IFRS: Deutsche Unternehmen sparen sich Aufwand
Viele Mittelständler mit internationalem Konzernabschluss überfordert
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Bilanz: IFRS-Erstellung oft sehr aufwendig (Foto: pixelio.de, Marko Greitschus) |
Saarbrücken (pte027/01.12.2011/13:55) Deutsche Konzerne ignorieren internationale Standards bei Unternehmensabschlüssen, stellen Forscher der Universität des Saarlandes http://uni-saarland.de fest. Die International Financial Reporting Standards (IFRS) wurden entwickelt, um die Konzernabschlüsse weltweit vergleichen zu können. Darüber hinaus soll die IFRS dem Schutz der Anleger dienen. Die meisten deutschen Konzerne, die sich nicht am Kapitalmarkt orientieren und daher auch nicht die internationalen Standards anwenden müssen, tun dies auch nicht.
Wahlrecht genutzt
Die Forscher kommen zu dem Ergebnis, dass die überwiegende Mehrheit der Firmen auch weiterhin Bilanzen nach dem deutschen Handelsgesetzbuch erstellen. Die Fachleute werten dies als deutliche Kritik an den internationalen Regeln. "Vor Beginn unserer Studie waren wir davon ausgegangen, dass viele Einzelfirmen immer noch nach deutschem Recht bilanzieren. Überrascht waren wir jedoch davon, dass auch die meisten Konzerne, die nicht am Kapitalmarkt orientiert sind und daher zwischen deutschem und internationalem Recht wählen können, sich weiterhin am Handelsgesetzbuch orientierten", so Studienautor Karlheinz Küting gegenüber pressetext.
"Mangels eines konkreten Mehrwerts ist eine freiwillige zusätzliche Bilanzierung nach IFRS für die Unternehmen abwegig und wird gerade für den Mittelstand als zu kostenintensive Rechnungslegungsvariante gesehen", sagt Küting gegenüber pressetext. Sein Team konnte für das Geschäftsjahr 2009 lediglich 14 Einzelabschlüsse nach IFRS ausfindig machen. "Unter den deutschen Konzernen wählten wir nach Zufallsstichprobe 2.000 nicht am Kapitalmarkt orientierte Mutterunternehmen aus. Von diesen haben nur rund fünf Prozent von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht und sich an den internationalen Standards orientiert", erläutert Küting.
Laufend Änderungen
Für den Saarbrücker Betriebswirt ist dies ein Zeichen dafür, dass viele KMU mit den komplexen Standards überfordert sind. "Die Abschlussprüfer dieser Unternehmen bewegen sich oft in der Grauzone zwischen Prüfung und unzulässiger Mitwirkung an der Abschlusserstellung", kritisiert Küting. Außerdem sei die IFRS-Bilanzierung laufend Änderungen unterworfen, während das deutsche Bilanzrecht seit Jahrzehnten relativ wenige Korrekturen erfahren habe. Das internationale Regelwerk enthält eine Flut von unbestimmten Rechtsbegriffen, die verschieden interpretiert und ausgelegt werden. "Darüber hinaus weist es viel mehr in die Zukunft als das deutsche Recht. Dadurch halten Prognosen und Schätzungen verstärkt Einzug in die Bilanzen und das ist immer mit Unsicherheiten behaftet."
Auf der Ebene des Konzernabschlusses haben nicht-kapitalmarktorientierte Unternehmen das Wahlrecht, ihren Konzernabschluss entweder nach den HGB- oder den IFRS-Vorschriften aufzustellen. "Dass auch hier die handelsrechtlichen Vorschriften bevorzugt angewendet werden, deutet auf die vielfach diskutierten Vorbehalte gegenüber der IFRS-Rechnungslegung hin", sagt Küting. Im Besonderen dürften Kosten- und Nutzen-Abwägungen des jeweiligen Unternehmens eine große Rolle spielen. "Die Komplexität des IFRS-Regelwerks, auch kombiniert mit der hohen Änderungsgeschwindigkeit der Vorschriften, haben bei der Umstellung der Rechnungslegung auf IFRS einen Mehraufwand zur Folge."
Nicht belegte Vorteile
Konkret betrifft dies nicht nur den Umstellungs-, sondern auch den Folgeaufwand. Wofür sowohl interne Personal- als auch externe Beratungsressourcen in Anspruch genommen werden müssen. Ferner sind Schulungskosten für die zeitaufwendige Einarbeitung in die neuen Bilanzierungsregelungen und der Umstellungsaufwand in der EDV beispielhaft dafür. "Diesen sicheren Mehrkosten aus der IFRS-Anwendung stehen allerdings - zum Teil - vage, nicht belegte Vorteile gegenüber", sagt der Bilanzierungsexperte.
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