pte20110610012 in Leben

Sorgen und Ängste blockieren das Kinderkriegen

Studie: Kinder in Deutschland und Österreich in argen Imagenöten


Verbot: Kinder sind Störenfriede statt Zukunftshoffnung (Foto: pixelio.de/Holmi)
Verbot: Kinder sind Störenfriede statt Zukunftshoffnung (Foto: pixelio.de/Holmi)

Hamburg (pte012/10.06.2011/11:10) Deutschland und Österreich sind in Sachen Kinderfreundlichkeit die Schlusslichter in der EU. Während 86 Prozent der Dänen und 60 Prozent der Franzosen ihr Land als "kinderfreundlich" bezeichnen, sind es in Österreich 39 Prozent und in Deutschland 21 Prozent. Das zeigt eine repräsentative Studie der Stiftung Zukunftsfragen http://stiftungfuerzukunftsfragen.de in 13 Ländern. "Kinder stören und sind nicht mehr Normalfall wie in Italien oder Skandinavien, wo sie im Mittelpunkt stehen. Eine nachhaltige Bevölkerungsentwicklung braucht dringend mehr Kinderfreundlichkeit", so Studienleiter Ulrich Reinhardt im pressetext-Interview.

Unabhängigkeit auf Kosten der Zukunft

Damit einher geht eine geringe Geburtenrate, die in Deutschland 1,34 Kinder pro Frau, in Österreich 1,4 beträgt. Die meisten Befragten begründen diese auf individueller Ebene mit dem Wunsch nach Freiheit und Unabhängigkeit. Dahinter folgen Sorgen über den finanziellen Aufwand für den Nachwuchs und der höhere Stellenwert der eigenen Berufslaufbahn gegenüber Kindern. "Auch Ängste vor Scheidung, vor einem falschen Zeitpunkt oder vor schlechten Zukunftsperspektiven des Nachwuchses spielen eine Rolle", berichtet Reinhardt.

Deutschland und Österreich sind damit tendenziell egoistischer. "Die finanziellen Argumente sind angesichts des hohen Wohlstands paradox, besonders wenn man uns mit Spanien, Griechenland oder Portugal vergleicht", so der Experte. Überrascht ist er, dass Eltern genauso wie Kinderlose antworteten. "Nur die Zukunftsangst ist bei Kinderlosen stärker. Diese gab es jedoch schon immer. Betraf sie in den 80ern die Umwelt und nach den 9/11-Anschlägen die Sicherheit, steht heute die Arbeit im Vordergrund. Da die Bevölkerung nicht steigt, besteht aber künftig keine Gefahr mangelnder Ausbildung, niedriger Löhne oder hoher Konkurrenz."

Vereinbarkeit und gegenseitige Hilfe

Um aus der Kinderlosigkeit zu entkommen, nehmen die meisten Befragten Wirtschaft und Staat in die Pflicht. Das Firmenimage spielt dabei eine zunehmende Rolle - sympathisiert doch heute bereits 64 Prozent der Bevölkerung mit Unternehmen, die auf allen Ebenen Teilzeit anbieten oder anderwärtig Vereinbarkeit von Beruf und Familie fördern. Gegenüber dem Staat wünscht man sich finanzielle Hilfen wie etwa kostenfreie Betreuung für Babys und Kleinkinder (59 Prozent), zusätzliche Steuerentlastungen, mehr Urlaubsanspruch oder vergünstigte Eintritte.

Immerhin ist der Stellenwert der Familie enorm hoch, liegt sie doch im Werteranking vor Partnerschaft, Religion und Arbeit. "Die Realität hinkt aber den Ansprüchen nach. Junge Frauen wollen ihr erstes Kind zwischen 25 und 29 Jahren, werden aber erst später Mütter. Sie wollen drei Jahre daheim bleiben, was jedoch niemand tut." Die Politik müsse auf solche Diskrepanzen reagieren, wobei Reinhardt zu hohe Erwartungen bremst. "Die Rahmenbedingungen sind mancherorts ohnehin gut und 100 Euro mehr animieren Eltern nicht zum Kinderkriegen."

Sinn von Kindern erkennen

Die Gesellschaft müsse umdenken und Kindern mehr Anerkennung geben, betont der Experte, unter anderem durch ein positiveres Medienbild. Mehr Zusammenrücken und gegenseitige Hilfe seien angesagt - ähnlich wie Familienforscher Hans Bertram die Stärkung der "kleinen Lebenskreise" fordert (siehe: http://pressetext.com/news/20110514004 ).

Eine Schlüsselfunktion habe die Wirtschaft mit der besseren Gestaltung der Arbeitszeiten oder dem Zugang der Mütter für Führungspositionen. "Gut wäre eine Diskussion darüber, ob man künftig nicht nur wie heute Frauen bei Bewerbung mit gleicher Qualifikation den Vorzug gibt, sondern den Müttern und Vätern." Da Kinder jedoch individuelle Entscheidungen sind, sollte jeder Einzelne ihre Sinnhaftigkeit reflektieren. "Kinder erfüllen viele Funktionen und geben Sinn - nicht erst im Alter", so Reinhardt.

(Ende)
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