Internet macht Bombenbau zum Kinderspiel
Über 200.000 Anleitungen in deutscher Sprache
Hamburg (pte031/06.12.2006/12:17) Das Internet greift potenziellen Bombenlegern kräftig unter die Arme. Wie eine aktuelle Recherche des deutschen Radiosenders NDR Info http://www.ndr.de aufgedeckt hat, gibt es mehr als 200.000 deutschsprachige Anleitungen zum Bomenbau im World Wide Web. Häufig sind die betreffenden Seiten tief und gut geschützt im Internet vergraben und werden nur selten von herkömmlichen Suchmaschinen gelistet. Dennoch ist es für die interessierte Klientel ein Leichtes sich die gewünschten Anleitungen zu besorgen. "Meist läuft dies über Mundpropaganda. Leute, die tatsächlich in solchen Kreisen verkehren, kennen sich damit aus und wissen, wo etwas zu finden ist", sagt Kai Küstner, Redakteur beim NDR Info, gegenüber pressetext. Natürlich finden sich aber auch eine Reihe an Anleitungen in den Trefferlisten der gängigen Suchmaschinen.
Der IT-Experte Bert Weingarten von der Softwarefirma PAN AMP hat eine eigene Suchfunktion entwickelt, mit der sich die versteckten Bombenanleitungen im so genannten Deep Internet aufspüren lassen. Laut Weingarten reiche die Palette von Briefbomben bis hin zu detaillierten Anweisungen, einen Personenzug in die Luft zu jagen. Die erforderlichen Einzelteile zum Bombenbau seien meist ganz unkompliziert im Baumarkt und der Apotheke zu finden. Von den Behörden wird die Thematik bislang hauptsächlich ignoriert. "Von Weingarten wissen wir zum Beispiel, dass er sich mit aufgespürten Webseiten häufiger an die Polizei wendet, diese jedoch nicht wirklich darauf reagiert", erklärt Küstner im Gespräch mit pressetext.
Es gibt zwar in Deutschland ein Gesetz, nach dem die strafrechtliche Verfolgung von Verfassern solcher Bombenbastler-Seiten möglich wäre, die Juristen sind sich bislang allerdings uneinig über die Auslegung des betreffenden Paragrafen 130a im Strafgesetzbuch. "Wir befinden uns hier in einer Grauzone. Meines Wissens nach werden diese Dinge in anderen Ländern wie etwa Großbritannien sehr viel strenger gehandhabt", so Küstner. Zumindest stehe im deutschen Gesetzestext aber geschrieben, dass sich jene Person strafbar macht, die eine Schrift verbreitet, die geeignet ist, als Anleitung zu einer schweren Straftat zu dienen.
Ein Verbot von Bombenanleitungen im Internet würde zwar nicht grundlegend das Problem beheben, wäre aber ein erster Schritt. "Natürlich könnten Interessierte auch auf englischsprachige Seiten ausweichen, die hohe Anzahl deutschsprachiger Anleitungen spricht aber auch für sich", meint Küstner. Die deutsche Regierung sieht offenbar einige Schwierigkeiten in der Strafverfolgung. Die Masse an Webseiten erschwere es den Behörden, den Fällen nachzugehen, so ein Sprecher des Bundesministeriums gegenüber dem NDR. Und der Bund Deutscher Kriminalbeamter bemängelt seinerseits, dass es mit der derzeitigen Ausstattung der Polizei kaum möglich sei, die Internetkriminalität effektiv zu bekämpfen und fordert bessere Mittel, um derlei Problemen nachgehen zu können.
Angesichts immer wieder aufgefundener selbst gebastelter Bomben, wie zuletzt am Dienstag im niederösterreichischen Leopoldsdorf, dürfte die Problematik künftig noch an Brisanz gewinnen. Bislang ist noch ungeklärt, woher die Rohrbombe, die von einem Fußgänger auf der Straße entdeckt worden war, stammte. Nach Angaben der Polizei handle es sich aber um einen sehr professionell gebauten Sprengkörper mit Fernzündung, der zumindest nicht als jugendliche Bastelei abgetan werden könnte. Auch über das Motiv und das potenzielle Anschlagsziel wird noch spekuliert. Die Bombe hätte jedenfalls dazu ausgereicht, ein vorbeifahrendes Auto zu sprengen.
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