltern verändert?
Willi Brand: "Ich habe Lebensqualität gewonnen. Heute habe ich Zeit für meine Frau, meine Familie, unsere zwei Enkelinnen, Alina und Melia. Früher war ich immer beim Sport, das Rennvelo-Fahren und später die grosse Leidenschaft für den Laufsport: der Jungfrau-Marathon, GP Bern und viele andere Läufe, waren jahrelang auf dem Programm. Der Sport war sozusagen mein Leben. Es ist für mich heute schön zu sehen, wie meine Familie mit meiner MS umgeht. Meine Enkelin kommt immer zu mir ins Zimmer um zu sehen, wie es mir geht. Das ist rührend."
Anne-Françoise Brand: "Auch ich habe heute, trotz der MS meines Mannes, mehr Lebensqualität. Als Ehefrau, Mutter eines Sohnes und auch als Grossmutter. Früher, als mein Mann für seinen Sport trainierte, mit seinem Velo und für die Läufe unterwegs war, hatte ich viel Zeit für mich und meine Hobbies. Nun haben wir mehr Zeit und geniessen diese zu zweit."
Willi Brand: "Ich habe mir ein neues Mountainbike gekauft und kann es kaum erwarten, dieses zu testen."
Gibt es Momente in denen auch Sie an Ihre Grenzen kommen. Falls Ja, wie gehen Sie mit solchen um?
Willi Brand: "Ja, solche gibt es. Ich habe Angst, wenn viele Dinge miteinander zu bewältigen sind, das wird mir schnell zuviel. Ich versuche, das mit einer besseren Planung und Koordination zu verhindern. Manchmal hilft uns auch unser Glauben. Schwer für mich ist aber noch heute die Erkenntnis, dass ich an meinen heiss geliebten Läufen, zum Beispiel dem GP Bern und an Bergläufen, nicht mehr teilnehmen kann."
Frau Brand, Sie sind Initiantin des "Bärner Kafi-Träff" für MS-Betroffene und Mitbetroffene? Wie kamen Sie zu diesem Engagement - und wie/wo finden diese Veranstaltungen statt?
Anne-Françoise Brand: "Nach der MS-Diagnose bei meinem Mann, hatten wir den Wunsch, andere Betroffene und Mitbetroffene zu unterstützen. Unser "Bärner Kafi Träff" feiert bereits sein 5-Jahres-Jubiläum. Jeweils einmal im Monat treffen wir uns in einem Restaurant, zum Beispiel zu einem Abendessen, machen ein Ausflug oder auch eine Nordic Walking-Wanderung. Wir sind jedoch keine Selbsthilfegruppe, sondern eine MS-Gemeinschaft von Betroffenen und Mitbetroffenen, die Freude am Zusammensein haben. Der Info-Flyer mit den Veranstaltungsterminen ist jeweils Anfang Jahr bei den Neurologen aufgelegt."
In welcher Form und womit können Angehörige einen MS-Betroffenen unterstützen?
Willi Brand: "Bitte kein Mitleid, Mitleid ist das schlimmste Mitgefühl. Gegenüber der Familie und Freunden haben wir grösstmögliche Offenheit: wir sagen es vorgängig, wenn wir zum Beispiel eingeladen sind, dass es die MS ist, wenn ich im Verlaufe des Abends müde bin."
Anne-Françoise Brand: "Mein oberstes Gebot ist Offenheit. Zusammen über alles reden, auch wenn es weh tut. Ich sage meinem Mann: 'Du läufst schlechter, wollen wir nicht zusammen schauen, wie es besser werden kann?' Sich über die MS informieren und mit anderen Betroffenen austauschen."
Welche Tipps geben Sie Angehörigen im Umfang mit der MS-Erkrankung?
1. Sich über die MS-Erkrankung informieren.
2. Eine offene Kommunikation und ein offener Austausch.
3. Sich an dem aufbauen, was noch möglich ist.
4. Angehörige/ Mitbetroffene sollten sich selbst nicht vergessen.
Kontaktadresse für weitere Information oder Anmeldung für Berner Kafi Träff:
"Bärner-Kafi-Träff" für MS-Betroffene, Mitbetroffene und Freunde.
Kontaktadresse: Anne-Françoise und Willi Brand. Köniztalstr. 10, 3098 Köniz
Die Verantstaltungs-Daten werden jeweils in Forum und auf der Webseite der Schweizerischen Multiple Sklerose Gesellschaft (http://multiplesklerose.ch ) unter Diskussionsforum-Plauder-Kontaktecke-"Bärner-Kafi-Träff" bestätigt.
Vielen Dank für dieses Gespräch!
Behandlung der Multiplen Sklerose
Die Behandlung muss individuell auf die betroffene Person abgestimmt sein. Sie setzt sich aus verschiedenen Therapieformen zusammen:
Die Schubbehandlung
erfolgt mit Kortison in der akuten Entzündungsphase. Ziel der Schubbehandlung ist, die Entzündungsreaktion im Zentralnervensystem zu mildern (3).
Die Verlaufs- oder Langzeittherapie
erfolgt mit Medikamenten, welche das Immunsystem beeinflussen und dadurch den Krankheitsverlauf mildern (3).
Die Medikamente werden in Form von Kapseln, Spritzen oder Infusionen verabreicht.
Die Symptombehandlung
richtet sich individuell nach den aktuell vorliegenden Symptomen. Bei Bedarf werden Fachpersonen anderer medizinischer Gebiete hinzugezogen (3).
Die Physio- und Ergotherapie
sowie Logopädie sind ein wichtiger Teil der interdisziplinären Behandlung und sollten frühzeitig in das Behandlungskonzept integriert werden (3).
MS-Forschung
Erfreulicherweise läuft die medizinische Forschung rund um Multiple Sklerose auf Hochtouren (2).
Der Schwerpunkt der Forschung liegt dabei im Bereich der Neuroimmunologie. In diesem Forschungsgebiet werden die Zusammenhänge zwischen dem Immun- und dem Nervensystem untersucht. Ob das Immunsystem primär bei Beginn der Erkrankung oder sekundär (als Folge einer unbekannten Schädigung) "falsch" aktiviert wird, ist bislang nicht sicher zu beantworten (2).
Damit MS eines Tages heilbar wird, braucht es vielseitige Ansatzpunkte in der Forschung und gute interdisziplinäre Zusammenarbeit (2).
Neue Präparate mit mehr Potential sollen wirksamer sein, weniger Nebenwirkungen auslösen, über lange Zeit verträglich und einfach in der Verabreichung sein (2).
Referenzen:
(1) Schweizerische Multipple Sklerose Gesellschaft http://www.multiplesklerose.ch/Krankheitsbild
(2) Schweizerische Multipple Sklerose Gesellschaft http://www.multiplesklerose.ch/Forschung
(3) Schweizerische Multipple Sklerose Gesellschaft http://www.multiplesklerose.ch/Behandlung
Diese Medienmitteilung konnte dank freundlicher Unterstützung von Novartis Pharma Schweiz AG realisiert werden.
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