EU will Pfründe der Musikindustrie sichern
Tonaufnahmen sollen 70 Jahre geschützt werden
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Plattenspieler: Retro-Musik & Musikindustrie (Foto: flickr, Andi Melo Maehler) |
Brüssel (pte035/06.09.2011/16:15) Der Ausschuss der Ständigen Vertreter der Mitgliedsstaaten der EU (AStV) möchte am 7. September die Verlängerung der Verwertungsrechte auf Tonaufnahmen um 20 Jahre beschließen. Dann soll im Schnellverfahren im Europäischen Rat eine EU-Richtlinie gezimmert werden. Damit wird Wünschen der Musikindustrie aus dem Jahr 2008 entsprochen, die mit dem Wegfallen wichtiger Rechte auf legendäre Aufnahmen der Rolling Stones oder der Beatles nach 50 Jahren einen weiteren Zweig in ihrem ohnehin seit einem Jahrzehnt kränkelnden Geschäft wegbrechen sieht. Kritik ist vorprogrammiert.
Urheberrecht versus Verwertungsrecht
Schon heute ist die Komposition jedes Lieds bis 70, in den USA bis 95 Jahre nach dem Tod des Urhebers geschützt. Das Verwertungsrecht der Musikindustrie auf die entsprechenden Aufnahmen gilt "hingegen nur 50 Jahre nach erstmaliger Darbietung, Herstellung oder Veröffentlichung", erläutert Poto Wegener von Swissperform http://swissperform.ch , der Gesellschaft für Leistungsschutzrechte. Wissenschaftler kritisieren zudem die Behinderung der Verarbeitung von kommerziellen Medien in der digitalen Welt.
Wenn die Verwertungsrechte nur 50 Jahre gelten, bedeutet das, dass sich kleine Labels für eine Neuauflage alter Aufnahmen lediglich mit den Künstlern einigen müssen. Das ist durchaus lukrativ, wie ein Reissue des Beatles-Gesamtwerks auf USB vor zwei Jahren zeigt: Die 220 Euro teure, digitalisierte Neuauflage der 14 Alben in Apfelform stürmte weltweit die Charts.
Kritik an nimmersatten Musikkonzernen
Kritik an dem Vorhaben kommt von vielen Seiten: Junge Musiker etwa befürchten, dass sich die Musikindustrie weiterhin nicht um den Nachwuchs kümmern muss. Für Andreas Gotthilf von der Plattform Gemalos http://gemalos.de ist das Dilemma noch komplizierter: "Bei einem klassischen Stück von Beethoven ist der Urheber natürlich schon 70 Jahre tot. Wenn Sie aber so eine Aufnahme kommerziell verwenden wollen, stammt die von einem Künstler. Und die Plattenindustrie schneidet dann auch kräftig mit." Sie hätten dann zwei bis drei Instanzen mit unterschiedlichen Meinungen. In den kommenden Jahren ist sogar geplant, dass Kindergärten für Kinderlieder bezahlen müssen, obwohl das ein Volksgut darstellt.
Dass der Vorstoß gerade auf EU-Ebene debattiert wird, ist nicht verwunderlich: Denn eine Diskussion in den Nationalstaaten würde massive Beliebtheitseinbußen für Politiker bedeuten. Das zeigt das Beispiel Schweiz, wo im Jahr 2007 eine entsprechende Initiative versandete. Die Musikindustrie, so der einhellige Tenor unter Experten, hätte jedenfalls schon früher auf die Veränderungen des Marktes reagieren und auch den Nachwuchs besser fördern müssen.
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