pte20111122015 in Leben

Open Graph: Zweiter Frühling für alte Neuigkeiten

Facebook macht Geschichten aus den 90ern wieder populär


Alte Zeitung: Inhalt immer noch zu gebrauchen (Foto: pixelio.de, M. Hosemann)
Alte Zeitung: Inhalt immer noch zu gebrauchen (Foto: pixelio.de, M. Hosemann)

London (pte015/22.11.2011/12:14) Mit der Einführung von Open Graph will Facebook das Nutzerverhalten erfassen und konsumierte Inhalte automatisch an Freunde weiterleiten. Erste britische und US-amerikanische Zeitungen haben das System für Freiwillige bereits in ihre Internetauftritte integriert. Die Konsequenzen sind unerwartet, wie die Financial Times berichtet: Auf der Internetseite des Independent stehlen Artikel aus den 90ern den aktuellen Nachrichten die Show. "Durch die Eigendynamik, die durch Open Graph entsteht, finden relevante Inhalte immer ihren Weg. Das sind aber nicht immer jene, die Medienunternehmen gerne hätten", sagt Brandflow-Geschäftsführer Markus Hübner http://brandflow.at gegenüber pressetext.

Positive Nebenwirkung

Die Artikel, die letzte Woche auf independen.co.uk am häufigsten mit Freunden geteilt und damit auch am meisten gesehen wurden, stammen allesamt aus den späten 90er-Jahren. Geschichten über die Vaterschaft eines Zwölfährigen und die Ehrung von Schottlands hässlichster Frau erfreuten sich trotz ihres Alters hoher Beliebtheit. Auch andere Zeitungsseiten verzeichnen ähnliche Trends. Mögliche Gründe für die wiederauferstandenen Nachrichten sind das Fehlen von Zeitstempeln, die auffälligen Schlagzeilen und der Umstand, dass das Internet nicht vergisst. "Durch das neue Sharing-System kann jeder Inhalt zum Erfolg werden, unabhängig von seiner Herkunft und seinem Alter", erklärt Hübner.

Das Geschäftsmodell der Medien ist darauf ausgelegt, dass aktuelle Nachrichten das größte Interesse generieren. Facebook hat das Potenzial, diese Rechnung zu durchkreuzen. Allerdings kann der Erfolg von alten Geschichten auch positive Auswirkungen haben. Die Zahl der mindestens ein Mal monatlich aktiven User, die ihre Facebook-Accounts mit dem Independent verknüpft haben, ist in einer Woche von 350.000 auf 810.000 gestiegen. Die neue Funktionalität macht Facebook als Zulieferer für die Medien noch interessanter. Allerdings wird auch das Abhängigkeitsverhältnis intensiviert.

"Das könnte eine Gefahr für die Qualität der Berichterstattung werden. Wenn Facebook zum Online-Äquivalent der TV-Quote wird, steigt die Verlockung für Medien sich nur noch daran zu orientieren", sagt Hübner. Andrerseits erhöht der egalitäre Charakter des Systems die Chancen für kleinere Medienunternehmen ein großes Publikum anzusprechen. Open Graph ist also auch eine Chance für Medien. "Wenn Medien das System richtig verstanden haben, können sie es gezielt nutzen. Mit Empfehlungssystemen, Strukturierung der Inhalte und weiterführenden Links können Unternehmen, die über genügend Content verfügen, die Userströme bis zu einem gewissen Grad steuern", so Hübner.

Umstrittenes System

Momentan ist Open Graph noch nicht flächendeckend eingeführt. Der Start wurde schon mehrfach verschoben. Aus den USA sind schon kritische Stimmen zu hören, die vor einer nicht beherrschbaren Flut aus automatisch generierten Inhalten warnen. "Facebook wird noch nachbessern müssen, um zu verhindern, dass die User im Datenmüll ersticken. Sie haben zu sehr auf die App-Entwickler geschaut und zu wenig auf die User. Der Großteil der Anwender ist sich über die Auswirkungen der Neuerungen gar nicht klar. Bevor Open Graph für alle freigeschaltet wird, muss Facebook an diesen Schwachstellen arbeiten, um das Vertrauen der User nicht zu verlieren", sagt Hübner.

(Ende)
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