Arztberuf erfordert Galgenhumor
Ethikerin: Strategie zur Bewältigung des Schreckens
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OP-Ärztin: Gute Mediziner brauchen Humor (Foto: aboutpixel/Bentrup) |
Garrison/Wien (pte028/27.09.2011/13:35) Üble Scherze zwischen Medizinern - oft hinter dem Rücken von Patienten - sind nicht immer fehl am Platz. Oft helfen sie, den Beruf trotz schrecklicher Szenen im Arbeitsalltag weiter auszuführen. Zu diesem Schluss kommt die Medizinethikerin Katie Watson von der Northwestern University http://bioethics.northwestern.edu im "Hastings Center Report". Sie spricht sich in bestimmten Situationen für den Galgenhumor über Leiden der Patienten aus - bloß Betroffene und Angehörige dürfen nichts mitbekommen.
Tod des Pizzaboten
Ausgang für Watsons Analyse war eine Begebenheit, bei der ein angeschossener Junge in eine Intensivstation eingeliefert wurde. Die drei diensthabenden Ärzte erkannten ihn als ihren Pizzalieferanten, auf den sie gerade gewartet hatten. Sie bemühten sich angestrengt, konnten das Leben des Jungen jedoch nicht retten. Mittlerweile wurde die Pizza gefunden, die der Junge auf der Flucht vor seinen Verfolgern vor dem Spital fallen ließ. Ins betretene Schweigen witzelte ein Arzt: "Wie viel Trinkgeld sollten wir ihm geben?" Die Kollegen lachten und aßen die Pizza.
Als "absolut vertretbar" bezeichnet auch Peter Vitouch vom Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft der Uni Wien http://www.univie.ac.at/Publizistik das Verhalten der Ärzte in der Geschichte. "Humor ist bei Extrembelastung ein Notausgang. Gelingt es Menschen, in Trauer und Angst zu lachen, so lockert sich ihr Druck zumindest für den Moment. Denn man kann nicht gleichzeitig zwei unterschiedliche Emotionen fühlen", so der Medienpsychologe gegenüber pressetext.
Ängste "wegblödeln"
Ähnliches ist bei vielen Alltagsängsten zu beobachten. Vitouch nennt Studenten als Beispiel, die vor einer schweren Prüfung spontan "herumblödeln", oder ungeübte Skifahrer, die sich auf die schwarze Piste verirrt haben. "Galgenhumor gibt es auch bei Militärs, die im Kampf mit dem Sterben konfrontiert sind oder Sportler, die dem Kampf mit einem übermächtigen Gegner entgegensehen." Im Ärzte-Beispiel sei allerdings wichtig, dass der Witz nicht gegenüber Patienten oder deren Angehörigen fällt. "Sonst wäre es verletzend und pietätslos."
Dasselbe Urteil vertritt auch die US-Studienautorin. Der Trinkgeld-Witz sei in Ordnung, da nicht der Patient, sondern der Tod auf die Schaufel genommen wurde. "Der nächste zu behandelnde Patient wird dem Scherz dankbar sein, da die Ärzte erst durch ihn wieder einsatzfähig geworden sind. Die Ärzte mussten lachen, um essen zu können, und sie mussten essen, um zurück auf Form zu kommen", so Watson.
Originalartikel unter http://www.medscape.com/viewarticle/749289
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