pte20200218024 Medizin/Wellness, Forschung/Entwicklung

Biokleber flickt Herzmuskel wieder zusammen

Empa-Wissenschaftler machen sich Haftfähigkeit von Meeresmuscheln für den Menschen zunutze


Herz: neuer Biokleber für den Herzmuskel (Bild: OpenClipart-Vectors, pixabay.de)
Herz: neuer Biokleber für den Herzmuskel (Bild: OpenClipart-Vectors, pixabay.de)

St. Gallen/Dübendorf (pte024/18.02.2020/12:30) Einen von der Natur inspirierten Gewebekleber, der Defekte im Muskelgewebe wieder perfekt zusammenfügen kann, haben Forscher der Empa - Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt http://empa.ch entwickelt. Das könnte Patienten mit einem geschädigten Herzmuskel zugute kommen. Die Experten haben sich dazu die phänomenale Haftfähigkeit von Meeresmuscheln zunutze gemacht.

Muschelseide als Grundlage

"Eigentlich bietet sich Kollagen als Grundlage eines Wundklebers an, ein Eiweiß, das auch im menschlichen Bindegewebe und in Sehnen vorkommt", sagt Forschungsleiter Claudio Toncelli. Gelatine bestehe aus Kollagen in einer vernetzten Struktur, die für einen Gewebekleber sehr attraktiv wäre. "Die Struktur von Gelatine kommt einigen natürlichen Eigenschaften des menschlichen Bindegewebes bereits recht nahe", so der Forscher.

Allerdings sei das Hydrokolloid bei Körpertemperatur nicht stabil, sondern verflüssige sich. Um also ein adhäsives Material zu entwickeln, das Wunden an inneren Organen fest zusammenhalten kann, mussten die Forscher einen Weg finden, der Gelatine zusätzliche Eigenschaften einzuverleiben. "Der muskulöse Fuß von Muscheln produziert kräftige Haltefäden, mit denen sich die Muschel im Wasser an allen möglichen Oberflächen anhaften kann", erklärt Toncelli. In dieser Muschelseide würden mehrere darin enthaltene Eiweiße perfekt zusammenspielen.

Kleber hält Blutdruck stand

Inspiriert von der Lösung der Natur, mit wogenden Kräften unter Wasser umzugehen, statteten die Wissenschaftler Gelatine-Biopolymere mit funktionellen chemischen Einheiten aus, die jenen der Muschelseide-Eiweiße mfp-3 und mfp-6 gleichen. Sobald das Gelatine-Muschelseide-Gel mit Gewebe in Kontakt kommt, vernetzen sich die Strukturproteine miteinander und sorgen für eine stabile Verbindung der Wundflächen.

Wie gut das neuartige Hydrogel tatsächlich klebt, wurde bereits in Laborexperimenten untersucht, mit denen sich technische Standards zur sogenannten Berstfestigkeit nachweisen lassen. "Der Gewebekleber hält einem Druck, der dem menschlichen Blutdruck entspricht, stand", erläutert Toncelli Kollege Kongchang Wei. Ebenso konnten die Wissenschaftler die gute Gewebeverträglichkeit des neuen Klebers in Zellkultur-Experimenten bestätigen. Nun arbeiten sie daran, die klinische Anwendung des "Muschelklebers" voranzutreiben.

(Ende)
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