Ärzte ohne Grenzen: Haiti weiter in Krise
Cholera-Epidemie im Griff, doch große Versorgungslücken
Wien (pte018/17.05.2011/13:58) Die großen Naturkatastrophen des Vorjahres - das Erdbeben in Haiti und die Flut in Pakistan - haben in Europa die Spendenfreudigkeit der Bevölkerung enorm steigen lassen. Ärzte ohne Grenzen (Medicals sans frontiers, MSF) verzeichnete in Österreich mit 17 Mio. Euro Privatspenden einen Rekord, berichten Vertreter der Organisation http://www.aerzte-ohne-grenzen.at anlässlich der Präsentation ihres Jahresberichts 2010. Obwohl in Haiti der bisher größte MSF-Noteinsatz stattfand, geben die die Experten noch keine Entwarnung für die humanitäre Situation des Landes.
"Die Cholera ist in Haiti nach ihrem Ausbruch im Oktober und dem Höhepunkt zu Jahresende mittlerweile im Griff, was besonders durch Flüssigkeitszufuhr und Informationskampagnen gelang", erklärt Irene Jancsy, MSF-Österreich-Sprecherin, gegenüber pressetext. 91.000 Cholera-Patienten wurden von Ärzte ohne Grenzen behandelt - was einen Anteil von zwei Drittel aller Versorgten ausmacht. "Leider zogen sich viele andere Hilfsorganisationen nach der Anfangsphase zurück. Derzeit konzentrieren wir uns auf die Versorgung bei Verletzungen und Verbrennungen sowie auf Mütter und Kinder. Das Land hat sich noch lange nicht erholt - waren die Zustände doch schon vor der Katastrophe äußerst schlecht."
Vergessenes Leid
Anlässlich ihres 40-jährigen Jubiläums machte die größte private medizinische Hilfsorganisation auch einen ernüchternden Rückblick. In manchen Einsatzgebieten blieb die humanitäre Lage seither gleichbleibend dramatisch und machte MSF-Dauereinsätze nötig. Darunter etwa Afghanistan, wo MSF mit Unterbrechungen über dreißig Jahre lang tätig war, Haiti, Sudan und die Demokratische Republik Kongo. "Inmitten bewaffneter Konflikte um politische oder militärische Interessen sind immer die Zivilisten die Leidtragenden. Sie wollen ein friedliches Leben und brauchen Gesundheitsversorgung, kommen dabei jedoch unter die Räder."
Zu den ständigen MSF-Einsatzgebieten gehören auch Gebiete mit vergessenen Krankheiten wie die Chagas in Südamerika, die Schlafkrankheit, jedoch auch HIV/Aids, Tuberkulose und Malaria. "Obwohl teilweise mehr als eine Million Menschen daran leiden, ändert sich die Situation kaum, da nur arme Länder betroffen sind und Pharmakonzerne kaum davon profitieren würden", so Jancsy. Ein weiteres brennendes Problem sei die Mangelernährung, vor allem in der Sahelzone.
Unabhängige Hilfe immer wichtiger
Vehementer denn je zuvor muss MSF heute ihre Unabhängigkeit von politischen und militärischen Kräften verteidigen, berichtet Jancsy. "Die Militärs sind immer öfter humanitär aktiv, um damit die Köpfe und Herzen der Bevölkerung zu erobern - besonders etwa in Afghanistan, Irak, Sudan oder Somalia. Die Menschen im Land können in Folge kaum auseinanderhalten, welche Hilfskräfte nun Vorfeldgruppen der Besatzungsmacht oder Militärs sind. Dadurch sind auch unabhängige Organisationen mit Skepsis und Widerstand konfrontiert." Trauriger Höhepunkt dieser Entwicklung war ein Anschlag auf fünf MSF-Mitarbeiter in Afghanistan im Juni 2004.
"Die MSF-Gegenstrategie lautet hier, sich von allen Kriegsparteien zu distanzieren, gute Arbeit zu leisten und allen Menschen bedingungslos die beste Hilfe zu geben", so Jancsy. Gerade aus Afghanistan, von wo sich MSF 2005 zurückzog, zeige dies Erfolg. Nach Gesprächen mit allen Seiten der Zivilgesellschaft kehrte die Organisation 2009 in mehrere Einsatzgebiete zurück und übernahm in der Provinz Helmand ein früher militarisiertes Krankenhaus. "Während Patienten zuvor nicht vor der Verhaftung im Krankenbett sicher waren, wurde das Spital nun zur waffenfreien Zone erklärt. Innerhalb eines Jahres stieg der Patientenzulauf um das Zehnfache."
Fotos der Veranstaltung zum Download unter http://fotodienst.at/browse.mc?album_id=3454&start=1
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