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Schweiz: Werber gegen Verbote bei Suchtmitteln

Kampagne soll entsprechende Gesetze verhindern


Alkohol: Schweiz debattiert Suchtmittel-Werbung (Foto: pixelio.de, s. rossmann)
Alkohol: Schweiz debattiert Suchtmittel-Werbung (Foto: pixelio.de, s. rossmann)

Zürich (pte001/10.09.2012/06:00) In der Schweiz ist eine Debatte um Werbeverbote für die Tabak- und Alkoholindustrie entbrannt. Die Schweizer Werbung http://www.sw-ps.ch macht aktuell mit einer Kampagne gegen entsprechende Verbote auf kantonaler, nationaler und supranationaler Ebene mobil und fährt dabei große Geschütze auf. Die verwendeten Argumente, die von der Bedrohung der Pressefreiheit bis zu Marktverzerrungen durch staatliche Eingriffe reichen, werden von Kritikern als Feigenblätter angesehen. "Es handelt sich um eine Scheinargumentation. In Wahrheit geht es ums Geld", so Henrik Viertel von der Hilfsorganisation Blaues Kreuz in Zürich http://blaueskreuzzuerich.ch gegenüber pressetext.

Verbote angedacht

Das Blaue Kreuz sammelt derzeit Unterschriften, um ein Verbot von Alkoholwerbung in Sportstätten und bei Sportveranstaltungen im Kanton Zürich durchzusetzen. "Es geht uns um den Schutz von Minderjährigen, die erwiesenermaßen früher und häufiger Alkohol konsumieren, wenn sie Werbung ausgesetzt sind. Im Umfeld von Schulen gibt es bereits ein Verbot, die Ausweitung auf Sport-Events, auf denen es immer viele Jugendliche gibt, ist nur die logische Weiterführung dieser Politik. Längerfristig streben wir ein schweizweites Verbot an. Ein komplettes Werbeverbot streben wir derzeit nicht an, wir warten aber weitere Entwicklungen - siehe Tabakwerbung - ab", so Viertel.

Auf ihrer Webseite listet die Schweizer Werbung noch weitere Vorschläge für Gesetzesreformen, die Werbeverbote nach sich ziehen könnten, in der Schweiz und anderen Ländern auf. Laut der laufenden Kampagne unterbinden Werbeverbote die Möglichkeit mündigerer Bürger, sich zu informieren. Die Freiheit der werbefinanzierten Medien sei ebenfalls in Gefahr, wenn Einschaltungen ausblieben. Aus wirtschaftsliberaler Sicht stelle eine gesetzliche Regelungen zudem einen staatlichen Eingriff in den Markt dar. Auch der Wert von etablierten Marken sei durch die Einschränkung der Marktkommunikation in Gefahr, was zu weniger Rendite und schwindender Innovationskraft führe.

Vorteil für Marken

"Das ist lächerlich. Das Geld findet auch bei Verboten einen Weg zu den Agenturen. Uns geht es zudem vorrangig um den Jugendschutz. Die wissenschaftlichen Fakten zur Beeinflussung junger Menschen sind unbestritten. Die Werbung der Alkoholhersteller läuft über die Vermittlung von Lifestyle und Partyspaß, also Bilder, für die auch Jugendliche sehr empfänglich sind. Das prägt das Konsumverhalten. Bei älteren Menschen kann Werbung nur noch Verschiebungen innerhalb bestehender Konsumenten bewirken", so Viertel.

Andere Gesetze, etwa die EU-Regelung für Tabakwerbung, ziehen durchaus umfassendere Werbeverbote nach sich. Der Abwehrreflex der Werber ist also durchaus verständlich, auch wenn der Präzedenzfall Tabakindustrie nach wie vor Mittel und Wege findet, ihre Produkte anzupreisen.

"Eigentlich stärkt ein Werbeverbot die etablierten Marken, weil es Newcomern den Weg in den Markt erschwert. Dadurch werden aber oligopolistische Tendenzen verstärkt, die zu Preiserhöhungen führen können, die schlecht für die Konsumenten sind. Das Vorgehen der Werbeindustrie gegen die Verbote ist verständlich: Die Alkohol- und Tabak-Hersteller sind zahlungskräftige Kunden, die durch ihre Quasi-austauschbaren Produkte auch noch eine kreative Herausforderung darstellen", sagt Markenexperte Thomas Otte http://brand-consulting.com gegenüber pressetext.

Der Fachmann sieht einen staatliche Eingriff auch aus anderen Gründen kritisch: "Solche Eingriffe können weitere Änderungen nach sich ziehen, weshalb Agenturen grundsätzlich dagegen sind. Auch Werbeverbote für zucker- und fetthaltige Nahrungsmittel könnten argumentiert werden. Es wird immer gute Gründe geben, die Freiheit von selbstbestimmten Bürgern einzuschränken, aber ich glaube, dass mündige Menschen selbst entscheiden können müssen. Fängt der Staat an sich einzumischen, landet man schnell bei Orwell. Natürlich ist Werbung psychologisch clever aufgebaut, aber zwingen kann sie nicht", so Otte.

(Ende)
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