pte20120207015 in Business

Tourismus: Lehrlinge und Fachkräfte fehlen

Gewerkschaft warnt vor Zuspitzung des Personalmangels


Kellner: Personalmangel im Tourismus weitet sich aus (Foto: pixelio.de/Müller)
Kellner: Personalmangel im Tourismus weitet sich aus (Foto: pixelio.de/Müller)

Wien (pte015/07.02.2012/13:00) Obwohl Österreichs Tourismus im Jahr 2011 erneut einen Beschäftigungsrekord erzielte, hat er ein Personalproblem. Geringfügige oder Teilzeit-Anstellungen nehmen zu, immer mehr Fachkräfte fehlen und Lehrlingen lassen sich kaum mehr in Tourismusbetriebe locken. Das hat die Gewerkschaft vida http://vida.at heute, Dienstag, in einer Pressekonferenz festgestellt. "Die Wirtschaft jubelt zwar, doch hinter den Kulissen ist nicht alles Gold, was glänzt. Wenn die Betriebe künftig vermehrt beim Personal sparen, darf die Qualität der Dienstleistungen dadurch nicht sinken", sagt vida-Vorsitzender Rudolf Kaske gegenüber pressetext.

Mehr Teilzeit und Geringfügigkeit

184.500 Menschen waren 2011 im Jahresdurchschnitt beschäftigt, was eine Steigerung um 3.600 Personen oder zwei Prozent ausmacht. Der Großteil dieses Zuwachses dürfte allerdings auf das Plus bei geringfügigen Beschäftigten gehen: Liegen auch die aktuellen Zahlen noch nicht vor, stieg ihre Zahl im Jahr davor von 39.376 auf 42.896. "Besonders in Vier- und Fünfsternbetrieben werden Dienstleistungen ausgelagert, etwa bei Housekeeping, Service oder in der Küche", berichtet Kaske. Ein gleichbleibendes Drittel der Arbeitskräfte kommt aus dem Ausland.

Unattraktiv für Lehrlinge

Eine Negativentwicklung gibt es jedoch weiterhin bei den Fachkräften. Das Problem hat die Branche selbst verursacht, so der Gewerkschaftssprecher. "Wer sich nicht rechtzeitig um sein Personal schaut, ist selbst schuld. Nirgendwo sonst ist der Lehrlingsschwund so stark wie im Tourismus." 11.840 Jugendliche waren 2011 im Tourismus in Ausbildung, was einen Rückgang von 5,7 Prozent bedeutet. Als Gegenmaßnahme habe die Branche bisher nur die Lehrlingskarte mit Vergünstigungen geliefert - laut vida "um Lichtjahre zu spät". Der 100-Euro-Mobilitätsbonus locke kaum Jugendliche und könne auch Eltern nicht überzeugen.

Wie man Lehrlinge gewinnt, zeigen andere Branchen vor, die etwa Lehre mit Matura oder Führerschein, Bonifikationen etwa bei gutem Zeugnis und bessere Karrierechancen bieten. "Die Entschädigung im dritten Lehrjahr etwa bei Diskontmärkten ist teils höher als der Lohn eines Tourismus-Arbeitnehmers mit Lehrabschlussprüfung. Zudem ist die Tourismuslehre oft vielmehr Ausnutzung als Arbeitskraft statt Ausbildung, weshalb Abgänger oft die Branche wechseln. Man braucht sich also nicht wundern, wenn der Tourismus wenig bis gar nicht konkurrenzfähig ist", bringt Kaske auf den Punkt.

Fluktuation hoch

Bei den Beschäftigten beobachtet der Gewerkschafter gegenüber pressetext einen "Drehtür-Effekt": "Acht von zehn im Tourismus Beschäftigten verlassen innerhalb von zehn Jahren die Branche, oft aus Gründen des Geldes - der Mindestlohn für gelernte Fachkräfte wie etwa Koch oder Restaurantfachfrau liegt unter dem einer Reinigungskraft, weshalb viele trotz Vollzeitarbeit an der Armutsgrenze leben. Doch auch schlechte Bedingungen wie das Arbeitsklima, nicht bezahlte Überstunden und ständige Wochenendarbeit ohne Rotationsprinzip sind häufig das Problem."

Besserungen bringen Erfolg

Von einem positiven Gegentrend bei Wiener Hoteliers berichtet vida-Tourismusexperte Rudolf Komaromy. "Einige haben die Zeichen der Zeit erkannt und sorgen für bessere Rahmenbedingungen. In betrieblichen Kollektivverträgen und Vereinbarungen legen sie Löhne fest, die im Schnitt bis zu 40 Prozent über den kollektivvertraglichen Mindestlöhnen liegen, womit sie durchaus die dringend benötigten Fachkräfte absichern." In westlichen Bundesländern haben die meisten Betriebe hingegen bislang derartige Maßnahmen verabsäumt.

Verbesserungen wie etwa in der Arbeitsorganisation helfen in vielen Tourismusjobs, die Arbeitnehmer länger gesund im Job zu halten. Ein von vida, Wirtschaftskammer, dem Forum Gesundes Österreich sowie der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft initiiertes Vorsorgeprojekt "Fit im Betrieb" soll hier in Kleinst-, Klein- und Mittelbetrieben Pilotarbeit leisten. Erste Ergebnisse werden Ende März präsentiert.

(Ende)
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