Fremdenfreundlichkeit: Studien widersprechen sich
Geringer Bildungsgrad der Deutschen nur eine Ursache für Vorurteile
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Reichstag: Deutsche unterschiedlich wahrgenommen (Foto: pixelio.de, I. Rasche) |
Köln (pte021/14.12.2011/12:35) Die Deutschen sind ausgesprochen fremdenfreundlich. Zu diesem Ergebnis kommt jedenfalls Ulrich Schmidt-Denter von der Universität zu Köln http://uni-koeln.de im Zuge einer Befragung von 6.000 Menschen in Deutschland und den Nachbarländern. Deutsche Jugendliche und ihre Eltern sind demnach im europäischen Vergleich unauffällig hinsichtlich der Ausprägung von Fremdenfeindlichkeit und des Antisemitismus. Nach Werten für Fremdenfreundlichkeit befragt, belegen die Deutschen europaweit einen unangefochtenen Spitzenplatz.
IKG mit anderem Ergebnis
Zu einem ganz anderen Ergebnis hingegen kommt die Langzeitstudie "Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit" vom Institut für interdisziplinäre Konflikt und Gewaltforschung (IKG) der Universität Bielefeld http://www.uni-bielefeld.de . Demnach steigen die Abwertung von Obdachlosen, Arbeitslosen und Behinderten sowie die Fremdenfeindlichkeit erneut an.
Schmidt-Denter kann das nicht bestätigen. "Fremde Landschaften werden als besonders schön empfunden", sagt er im pressetext-Gespräch und sieht dies als eines der Beweise für Fremdenfreundlichkeit. Bei den europäischen Nachbarn konnte der Fachmann solche "fremdenfreundlichen" Statements nicht finden. "Gleichzeitig sind die Deutschen selbstkritisch", sagt Schmidt-Denter. Die negative Haltung sich selbst gegenüber lässt sich nach den empirischen Kriterien der Studie sogar als "typisch deutsch" bezeichnen. Beispielsweise werde der Aussage "Ausländer haben viele positive Eigenschaften, die uns Deutschen fehlen" häufig zugestimmt.
"Wir machen eine statistische Faktorenanalyse - es ist keine Einzelfallanalyse", betont Schmidt-Denter. Demnach könnte ein Deutscher, der einem Ausländer positive Eigenschaften zuspricht, trotzdem fremdenfeindlich sein. Das schließt sich nicht aus - nur im statistischen Mittel. Die Forscher vom IKG definieren das zurückliegende Jahrzehnt als "entsichert", richtungslos und instabil - ein Nährboden für Fremdenfeindlichkeit.
Antisemitismus im Westen größer
Der Verlust von Sicherheit ist den Experten nach in allen zentralen Lebensbereichen erfahrbar: Im politischen, sozialen, wirtschaftlichen und religiösen Bereich. Der Zustand der Unsicherheit ist nach Ansicht der Forscher zur neuen Normalität geworden. Mit Blick auf die Folgen für gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit könne dieser Zustand als eine "explosive Situation als Dauerzustand" beschrieben werden, meint Studienautor Wilhelm Heitmeyer vom IKG. Bei der IKG-Studie wurden nur Zahlen für Deutschland erhoben.
In Bezug auf Deutschlands europäische Nachbarn sind in der älteren Generation Fremdenfeindlichkeit in Polen am stärksten und in Dänemark am schwächsten ausgeprägt. Das betrifft auch den Antisemitismus. Bei den Jugendlichen ist die Fremdenfreindlichkeit in Frankreich am stärksten, auch hier sind die Dänen wieder am wenigsten fremdenfeindlich. In der Fremdenfreundlichkeit kommt Deutschland auf Platz eins.
Am geringsten ist die Fremdenfreundlichekeit in den Niederlanden ausgeprägt. In Deutschland selbst zeigt sich ein Ost-West-Unterschied in den Zahlen: Im Westen ist der Antisemitismus höher als im Osten. Im Osten ist dafür die Ausländerfeindlichkeit markanter. Der Bildungsunterschied ist jedoch der durchschlagendste Faktor: Je niedriger die Bildung, desto fremdenfeindlicher die Befragten.
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