pte20120912014 in Leben

Gratiszeitungen in der Schweiz auf dem Vormarsch

Qualitätsblätter verbuchen Minus - Verband sieht generelles Problem


Gratiszeitungen: starker Zuwachs in der Schweiz (Foto: flickr.com/kellerabteil)
Gratiszeitungen: starker Zuwachs in der Schweiz (Foto: flickr.com/kellerabteil)

Zürich (pte014/12.09.2012/12:08) Die beiden Gratis-Tageszeitungen "20 Minuten" http://20min.ch und "Blick am Abend" http://blick.ch/blickamabend bleiben die meistgelesenen Titel der Tagespresse in der Schweiz und konnten laut einer Studie der Wemf AG für Werbemedienforschung http://wemf.ch ihre Leserzahlen im vergangenen Jahr deutlich steigern. Qualitätsblätter wie die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) http://nzz.ch sehen sich hingegen mit einem starken Leserschwund konfrontiert. Der Verband Schweizer Medien http://schweizermedien.ch versucht zu beruhigen, stellt aber ein generelles Problem für Printmedien fest.

Schweiz ist Pendler-Land

Der Studie zufolge bleibt 20 Minuten mit rund 1,4 Mio. Lesern die unangefochtene Nummer eins und legt um 21.000 Leser zu. Blick am Abend verbucht 4.000 neue Leser und kommt auf eine Leserschaft von 633.000. Das beliebteste kostenpflichtige Printmedium der Schweizer bleibt der Tages-Anzeiger http://tagesanzeiger.ch mit 514.000 Lesern, gefolgt von der NZZ, die im vergangenen Jahr 5.000 Leser verloren hat und der Neuen Luzerner Zeitung http://luzernerzeitung.ch , die ein Minus von 11.000 Lesern zu beklagen hat.

"Ich glaube nicht, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Erfolg von Gratiszeitungen und dem Leserschwund bei Qualitäts-Medien gibt. Die Schweiz ist ein typisches Abo-Land und dieser Markt ist relativ stabil. Der Siegeszug von Gratiszeitungen ist damit zu erklären, dass sich die Schweiz zunehmend in ein Pendler-Land entwickelt - im Zug gibt es keine Alternative", sagt Urs Meyer, Geschäftsführer des Verbandes Schweizer Medien, im pressetext-Interview.

Der Verbandspräsident glaubt, dass der Leser-Rückgang bei Qualitätsblättern mit dem Umstand zu erklären ist, dass die Schweizer ihre Lesegewohnheiten umstellen. "Es gibt immer mehr Online-Abonnenten. Die NZZ hat vor kurzem die 100.000-Leser-Grenze geknackt", so Meyer. Trotzdem stellt er aber einen europaweiten Trend fest, der besorgniserregend ist: "Die generelle wirtschaftliche Situation hat auch die Schweiz nicht verschont. Die Menschen müssen sparen und das Sparen beginnt dort, wo es am wenigsten weh tut - bei den Zeitungen. Und natürlich stellen wir fest, dass auch die Medienhäuser Sparprogramme durchführen müssen."

"Selbstzerstörungsprozess" bei Gratisblättern

Auch der deutsche Medienexperte Michael Haller glaubt nicht, dass sich Qualitätszeitungen vor den Gratisblättern fürchten müssen. "Die Leser wollen Eigenleistung, Hintergrund und Reportagen und sind künftig bereit, dafür auch mehr zu bezahlen", sagte Haller unlängst im Rahmen einer Medienveranstaltung. Der Kommunikationswissenschaftler stellt fest, dass Gratiszeitungen vor allem junge Leser ansprechen, denn "die Kaufzeitungen haben in den vergangenen 50 Jahren geschlafen und sehen alt aus."

Wie auch viele andere Branchenkenner glaubt Haller, dass der Gratiszeitungsmarkt bald gesättigt sein wird: "Die Zeitungsmacher suchen immer neue Zeitfenster im Alltag der Leser. In London gibt es einige Zeitungen in der Früh, zu Mittag und am Abend. Durch diese Überflutung droht der Markt in einen Selbstzerstörungsprozess zu schlittern."

NZZ stark am Wochenende

Wie die Studie zeigt, haben die Gratiszeitungen auch die Lesegewohnheiten der Schweizer am Wochenende stark verändert. Der "SonntagsBlick" kommt auf 805.000 Leser und verzeichnet ein Plus von 7.000 Lesern. Der große Sieger der Umfrage ist aber die "NZZ am Sonntag", die ihre Leserschaft um 33.000 Leser erweitert hat und mit 529.000 Lesern der kostenlosen Konkurrenz Paroli bietet. Für die Studie, die zwischen April 2011 und März 2012 durchgeführt wurde, hat das Marktforschungsinstitut rund 23.000 Personen zu 394 Zeitungs- und Zeitschriftentiteln befragt.

(Ende)
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